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BE_2: Wappenscheibe Werner Briselance (Spiessbrecher), Abt des Klosters Bellelay
(BE_Pieterlen_refK_SchnellN)

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Titel

Wappenscheibe Werner Briselance (Spiessbrecher), Abt des Klosters Bellelay

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1607
Masse
68.3 x 35.5 im Licht
Standort
Lage
s IV, 2b
Inventar

Ikonografie

Beschreibung

Vor farblosem, schnurverziertem Grund erscheint der Schild mit dem gevierten Wappen von Werner Briselance (Spiessbrecher), dem Abt des Klosters Bellelay, in Begleitung zweier Engel in Diakonentracht. Diese halten über dem Schild die Abtsmitra mit eingestecktem Pedum empor. Die darauf dargestellte Mondsichelmadonna nimmt auf das Marienpatrozinium der Klosterkirche Bellelay Bezug. Darüber spannt sich ein blauer Flachbogen mit violetter, maskengeschmückter Scheitelkartusche. Daneben sitzen zwei hornblasende Putten. Am Scheibenfuss steht das Stiftungsjahr in einer mit zwei Engelsköpfen dekorierten, blauen und gelben Rollwerkkartusche.

Iconclass Code
11G · Engel
11P315311 · Abt
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
92D1916 · Amoretten, Putten; amores, amoretti, putti
Iconclass Stichworte
Abt · Aebtissin · Amorette · Engel · Putto
Heraldik

Wappen Werner Briselance (Spiessbrecher), Abt des Klosters Bellelay

Inschrift

[1607] (die ergänzte Jahreszahl eingeklammert).
HD 1934.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Teile der Schriftkartusche mit der Jahreszahl, zwei Gläser im Wappen, die Mitra und mehrere Stücke im Engel rechts sowie kleine Stücke am linken Rand neu ergänzt (das Foto 24683 des BHM Bern zeigt die Scheibe noch mit den älteren, heute ersetzten und vermutlich von Röttinger stammenden Ergänzungen); auf den originalen Gläsern stellenweise geringer Lochfrass; mehrere Sprünge und Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1858/59 Johann Jakob Röttinger, Zürich: Restaurierung im Auftrag Sigmund Heinrich Wildermeths (Rauscher 2005).
1934 Hans Drenckhahn, Thun: Einsetzen von Ergänzungen. Davon enthalten zwei das Monogramm "HD 1934" in Miniaturformat (davon das eine unterhalb des Wappens auf der dunklen Bordüre um die Jahreszahl heute unter dem Blei verdeckt, aber auf dem Foto des BHM Bern noch erkennbar). Die damals von Drenckhahn aus der Scheibe entnommenen Gläser (Ergänzungen Röttingers?) befinden sich im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 24683). Laut Regierungsratsprotokoll des Kantons Bern vom 20. April 1934 war damals Rudolf Wegeli, Direktor des BHM, beauftragt, die drei alten Scheiben nach dem Kostenvoranschlag Hans Drenckhahns (im Belauf von Fr. 418.-) durch diesen Glasmaler ausbessern zu lassen (Rauscher 2005).
2001/02 Martin Halter, Bern: Reinigung, Einsetzen neuer Sprungbleie und Sprungklebungen. Diese Restaurierung wurde durch den Staat Bern (als Rechtsnachfolger des Fürstbistums Basel), die Stadt Biel und die Abtei Bellelay subventioniert (Rauscher 2005).

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Um 1607 sind zwar keine Erneuerungsarbeiten an der Kirche von Pieterlen bezeugt. Gleichwohl dürften die drei aus dem Jahre 1607 stammenden Glasgemälde für dort und nicht für den Wohnsitz bestimmt gewesen sein, den sich damals Hans Heinrich I. Thellung mit einer darin integrierten Gerichtsstube in Pieterlen errichten liess (s. ref. Kirche Pieterlen). Gegen ihre Herkunft aus Thellungs Haus sprechen zum einen ihre monumentalen Ausmasse und zum anderen das Fehlen jeglicher Nachrichten über eine spätere Überführung derselben in die Kirche. Man darf Heinz Rauscher deshalb beipflichten, wenn er davon ausgeht, dass 1607 die vom Basler Fürstbischof durchgesetzten neuen Machtverhältnisse im Erguel den Anlass für dessen Wappenstiftung sowie diejenigen des Klosters Bellelay und Biels in die Kirche von Pieterlen boten.

