Placidus Brunschwiler (1589/90 Sirnach–1672 Fischingen), von Sirnach, war der Sohn des Bauern Johannes und der Barbara Stanger. In jungen Jahren trat er in das Kloster Fischingen ein und war dort von 1616–1672 Abt. In seiner Regierungszeit festigte sich die innere Reform, indem er die Ämterstruktur änderte (Mönche anstelle von Weltlichen), Ausbildung und Wissenschaft förderte sowie Chorgebet und Liturgie vermehrt pflegte. Die Zahl der Mönche stieg unter ihm von acht auf sechsundzwanzig. Abt Brunschwiler, Verfasser eines Wappen- und Tagebuches, stärkte zudem das religiöse Leben durch die Gründung von Bruderschaften. Er sicherte die materielle Grundlage des Klosters durch gute Verwaltung und Bewirtschaftung der Güter sowie durch geschickte Neuerwerbungen wie zum Bespiel der Herrschaft Spiegelberg bei Lommis im Jahre 1629. Von der unter ihm in Gang gekommenen regen Bautätigkeit zeugen die Kirchenrenovationen in den Klosterpfarreien, die Vergrösserung der Iddakapelle von 1625, der Bau des Schlosses Bettwiesen (Sommerresidenz des Abtes) von 1627, die Neubauten von Abts-, Gäste- und Krankenhaus im Jahr 1635 sowie der Bau der Pilgerkapelle St. Margarethen von 1640–1642 (HLS 2/2003, S. 762; Brauchli 2003, S. 184–186; Meyer, 1986, S. 702; Sirnach 1979-; Meyer 1976, S. 122f.).
Eine 1616 von Placidus Brunschwiler in den Kreuzgang des Zisterzienserinnenklosters Tänikon gestiftete Scheibe befindet sich heute im Musée Ariana in Genf. Zudem liess dieser vom Zuger Glasmaler Christoph Brandenberg 1623 eine heute verschollene Bildscheibe mit der Kreuzigung für den Kreuzgang des Zisterzienserklosters Wettingen ausführen (Hoegger 2002, S. 342f., Abb. 153). Des weiteren besitzt das Historische Museum des Kantons Thurgau in Frauenfeld von Brunschwiler eine in den 1640er Jahren von Hans Ulrich Jegli geschaffene Wappenscheibe (TG_224) und einen von ihm 1624 bei dessen Vater Hans Jegli in Auftrag gegebenen Scheibenentwurf (TG_1677). Ein im gleichen Jahr wie die vorliegende Scheibe gestiftetes Werk befindet sich im Greys Court (Henley-on-Thames, Foto Vitrocentre Romont).
Das vorliegende Glasgemälde befand sich bis 1891 in der Sammlung Vincent in Konstanz, und zwar zusammen mit sechs weiteren Scheiben von 1626, die ähnlich wie Niklaus Bluntschlis berühmter, umfangreicher Zyklus von 1558/59 für den Kreuzgang des Frauenklosters Tänikon eine Folge zum Leben Christi bildeten. Dazu zählten die Glasgemälde des in Tänikon als Beichtiger wirkenden Wettinger Konventualen Rudolf Guggenbühl (Marienkrönung), der Schwestern Margaretha und Maria Ursel von Bayern (Himmelfahrt Mariens) sowie diejenigen der Äbte Bernhard Müller von St. Gallen (Begrüssung Joachims und Annas), Ulrich V. Amstein von St. Urban (Anbetung der Könige), Jakob I. Denkinger von Kreuzlingen (Zacharias küsst den Christusknaben) sowie des Priors von Ittingen Bruno Müller (Himmelfahrt Christi). Zum Zyklus gehörte überdies die Scheibe des Tänikoner Beichtigers Laurenz Auricularius. Mit Ausnahme der Stiftung von Auricularius kamen die genannten Scheiben in die Sammlung Vincent (Kat. Vincent 1891, S. 37f.; Boesch 1943, S. 65f.; Bergmann 2004).
Laut der Chronik des Klosters Tänikon verehrten Rudolf Guggenbühl, die Schwestern Ursel sowie Laurenz Auricularius ihre Scheiben 1626 in das dortige, damals unter der Äbtissin Magdalena Hoppler umgebaute Refektorium (Refenthal). Demnach muss die ganze Scheibenfolge für das Refektorium von Tänikon bestimmt gewesen sein. Die davon bildlich dokumentierten Werke, diejenigen Guggenbühls (Boesch 1943, Abb. 14), Brunschweilers und Müllers, werden von der Forschung mit guten Gründen dem Zuger Glasmaler Paul Müller zugewiesen. Dies legt der Vergleich mit der stilistisch verwandten Bildscheibe nahe, die Paul Müller zusammen mit dem Ulmer Maler Georg Rieder 1626 in den Kreuzgang des Klosters Wettingen verehrte und sicherlich von ihm selbst geschaffen wurde (Hoegger 2002, S. 304–306, Farbabb. S. 114).
Die Figur Christi und der neben ihr die Grabplatte haltende Engel sind auf Brunschwilers Stiftung von 1626 in analoger Form gestaltet wie auf der 1640 von Jakob Lagger in Auftrag gegebenen Bildscheibe, die sich im Historischen Museum Thurgau befindet und ebenfalls dem Zuger Glasmaler Paul Müller zugeschrieben wird (TG_1867).
Die Scheibe wird genannt in:
Rahn, 1890, Nr. 293.
Heberle, 1891, Nr. 271.
Ackermann, 1932, S. 14, 99.
Wyss, 1940a, S. 10 (Paul Müller).
Wyss, 1940b, S. 7 (Paul Müller).
Boesch, 1943, S. 66, Nr. 14.
Hartmann, 1953, S. 25, Nr. 36.
Knoepfli, 1955, S. 216, Nr. 2.
Sirnach, 1979-, Ordner 2, T 19–T 36, Abb. T. 30.
Barockes Fischingen, 1991, S. 274.
Zehnder, 1992, S. 121.
Schildknecht, 1993, S. 54f.
Bergmann, 2004, S. 101.