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Das Glasgemälde stammt aus dem Nachlass des Freiburger Ateliers Kirsch & Fleckner. Mit diesem arbeitete ab 1903/1904 der junge Jean-Edouard de Castella (1881 Lilydale, Australien – 1966 Freiburg i. Ü) als Subunternehmer zusammen.
1904 führte das Atelier Kirsch & Fleckner den ersten Auftrag für Glasgemälde des bisher als Maler tätigen Castella für die Kirche Heitenried aus (drei grosse Chorfenster und insgesamt 16 kleinere Scheiben im Langschiff). Ebenso realisierten Kirsch & Fleckner von 1912 bis 1920 die acht Fenster der Wallfahrtskirche Notre Dame von Bourguillon. Die Glasgemälde beider Kirchen sind im Jugendstil gehalten – und entsprechen damit überhaupt nicht der Darstellungsweise, für die Castella noch heute bekannt ist: Hauptsächlich seit den 1930er Jahren charakterisieren eine flächige Gestaltung, stilisierte Figuren und bisweilen ein expressiver Ausdruck seine Werke.
Die Stilistik der Jugendstil-Fenster der beiden erwähnten Kirchen, insbesondere diejenige von Heitenried, weist eine auffallende Ähnlichkeit zum hier ausgestellten Glasgemälde auf: die in Wellenlinien geführten Bleiruten, die in Heitenried für die Gestaltung des Himmels der seitlichen Chorfenster dienen und auch in einem der kleinen Langschiff-Scheiben zu finden sind, sorgen im Glasgemälde mit den Schwänen für den Effekt des bewegten Wassers – hier jedoch wesentlich stärker onduliert, um dem Element gerecht zu werden. Die Fenster in Heitenried sind nicht signiert und bilden damit eine grosse Ausnahme im Werk des Künstlers und zugleich eine Gemeinsamkeit mit dem Schwanen-Glasgemälde.
Die Fenster in Bourguillon weisen hingegen einen deutlichen Einfluss von Józef Mehoffer (1869 Ropczyce, Polen – 1946 Wadowice, Polen) auf, dessen berühmte Glasgemälde in der Kathedrale von Freiburg ebenfalls von Kirsch & Fleckner (1895 – 1936) ausgeführt wurden.
Zwischen 1906 und 1910 hält sich Castella wieder in Australien auf, was den Entstehungszeitraum auf entweder zwischen 1904 bis 1906 oder nach 1910 eingrenzt. Aufgrund des charakteristischen Jugendstil-Aussehens ist die frühere Datierung vorzuziehen. An einigen Stellen sind Doublierungen vorhanden: Die zwei hintereinander gelegten Scheiben sind gut auf der Rückseite durch das Hervorspringen aus der Fläche zu erkennen und werden für besondere Farbeffekte oder eine Abdunkelung eingesetzt. Die Wellenlinien des Wassers wurden in das Gusswalzglas durch die Form der Walzen «eingedrückt». Besonders erwähnenswert sind die Opaleszentgläser; diese verleihen den einzelnen Glasscheiben einen charakteristischen Farbschimmer und faszinierende Farbübergänge.
Gestützt wird die Zuschreibung an Castella durch eine Bemerkung seiner Nichte, Charlotte de Wolff (1919 – 2001), in einem Briefwechsel von 1990 an Pierre Fasel, dem damaligen Konservator des Vitromusée Romont (damals noch Musée du Vitrail). Sie schreibt, dass Castellas Witwe, Lucie de Castella (geb. Marie Lucie Stéphanie Chollet; 1901 – 1999), das Glasgemälde als ein Werk ihres Mannes identifiziert hätte. Charlotte de Wolff bezweifelte allerdings, dass Castella tatsächlich der Urheber dieses Glasgemäldes sein könnte und verwies auf eine mögliche Verbindung zu einem Glasgemälde mit ebenfalls zwei Schwänen von Albert Besnard im Musée d’Orsay. Diese Annahme hat sich inzwischen als falsch herausgestellt, unter anderem wegen des völlig unterschiedlichen Stils der beiden Schwanen-Scheiben.
Der Schwan war eines der häufigsten Motive des Jugendstils. Seine Eleganz und die Anmut seines geschwungenen Halses entsprachen dem modischen Empfinden dieser Zeit.
Datation
um 1905
Période
1904 – 1906
Date d'entrée
1995
Lieu de production
Propriétaire
Numéro d'inventaire
VMR 312