Werner Briselance (Spiessbrecher) aus Pruntrut wurde 1579 unter dem Basler Bischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee zum Abt des Prämonstratenserklosters Bellelay erhoben und von diesem am 13. Dezember des gleichen Jahres in seiner Wahl bestätigt. In der Folge hatte er die Abtswürde bis bis zu seinem Tod Ende August 1612 inne. Unter ihm blühte die Abtei wieder auf (Wiedereinführung von Ordnung und Zucht und geordneter Finanzen). Zugleich erfuhr das Kloster zu seiner Zeit auch bauliche Erneuerungen (Helvetia Sacra IV, 3, S. 131; HBLS 2/1924, S. 58). Als Abt von Bellelay besass er das Kollaturrecht über die Kirche Pieterlen und darauf gründete die Wappenstiftung, die er 1607 dorthin machte (die betreffende Jahreszahl wurde 1934 von Hans Drenckhahn zweifellos historisch korrekt ergänzt).

Die in der Kirche Pieterlen aus dem Jahre 1607 erhaltenen drei Glasgemälde bilden eine Werkgruppe von durchaus beachtlicher künstlerischer Qualität, zeichnen sie sich doch durch eine sorgfältige und detaillierte Bemalung aus. Laut den wohl von Hans Lehmann stammenden Angaben auf den alten Aufnahmen des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich sollen sie vom Berner Glasmaler Hans Zeender (tätig 1580–1633) geschaffen worden sein. Mit den Glasgemälden von 1597 in der Kirche Grosshöchstetten gibt es von diesem zwar Arbeiten von vergleichbarer Qualität, die stilistisch zumindest gewisse Berührungspunkte dazu bieten. Dessen ungeachtet erweist sich die Zuschreibung an Zeender als unhaltbar, insbesondere wenn man die Auftraggeber in die Betrachtung einbezieht. Welche genaue Rolle der Basler Fürstbischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee bei der Wahl der Werkstatt spielte, geben uns die Quellen nicht preis. Jedenfalls trat er mehrfach als Scheibenstifter in Erscheinung. Dies zeigt seine im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg befindliche Wappenscheibe von 1605, die derjenigen in Pieterlen nicht unähnlich ist (GNM, Inv. MM 705). Wenn Blarer mit den drei Glasgemälden in Pieterlen die wiedergewonnene fürstbischöfliche Macht im Erguel medial wirksam inszenieren wollte, dann wird er kaum bereit gewesen sein, deren Herstellung ausgerechnet einer Werkstatt im angefeindeten reformierten Bern zu überlassen. Vielmehr dürfte er dieselben in diesem Fall in Basel oder in der Werkstatt eines katholischen Ortes wie Luzern oder Solothurn in Auftrag gegeben haben. Diesbezüglich bleibt jedoch festzuhalten, dass die Glasgemälde von Pieterlen keine engen stilistischen Bezüge zu den Werken der Glasmaler besitzen, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den drei genannten Orten tätig waren. Vielleicht war bei der Werkstattwahl denn auch nicht Blarer selbst, sondern Hans Heinrich I. Thellung (1550–1637) aus Courtelary federführend. Als getreuer Gefolgsmann des Fürstbischofs amtete dieser im Jahr der Scheibenstiftung als Meier zu Biel, das heisst als dessen dortiger Statthalter. Unter Blarers Nachfolger wurde er 1610 Landvogt im Erguel und als solcher hatte er seinen Sitz im Schloss von Courtelary. Dorthin erhielt er 1613 von der Stadt Nidau eine vom Bieler Glasmaler Peter Feitknecht angefertigte Wappenscheibe geschenkt (Burgermeisterrechnung im Burgerarchiv Nidau von 1613/14, S. 29; davon Auszug von Frau Trudi Aeschlimann, Burgdorf, in den Unterlagen von Andres Moser im Vitrocentre Romont). Sollte Thellung als Bieler Meier 1606/07 für die Auftragserteilung aller drei Glasgemälde verantwortlich gewesen sein, dann dürfte er am ehesten eine Werkstatt in Biel damit betraut haben. Als Glasmaler tätig waren dort damals Peter Feitknecht (1585–1645) und Hilarius Dürr (1602–1610 nachweisbar). Weil von ihnen beiden keine gesicherten Werke erhalten sind, muss leider aber offen bleiben, ob einer von ihnen die Scheiben für Pieterlen herstellte. Wo und von wem diese geschaffen wurden, lässt sich beim gegenwärtigen Kenntnisstand somit nicht beantworten.

