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Johann Ludwig von Erlach dürfte seine undatierte Rundscheibe etliche Jahre vor seinem Tod, das heisst wohl um 1630/40 in Auftrag gegeben haben. Diese stammt mit anderen Worten ungefähr aus der gleichen Zeit wie diejenige Konrad Bankhauws. Um 1630/40 sind allerdings keine Erneuerungsarbeiten an der Kirche von Oberwichtrach bezeugt. Ebenso wenig hat man Kenntnis von irgendwelchen Beziehungen von Erlachs zu Wichtrach. Es stellt sich deshalb die Frage, ob dieser seine Wappengabe überhaupt dorthin verehrte und, wenn doch, was ihn dazu veranlasst haben könnte. Sollte seine Wappengabe für Oberwichtrach bestimmt gewesen sein, dann wäre sie 1745 vom Vorgängerbau in die heutige Kirche übernommen worden.
Mit ihrem Landschaftshintergrund erinnert die Scheibe Johann Ludwig von Erlachs an verschiedene im Laufe der 1630er Jahre in der Berner Werkstatt Abraham Sybolds ausgeführte Glasgemälde wie zum Beispiel an dasjenige Hans Rudolf Steigers im Bernischen Historischen Museum von 1634 (BHM Bern, Inv. 421). Weil sie sich stilistisch gut in diese Werkgruppe einfügen lässt, darf man davon ausgehen, dass auch sie bei Abraham Sybold in Auftrag gegeben wurde (vgl. dazu die Steiger-Scheibe im BHM).
Johann Ludwig von Erlach (1.11.1595–25.1.1650) war ein bedeutender Feldherr. Er verbrachte seine Jugendzeit als Page am Fürstlich Anhaltischen Hof. Danach war er zwischen 1618 und 1625 als Offizier in anhaltischen, braunschweigischen und schwedischen Diensten im Dreissigjährigen Krieg aktiv. Nach Bern zurückgekehrt, wurde er hier 1627 zu Burgern angenommen und heiratete Margaretha von Erlach (13.3.1611–1655), seine Nichte. Als Enkelin der Jakobea von Erlach, einer geborenen von Mülinen, brachte ihm diese die Herrschaft Kasteln (AG) in die Ehe ein, wo er ab 1642 das Schloss neu erbauen liess. Mit seiner Frau hatte er fünf Kinder. Seit 1629 Kleinrat, wurde Johann Ludwig von Erlach Kommandant des bernischen Grenzschutzes sowie Oberst und Generalleutnant des Schultheissen Franz Ludwig von Erlach. 1638 trat er als Generalmajor in den Dienst des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar, um schliesslich Gouverneur von Breisach und General en chef in Frankreich sowie Staatsrat von König Ludwig XIII. zu werden. Von Breisach aus hatte Johann Ludwig von Erlach bedeutenden Einfluss auf die Feldzüge am Rhein und in Süddeutschland. 1646 vermittelte er die Mission des eidgenössischen Gesandten Rudolf von Wettstein nach Münster und Osnabrück (HBLS 3/1926, S. 60; von Erlach 1989, S. 244–286; HLS 4/2005, S. 256).
Von Johann Ludwig von Erlach gibt es eine Wappenscheibe von 1634 im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 57021) sowie eine undatierte in der Kirche Wichtrach (Oberwichtrach). Je zwei 1676 entstandene Doppelscheiben zu dessen Gedenken befinden sich in der Kirche von Schinznach Dorf (Hasler 2002, S. 250–252, Farbabb. S. 82) und im Schlossmuseum Spiez (Inv. 0424.1/2).
Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen sahen die Scheibe zusammen mit fünf weiteren 1896 im "Fenster zur Linken" im Chor, also wohl im Fenster n II.
Datation
um 1630/40
Période
1625 – 1650
Commanditaire / Donateur·trice
Erlach, Johann Ludwig von (1595–1650) · Erlach, Margaretha von (1611–1655)
Lieu de production