Forschung
Johann Anton II. Tillier (1528–1598), Sohn des Johann Anton I. und der Barbara Hübschi, war seit 1555 mit Ursula Nägeli, Tochter des Hans Franz Nägeli, verheiratet. 1555 war er bernischer Grossrat, 1556 Sechzehner und Schultheiss von Burgdorf, 1560 Bauherr, 1564, 1570, 1575, 1577, 1578 und 1579 Zeugherr, 1562–1567 Vogt des Pays de Gex und 1568–1589 Kleinrat. 1590 wurde er wegen Ehebruchs aus dem Rat ausgeschlossen, 1592 aber wieder aufgenommen. Tillier diente zudem 1568 und 1592 als Heimlicher, 1576 als Böspfenniger und 1579–1589 als Welschseckelmeister. Er kaufte 1580 das Landgut Treytorrens (Payerne) aus dem Nachlass seines Schwiegervaters (HLS 12/2013, S. 392).
Zwei Scheiben mit dem Wappen Johann Anton Tilliers von 1563 und 1571 haben sich im Bernischen Historischen Museum erhalten (BHM Bern, Inv. 58505, 63461). 1577 stiftete dieser die vorliegende Scheibe in die damals erneuerte Kirche von Aarwangen. In Privatbesitz existiert zudem eine Allianzwappenscheibe Tillier-Nägeli von 1586 (BE_1367). Unbekannt ist der Standort eines Glasgemäldes mit dem Wappen Tillier aus dem Jahr 1588, das sich 1989 in der Galerie Stuker befand (Kat. Stuker 1989, Bd. 1, Nr. 3418, Taf. 168). Von 1585 datiert ein für Johann Anton Tillier bestimmter und von Niklaus von Riedt ausgeführter Scheibenriss in der Sammlung Wyss im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 20036.737; Hasler 1996/1997, Bd. 1. Kat.-Nr. 271).
Alfred Scheidegger (1947) betrachtete die Scheiben Tillier, Gasser und von Mülinen in der Kirche Aarwangen als Werke eines Gesellen Hans Hubers, wobei er namentlich an Thüring Walther dachte. Brigitte Kurmann-Schwarz (2001) lehnte diese und weitere Zuschreibungen aufgrund mangelnder Eindeutigkeit mit guten Gründen ab. Bickhart ist der einzige Berner Glasmaler in dieser Zeit, dessen Stilentwicklung sich anhand seiner signierten Glasgemälde und Scheibenrisse abzeichnen lässt. Er war jedoch nicht alleine an den Scheibenstiftungen in den Kirchenbau von Aarwangen tätig. Seine beiden monogrammierten Werke heben sich stilistisch und qualitativ erheblich von den anderen dortigen Scheiben ab. Da er 1577 an der Pest starb, können die 1578 dorthin gekommenen Werke zudem auf keinen Fall von ihm geschaffen worden sein.
Die Scheibe Johann Anton Tilliers stammt sicher von der gleichen Hand wie die gleichzeitige Scheibe Anton Gassers in Aarwangen. In der grossen breiten und kräftigen Schrift unterscheiden sich beide von den anderen Scheiben aus der Zeit des Kirchenbaus. Ihr Schriftcharakter schliesst sie zudem eng an die Scheibe Niklaus Manuels des Jüngeren im Berner Münster an, die von Hans Hübschi 1582 signiert wurde (Kurmann-Schwarz 1998, Abb. 307/308). Auch die Rollwerktartsche mit dem ausgeprägten goldenen Rand ist bei allen drei Scheiben gleich. Man darf Hübschi somit als Schöpfer für die Scheiben Gasser und Tillier in Betracht ziehen. Nach den einschlägigen Genealogien (Kessel 2016) war dieser zudem ein Grossneffe der Mutter Johann Anton Tilliers (dort mit Vornamen Katharina statt Barbara) und somit ein Verwandter zweiten Grades, was die Auftragsvergabe an den Meister möglicherweise beeinflusst haben mag.
Datierung
1577
StifterIn
Tillier, Johann Anton II. (1528–1598)
Herstellungsort
Eigentümer*in
Kirchgemeinde Aarwangen.
Die Unterhaltspflicht der fünfzehn im Chor befindlichen Glasgemälde 1893 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor der Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. von Rodt 1936 [Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343]; vgl. auch Moser 1977, S. 26f.).