Die drei Glasgemälde werden 1607 im Kirchenchor zur Aufstellung gekommen sein. Gemäss der Baunotizen von Rudolf Emanuel Dick, zwischen 1843 und 1888 Vikar und Pfarrer in Pieterlen, befanden sie sich vor 1858 jedenfalls "im grossen Fenster des Chors". Beim Umbau von 1858/59 wurden sie ins Kirchenschiff versetzt (Schmucki 1957), wo sie auch heute zu sehen sind.

Datierung
1607
Herstellungsort
Eigentümer*in

Laut Regierungsratsprotokoll des Kantons Bern vom 20. 4. 1934 haben an den drei früher im Chor befindlichen, jetzt im Südfenster IV angebrachten Scheiben der Staat und die Kirchgemeinde ein Miteigentumsrecht.

Bibliografie und Quellen

Literatur

Egbert Friedrich von Mülinen, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Sechstes Heft. Das Seeland, Bern 1893, S. 444f.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 82.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 236.

Gustave Amweg, Les arts dans le Jura bernois et à Bienne, tome 2, Biel 1941, S. 460, Nr. 2 (vermutlich 1615).

Erinnerungsschrift zur Renovation der Kirche Pieterlen, Pieterlen 1957, S. 15.

Johann Schmucki, Die Kirche von Pieterlen, in: Hornerblätter 1957 (Vereinigung für Heimatpflege Büren a. A.), S. 12f.

Peter Lerch u. a., Pieterlen. Seeländer Dorf am Jurafuss (Berner Heimatbücher 106), Bern 1968, S. 13f.

Robert Aeberhard, Kirchen im Seeland, Biel 1980, S. 190.

Andres Moser/Ingrid Ehrensperger, Arts et monuments. Jura bernois, Bienne et les rives du lac, Bern-Wabern 1983, S. 68 (Abb.).

Cyrille Gigandet, Bellelay, histoire d'une ancienne abbaye de Prémontré, in: Intervalles, Revue culturelle du Jura bernois et de Bienne, No 15, Juin 1986, S. 81, Abb. S. 80 (hier auf S. 75 Abb. des Abtswappens in einer Handschrift).

Heinz Rauscher, Pieterlen und seine Nachbarn. 2000 Jahre Geschichte und Geschichten, Bd. II, in: Hornerblätter 2004, S. 34–36, Farbabb. S. 35.

Heinz Rauscher, Pieterlen und seine Nachbarn. 2000 Jahre Geschichte und Geschichten, Bd. III,1, in: Hornerblätter 2005, S. 90.

Heinz Rauscher, Die Kirchenfenster von Pieterlen – oder von grosszügigen Spenden und vom Wandel des Geschmacks, in: Der Seebutz 2008, S. 63, 66, Abb. S. 68.

Vgl.

Bernard Andermatten/Brigitte Degler-Spengler (Red.), Die Prämonstratenser und Prämonstratenserinnen in der Schweiz (Helvetia Sacra, Abteilung IV: Die Orden mit Augustinerregel, Bd. 3), Basel 2002.

Historisch Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS)

Weiteres Bildmaterial

BHM Bern, 29145; Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse 05894; SNM Zürich, Neg. 8981, 8982 (Schifffenster; Hans Zehnder, der Name von Hans Jakob Dünz durchgestrichen)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Pieterlen_refK_SchnellN
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Pieterlen
Eigentümer*in

Laut Regierungsratsprotokoll des Kantons Bern vom 20. 4. 1934 haben an den drei früher im Chor befindlichen, jetzt im Südfenster IV angebrachten Scheiben der Staat und die Kirchgemeinde ein Miteigentumsrecht.

Inventar

Referenznummer
BE_2
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

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