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Das Konzept zu diesem Werk haben die Fotografin Linda McCartney (1941–1998) und der Künstler Brian Clarke (geb. 1953) gemeinsam erarbeitet. Zwischen 1994 und 1998 entstanden mehrere Serien bestehend aus Glaskunstwerken, die traditionell mundgeblasenes Glas und Schwarz-Weiss-Fotografie mit einem von ihnen entwickelten Siebdruckverfahren kombinieren.
Das Ziel war es, die seit mehr als 100 Jahren ruhende Technik der (positiven) Fotografie auf Glasscheiben als Trägermaterial wiederzubeleben. Glas wurde zu diesem Zweck bereits ab ungefähr 1850 für Fotoemulsionen genutzt; zunächst in Form der Kollodium-Nassplatte, später und ab ungefähr den 1870er Jahren als Gelatine-Trockenplatten. 1860 wurde gar ein Verfahren patentiert, mit dem fotografische Bilder auf beschichtetes Glas übertragen und eingebrannt werden konnten.
Die so entstandenen Bilder auf Glas zeigten den positiven Abzug – also nicht etwa ein Negativ – und fanden in den Jahrzehnten von der Jahrhundertwende sehr häufig Verwendung, indem sie in dekorative Rahmen eingesetzt wurden.
Trotz der faszinierenden Technik war die Handhabung der relativ teuren Fotoplatten aus Glas nicht einfach: Ihr Gewicht war hinderlich und ihre Lagerung aufwändig. Die ab Ende der 1880er Jahren produzierten Zelluloidfilme, die den Transport erleichterten und sich rollen liessen, ermöglichten dann die Entwicklung des bewegten Films und lösten immer mehr Glasplatten als Bildträger in der Fotografie ab.
Die Umwandlung eines Negativs in einen positiven Abzug geschieht durch Licht, das auf das positive Material durchscheint – insofern spielt der Faktor Licht bei der Herstellung einer Fotografie genauso wie bei der Gattung des Glasgemäldes eine wesentliche Rolle (Trümpler 1997).
Brian Clarke und Linda McCartney haben diese beiden Kunstrichtungen auf eine besondere Art kombiniert: Eine schwarz-weisse Fotografie von Linda McCartney soll mittels Siebdruckverfahren auf eine Glasplatte übertragen werden. Anstelle von Druckfarben, wie üblicherweise beim Siebdruck, wird für die Farbe gemahlenes Glas verwendet, das mit Eisenoxid vermischt und dann in einem Ofen bei 1200 °C gebrannt wird. Bei dieser hohen Temperatur schmilzt die Oberfläche des Glasbildträgers sowie das sich auf der Oberfläche befindliche gemahlene Glas und die beiden verflüssigten Schichten verbinden sich dauerhaft miteinander. Schliesslich werden Schmelzfarben sowie Sandstrahleffekte eingesetzt.
Ausgeführt wurde das Werk von der Mayer’sche Hofkunstanstalt in München.
Die einzelnen Schritte dieses Vorgehens sind nicht neu – jedoch ist es die Art der Fusion, mit der Fotografie und Glaskunst zusammengebracht werden.
Der britische Künstler Brian Clarke, der hauptsächlich auf den Gebieten Mosaik- und Glasgemäldekunst tätig ist, hat bereits bei einem seiner ersten Aufträge für Fenster Druckverfahren auf Glas erprobt (1974 für die Preston Parish Church in Lancashire). Doch dieser Weg endete vorerst hier und wurde erst rund zwei Jahrzehnte später wieder fortgesetzt für die Kooperation mit Linda McCartney.
«Paul & Linda» ist Teil des gemeinsamen Projektes «Collaborations» von McCartney und Clarke. Innerhalb dieser entstanden mehrere Serien; die erste 1995, die die beiden befreundeten Künstler als Geschenk an das Krebszentrum des Hammersmith Hospital in London übergaben.
Jede dieser Serien enthält eine bestimmte Anzahl solcher Fotografien auf Glas. Die einzelnen Werke zeigen beispielsweise Personen, Stadtansichten, Natur- oder Tieraufnahmen. Sie sind von McCartney und Clarke als autonome Kunstwerke entwickelt und nehmen damit einen wichtigen Aspekt der ursprünglichen Bestimmung der fotografischen Glasplatten des 19. Jahrhunderts auf.
Die «Collaborations» mündeten 1997 in der gleichnamigen Ausstellung am Vitromusée Romont und einem vom Vitromusée herausgegeben Buch (Trümpler 1997). Zwei Jahre später und nach dem Tod von Linda McCartney wurde die Ausstellung im Deutschen Glasmalerei-Museum in Linnich präsentiert. Ebenfalls 1999 wurde die letzte gemeinsame Serie der «Collaborations» fertiggestellt, blieb aber bisher unveröffentlicht.
Linda McCartney und Brian Clarke kannten sich seit Ende der 1970er Jahre und haben während insgesamt mehr als 20 Jahren für verschiedene Projekte zusammen gearbeitet, darunter für die Covergestaltung von Paul McCartneys Alben «Tug of War» (1982) und «Flowers in the Dirt» (1989), die Bühnenbilder der New World Tour 1992/1993 und für das Buch «Linda McCartney's Sixties: Portrait of an Era» (1992).
Datation
1997
Date d'entrée
1997
Donateur·trice / Vendeur·euse
Brian Clarke; offert suite à l’expo “Brian Clarke, Linda McCartney, Collaborations”
Lieu de production
Propriétaire
Numéro d'inventaire
VMR 393