Graf Rudolf V. zu Sulz (1478–1535), der Sohn Alwigs X. und der Verena von Brandis, war Landgraf im Klettgau, Graf von Vaduz, Schellenberg und Blumenegg, Reichserbhofrichter zu Rottweil, Kaiserlicher Rat, Statthalter der Vorlande und Landvogt im Elsass. 1498 ehelichte er Margarete von Sonnenberg-Waldburg (1483–1546). Sich ganz in den Dienst des Reiches stellend, machte er sich im Schwabenkrieg als "Schweizerfeind" einen berüchtigten Namen (Stiefel 1931, S. 602; Hasler 2002, S. 227f.).
Graf Rudolf V. von Sulz ist mehrfach als Scheibenstifter belegt. So weiss man, dass er 1510 den Kartäusern in Basel ein Fenster verehrte (Baer/Riggenbach/Roth 1982, S. 524). Von ihm stammen dürfte ebenfalls die Wappenscheibe von Sulz aus der Zeit um 1500 im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich (Inv. LM 12807; Schneider 1971, Bd. 1, S. 40, Nr. 54). Das Rathaus in Rheinfelden ist im Besitz einer von ihm 1532 dorthin verehrten, in der Ropsteinwerkstatt von Freiburg in Breisgau geschaffenen Allianzwappenscheibe (Hasler 2002, S. 227f., Nr. 104). Wohin er das vorliegende Glasgemälde stiftete und bei wem er es in Auftrag gab, ist nicht bekannt.
Wie Zeiners Zyklus aus Baden befand sich die Scheibe vielleicht in der Chartreuse bei Hilterfingen, der 1819–1821 erbauten Sommerresidenz des Berner Staatsmanns Niklaus Friedrich von Mülinen (1760–1833). 1831 wurde die Chartreuse von Rudolf Emil Adolf de Rougemont (1805–1844) erworben, und zwar unter Einschluss der dortigen Scheibensammlung von Mülinens. Nach de Rougemonts Tod blieb dessen Witwe Adele von Bonstetten (1814–1883) bis 1863 dort wohnhaft. Damals übersiedelte sie ins Schloss Hünegg, das sie und ihr zweiter Gemahl Albert von Parpart (1813–1869) nahe der Chartreuse hatten errichten lassen. Zu den von ihnen damals von dort in die Hünegg übenommenen Glasgemälden könnte auch die Scheibe des Grafen Rudolf von Sulz gehört haben. Denkbar ist aber auch, dass sie erst nach 1863 in den Besitz des Paares gelangt ist. Beim Tode der Adele von Bonstetten war sie jedenfalls in der Hünegg, wurde sie doch von deren Erben Franz von Parpart, dem Neffen Alberts, 1884 von dort nach Köln an die Auktion bei J. M. Heberle überführt. Nach Johann Karl Bossards Angaben im Auktionskatalog Heberles wurde die Scheibe damals zum Preis von 2150 Mark von einer Person namens Goldschmidt ersteigert. Da deren Identität ungeklärt ist, muss offen bleiben, ob es sich dabei um einen Sammler oder Kunsthändler handelt. Aufgrund ihres Verkaufs 1922 an der Auktion Drouot in Paris ist gesichert, dass die Scheibe vorher im Besitz des aus Mülhausen stammenden Textilindustriellen Frédéric Engel-Gros (1843–1918) gewesen war. Nachdem sich dieser am Deutsch-Französischen Krieg von 1870 beteiligt hatte, zog er sich auf sein neu erworbenes Schloss Gundeldingen zurück, um sich dort seiner Kunstsammlung zu widmen. Später kaufte er das Château de Ripaille bei Thonon-les-Bains am Genfersee und zog dorthin. Anhand seiner Biografie erscheint es möglich, dass er die Wappenscheibe von Sulz 1884 über Goldschmidt an sich gebracht hat. Ebenso kann diese aber auch erst später an ihn gelangt sein. Seit der Drouot-Auktion von 1922 hat sich ihre Spur verloren. Bildlich dokumentiert ist sie durch Schwarz-Weiss-Aufnahmen im Drouot-Katalog von 1922 und im Schweizerischen Nationalmuseum Zürich.
Die Scheibe wird genannt in:
Heberle, 1884, S. 38, Nr. 518.
Bossard, 1884, Nr. 518.
Catalogue des vitraux anciens, 1922, S. 24, Nr. 46, Abb.
Hasler 2002, S. 227f., Nr. 104, Abb.
Hasler, 2023, S. 46, Nr. 19.