Nom

Reformierte Kirche

Adresse
Jurastrasse 32
4912 Aarwangen
Hiérarchie géographique
Coordonnées (WGS 84)
Auteur·e et date de la notice
Uta Bergmann 2015
Informations sur le bâtiment / l'institution

Aarwangen gehörte seit 1432 zur gleichnamigen bernischen Vogtei (Amt). 1577 wurde der Kirchenneubau unter Baumeister Antoni Stab aus Zofingen in Angriff genommen. Dieser Neubau ersetzte die alte, an anderer Stelle befindliche Kapelle. Bis dahin gehörte die Gemeinde Aarwangen kirchlich zu Wynau, d.h. erst 1577 konnte sie sich aus dieser Abhängigkeit lösen. Der Bau wurde durch den Berner Rat finanziell mit 500 Pfund unterstützt. Dem Baubericht von 1577 zufolge (publiziert bei Güder 1916, S. 226, vgl. auch Moser 1977, S. 55f.) gehörten der Baukommission folgende Personen an: "Herr Nicolaus von Grafenried, Seckelmeister und des Rahts zu Bärn. Herr N. Megger, Bauherr und des Rahts. Herr Anthony von Graffenried, derzeit Vogt zu Aarwangen. Junker Hans Wilhelm von Mülinen, Vogt zu Bipp. Herr Anthony Wyss, Vogt zu Wangen...". Unter diesen sind Niklaus von Graffenried, Hans Wilhelm von Mülinen und Anton Wyss auch als Stifter von Scheiben in die Kirche Aarwangen nachgewiesen. Die Stiftungen der anderen Baukommissionsmitglieder sind möglicherweise verloren gegangen. Denn es ist kaum anzunehmen, dass der damalige Landvogt (1570–1577) und stellvertretende Bauherr Anton von Graffenried, der 1577 in Aarwangen eine Gedenktafel anbringen liess und der Kirche damals einen Abendmahlsbecher schenkte, während seine Frau Maria ein Abendmahlstischtuch vergab (Moser 1977, S. 40, 67), keine Scheibe gestiftet hätte. Der Berner Rat wie einzelne weitere Ratsmitglieder gehörten gleichfalls zu den Schenkern von Fenster und Wappen, ebenso wie die ehemaligen und amtierenden Vögte von Aarwangen Rudolf von Hagenberg und Anton Wyss. Auch in den folgenden Jahren stifteten nahezu alle Vögte, die das Amt Aarwangen verwalteten, ihr Wappen in die Pfarrkirche. Von fünf Vögten zwischen 1671–1701) fehlen allerdings Scheiben. Die letzte Stiftung des Landvogts Hans Rudolf Wurstemberger datiert von 1716. Ein Jahr später, 1717, fand die erste grössere Renovation der Kirche statt (Güder 1916, S. 230): die Kanzel wurde von der Nordseite des Triumphbogens an die Südseite gesetzt. Auch der Taufstein fand einen neuen Platz im Chor. 1815 liess die Gemeinde eine Empore errichten, die die beiden westlichen Fenster zur Hälfte verdeckte. Möglicherweise wurde dabei ein Teil der farbigen Scheiben versetzt oder entfernt? 1829 erhielt der Turm einen neuen Helm und eine mechanische Turmuhr.
Schon 1874 bemühte sich der Antiquar Alphons Meyer von Olten, der Kirchgemeinde die Glasgemälde abzukaufen. 1889 verlangte die Berner Regierung in einem Vertragsentwurf zu den Besitzverhältnissen des Chores, die Gemeinde solle die farbigen Wappenscheiben an den Staat abtreten. Beide Male scheiterten die Versuche am Widerstand der Kirchgemeinde. 1891/92 stritt man immer noch um 13 farbige Felder im Chor der Kirche, die ins Historische Museum zu geben seien. Man einigte sich schliesslich, dass der Staat die Glasmalereien des Chores restaurieren sollte, die Kirchgemeinde dafür zwei Felder, die May- und die von Werdt-Scheibe an das Museum abzutreten habe. Der Berner Glasmaler Gustav R. Giesbrecht wurde 1894 mit der Restaurierung der 13 Chorfensterscheiben und den Kopien der beiden ins Museum überführten Glasgemälde betraut. Wahrscheinlich arbeitete er auch an den übrigen Wappenscheiben. Die Renovation der Kirche zog sich bis 1903 hin. Die letzte Gesamtrestauration von 1966/67 brachte eine völlig neue Anordnung der alten Glasgemälde mit sich, während zwei neue Scheiben von 1892 aus dem Atelier Greiner, Stiftungen der Witwe Elise Kummer-Egger, gänzlich entfernt wurden.
Von Mülinen 1890 und Thormann/von Mülinen 1892 zählen insgesamt 23 Glasgemälde in der Kirche auf: Unter diesen fehlen heute allein zwei Scheiben, die Scheiben des Schaffners Farschon 1582 und Daniel Bickards, ebenfalls 1582. Über ihren Verbleib ist nichts weiter bekannt. Da die beiden Scheiben auch in einer um 1892 oder später erstellten Liste des Pfarrers Emil Güder im Archiv der Kirchgemeinde fehlen, vermutete Brigitte Kurmann Schwarz (Untersuchungsbericht 2001), von Mülinen habe sie vielleicht irrtümlich unter Aarwangen aufgelistet.

Bibliographie

Egbert Friedrich von Mülinen, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Fünftes Heft. Der Oberaargau, Bern 1890.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern 1896.

Emil Güder, Die Kirche von Aarwangen, in: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde 12/1916.

Ernst Moser, Die Kirche Aarwangen 1577–1977. Gedenkschrift zu ihrem 400-jährigen Bestehen, Aarwangen 1977.

Brigitte Kurmann-Schwarz, Stefan Trümpler und Rolf Hasler, Die Glasmalereien in der Kirche von Aarwangen. Kunstwissenschaftliche und technologische Untersuchung anlässlich der Restaurierung von 2001, Manuskript, Vitrocentre Romont 2001.

Zita Caviezel, Georges Herzog, Jürg A. Keller u. Ursula Maurer (2006). Aarwangen, in: Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Solothurn. Kunstführer durch die Schweiz. Bern: Ges. für Schweizerische Kunstgeschichte, S. 624–625.