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Johann Friedrich Willading (1641–1718), Sohn des Christian (1611–1694) und der Dorothea Tscharner, war ab 1673 Berner Grossrat, 1674–1677 Grossweibel, 1677–1683 Landvogt von Aarwangen, ab 1694 Kleinrat, 1694–1698 Salzdirektor, 1698–1702, 1706–1708 Venner zu Metzgern sowie 1708–1718 Berner Schultheiss. Er war dreimal verheiratet, in erster Ehe seit 1665 mit Margaretha Tribolet, der Tochter Jakobs, in zweiter seit 1672 mit Anna Stürler, der Tochter des Vinzenz, und in dritter seit 1684 mit Johanna Katharina Effinger, der Tochter Hans Thürings. In der Berner Regierung führte er die antifranzösische Partei an. Als Gesandter weilte er mehrmals an den Tagsatzungen und vertrat Bern im neuenburgischen Erbfolgestreit, beim Abschluss mit dem Bündnis Venedigs (1706) und im Toggenburger Streit (1706–1718). Willading bemühte sich auch um die Aufnahme hugenottischer Flüchtlinge. 1700 kaufte er die Herrschaft Urtenen und Mattstetten. Zudem war er Besitzer des Landguts Wilhof (Hofwil). 1710 erhielt er von Kaiser Josef I. eine Adelsbestätigung. Von Johann Friedrich Willading sind mehrere Porträts erhalten (HLS 13/2014, S. 483f., Abb. Porträt; HBLS 7/1934, S. 542, Abb. Porträt).
Willadings Wappen findet sich auch auf der Berner Standes- und Spitalscheibe von 1711 in der Kirche von Oberwil bei Büren. Ein weiteres Glasgemälde Willadings aus dem Jahre 1708 befindet sich im Castello Sforzesco zu Mailand (Staehelin 1930, S. 163f.).
Die vorliegende Scheibe stammt aus der Kirche von Melchnau und gelangte 1914 ins Bernische Historische Museum (Wegeli 1914, S. 17f.). Anstelle des Originals schuf der Glasmaler Hans Drenckhahn damals eine exakte Kopie, die sich noch heute in der Kirche befindet.
Johann Friedrich Willading stiftete die Scheibe laut Inschrift im Jahr 1710. Die Signatur Abraham Leupolds (* 1700) am unteren Rand der Scheibe belegt jedoch ausführlich, dass die ursprüngliche Stiftung 1736 neu geschaffen wurde. Der Aarauer Maler, Glaser und Glasmaler (HBLS) "veränderte" bzw. erneuerte die 1710 vom Berner Schultheissen gestiftete Scheibe im Auftrag des damaligen Aarwangener Landvogts Franz Ludwig Schöni (1673–1751), der dieses Vogtsamt von 1731–1736 bekleidete. Es ist anzunehmen, dass sie infolge eines Unwetters zerstört worden war. Laut der Amtsrechnung Aarwangens von 1736 erfolgte damals an den Aarauer Glasmaler Leupold eine entsprechende Zahlung: "dem Glasmaler Lüpold zu Aarauw für einen extra grossen fänsterschilt aus der Kirchen zu Melchnau zu nemen und einen anderen an dessen Platz zu machen 66 lb. 12 sch. 4d." (Heinz Matile, in: Kartei Ortskatalog Glasgemälde, BHM Bern; Dr. Marti-Wehren, Auszüge aus den Berner Amtsrechnungen, Staatsarchiv Bern [Kopien im Vitrocentre Romont]). Diese Quelle legt deutlich dar, dass Leupold die in ihrer feinen technischen Ausführung bemerkenswerte Scheibe Willadings gesamthaft erneuerte. Es ist anzunehmen, dass er sich dabei eng an das zerstörte Original anlehnte. Der ursprüngliche Glasmaler der Scheibe von 1710 bleibt ungenannt. Doch gesellte sich diese Scheibe sicher zu den Scheibenstiftungen des Schwiegersohnes Willadings, des damaligen Landvogts von Aarwangen, sowie Berns, die ebenfalls 1710 in die Kirche Melchnau getätigt wurden. Die drei Scheiben sind einander kompositorisch, vor allem in der Form der Kronen und der Verbindung von farbigen Wappen und Grisaillearchitekturen mit Waffentrophäen, sehr ähnlich. Da die Scheibe Berns vom Surseer Glasmaler Hans Jakob Bucher signiert ist, sind auch die Glasgemälde Hieronymus von Erlachs und die ursprüngliche Stiftung Willadings diesem Meister zuzuschreiben. Die "Zeichnung", also den Entwurf zur Erlach-Scheibe lieferte laut Inschrift ein bislang nicht weiter bekannter Salomon Gessner, Namensvetter des späteren Idyllenmalers und -dichters aus Zürich. Er dürfte wohl auch den Riss zur Scheibe Willadings geliefert haben (Wegeli 1914).
Datation
1736
Localisation d'origine
Lieu de production
Propriétaire
Seit 1914 Bernisches Historisches Museum
Propriétaire précédent·e
Bis 1914 Chor in der Kirche Melchnau
Numéro d'inventaire
BHM 8092