Lorenz (Laurenz) Zollikofer (1519–1577) war der Sohn Georgs (1492–1539), des Stammvaters der Zollikofer von Altenklingen, und der Bruder Leonharts (1529–1587), der das jetzige Schloss Altenklingen erbaute. Er war Kaufmann von Beruf und mit Dorothea von Watt (1523–1603) verheiratet, der einzigen Tochter des bekannten St. Galler Reformators und Humanisten Joachim von Watt, genannt Vadian (Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz, 7/1934, S. 676).
Zollikofers Scheibe von 1554 ist analog komponiert wie das ebenfalls im Schloss Altenklingen befindliche Glasgemälde, das dessen Schwiegervater Joachim von Watt 1548 bei Carl von Egeri in Zürich bestellte (TG_174). Obwohl Zollikofers Stiftung grössere Schäden in der Bemalung aufweist, ist nicht zu verkennen, dass sie nicht mit der gleichen Präzision wie die etwas ältere Scheibe Vadians ausgeführt wurde. Wie diese dürfte aber auch sie in der Werkstatt Egeris angefertigt worden sein, freilich kaum vom Meister selbst, sondern von einem Gehilfen desselben (Paul Boesch, 1956, S. 15, betrachtet sie als eine Arbeit von Andreas Hör, der in seinen jungen Jahren möglicherweise bei Egeri tätig war).
Nach den in der “Ehrenmeldung” im Schlossarchiv Altenklingen aufgelisteten Vergabungen stammen diese beiden “sehr werthvollen” Werke aus dem “Haus zum tiefen Keller” in St. Gallen, wo Vadian bis zu seinem Tod am 6. April 1551 wohnhaft war. Damals kam das Gebäude in den Besitz von Vadians Schwiegersohn Lorenz Zollikofer, unter dem es um 1554 offenbar grundlegend erneuert wurde (die älteste heute im Haus nachweisbare Jahreszahl ist 1554) und von dem es an dessen Nachkommen überging. Später gehörte der Bau dem Vater von W. Schläpfer-Escher, von dem die beiden hier zur Diskussion stehenden Scheiben im 19. Jahrhundert (vor 1871) an das “Museum” der Familie Zollikofer in Schloss Altenklingen kamen und im Ahnensaal zur Aufstellung gelangten. Dass ihr ursprünglicher Standort das “Haus zum tiefen Keller” in St. Gallen war, lässt sich aufgrund von dessen Besitzergeschichte kaum bezweifeln. Vadian dürfte seine Scheibe 1548 demnach für seinen St. Galler Wohnsitz in Auftrag gegeben haben. Nach der Übernahme des Hauses und dessen Umbau scheint dort 1554 Lorenz Zollikofer seine Scheibe als Pendant zu derjenigen seines Schwiegervaters angebracht zu haben. Beide Scheiben waren vor 1925 gemeinsam in einer neuzeitlichen Rahmung gefasst (Zollikofer/Fiechter-Zollikofer, 1925, S. 42).
1950 erwarb das Historische Museum St. Gallen aus der Sammlung von Brougham Hall in Penrith (England) eine von Lorenz Zollikofer stammende Wappenscheibe aus dem Jahre 1556, in der Boesch (1956, S. 15) ebenfalls eine Arbeit Hörs vermutet. Darauf liess der Stifter seine Devise vollständig ausschreiben. Sie lautet: “Was. du. mir. also Jch. dir” (Schweizerisches Nationalmuseum, Foto 5562). Auf vorliegender Scheibe ist diese Devise in abgekürzter Form festgehalten.
Die Scheibe wird genannt in:
Zollikofer, 1871, S. 25.
Fiechter-Zollikofer, 1920, S. 41, Nr. 15.
Zollikofer/Fiechter-Zollikofer, 1925, S. 41.
Boesch, 1956, S. 15.
Zollikofer/Fiechter-Zollikofer/Zollikofer, 1966, S. 60, Nr. 15.
Kesselring-Zollikofer/Zollikofer, 2010, S. 127.
Kesselring-Zollikofer, M.-H. (2017). Museum (Museumsinventar), Schlossarchiv Altenklingen, Bibl. Nr. 1097 (Transkription), S. C18, D1 (30f.).
Kesselring-Zollikofer, M.-H. (2017). Ehrenmeldung der Vergabungen an das Museum der Familie Zollikofer von Altenklingen, Schlossarchiv Altenklingen (Transkription), S. 30 (19).