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Das vorliegende Architekturfragment stammt aus der Kirche Utzenstorf, wo mit Ausnahme der zwei Scheiben von St. Urban die Scheibenpaare von Bern, Solothurn sowie die Von-Diesbach- und Barbara-Scheibe ursprünglich prachtvolle ornamentale Aufsätze besassen. Nach Rahn (1883) wurden die Architekturbekrönungen dieser drei Scheibenpaare bei der Restaurierung unter der Leitung des Staatsbaumeisters Salvisberg durch Johann Jakob Röttinger 1874 entfernt und mehrheitlich nach Friedrichshafen verkauft (vgl. Müller 1879; bei Lehmann 1915 das Datum fälschlicherweise mit 1876 angegeben). Zwei davon gelangten über die Sammlung Friedrich Bürkis, zwei über das Kunstmuseum Bern an das Bernische Historische Museum (BHM Bern, Inv. 1010a/b, 1897, 1898). Ein fünftes Fragment (Lehmann: das "schlechteste") kam über die Auktion Vincent in Konstanz 1891 ans Schweizerische Nationalmuseum in Zürich (Inv. IN 67/1; Schneider 1971, Bd. I, Kat.-Nr. 167) und das sechste ist bis heute verschollen. 1988/89 wurden in der Kirche Utzenstorf Kopien dieser originalen Bekrönungen über den Scheiben eingesetzt.
Diese Architekturbekrönungen vereinen spätgotische Formen, zum Beispiel Fialen mit Renaissancemotiven wie der Muschel oder der Volute, und verbinden sie mit dem schon bei Hans Funk in den 1520er Jahren beliebten dichten Blattwerk. Lehmann zog zum Vergleich Rahmungen von Scheiben in den Kirchen von Sumiswald und Worb heran (Lehmann 1915, S. 157–159: mit einer ausführlichen Herleitung dieser Bekrönungen). Anregungen dürfte der Glasmaler durch die weit verbreiteten Ornamentvorlagen erfahren haben (Muschelformen begegnen auch in der Architektur der Standesscheibe Freiburgs für das Rathaus in Lausanne von Hans Funk aus dem Jahr 1525, vgl. Grandjean 1965, Fig. 322). Frappanter und revolutionärer ist jedoch, dass in Utzenstorf der abschliessende Architekturbogen aus der Rechteckscheibe herausgelöst und dem Glasgemälde aufgesetzt war. Diese Lösung blieb – soweit bekannt – einzigartig in Bern.
Von diesem Stück existiert eine Pause Johann Heinrich Müllers in dessen Nachlass, der sich als Depositum des Bernischen Historischen Museums im Vitrocentre Romont befindet (BHM Bern, Inv. 55871). Darauf notierte Müller: "4 Stücke fehlen, 2 ganze 2 Bruchstücke".
Datation
1522
Localisation d'origine
Lieu de production
Propriétaire
Seit 1894 Bernisches Historisches Museum Bern (Besitz des Staates)
Propriétaire précédent·e
Bis 1894 Kunstmuseum Bern
Numéro d'inventaire
BHM 1897