Forschung
Bis 1892 befand sich die vorliegende Scheibe im zentralen Chorfenster der reformierten Kirche Aarberg (vgl. Gerster, nach 1892). Im Jahr 1576 stifteten der Stand Bern (BHM Bern, Inv. 1892), die Stadt Biel (BHM Bern, Inv. 1890, 1891), die Stadt La Neuveville (verschollen; vgl. Gross/Schnider 1914, S. 102f.) sowie der Landvogt von Aarberg Beat Ludwig von Mülinen (BHM Inv. 1888, 1889) je eine Doppelscheibe in die Kirche Aarberg.
Die 1576 von Biel nach Aarberg gestiftete Doppelscheibe ist eine dokumentierte Arbeit des Bieler Glasmalers Jakob Herold. Die Stadtrechnungen Biels verzeichnen zwei Einträge, nämlich 1576 "von des fensters zu Aarberg 50 Pfd." und 1581 "Jacob Herolds knaben von dem fänster zu Arberg und Nydouw z'trinckgält gäben 8 Sch." (vgl. Bourquin 1922).
Herolds Scheiben haben sich jedoch nicht im Original erhalten. Wie die Inschrift der Scheibe und die Signatur des linken Gegenstücks ausführlich darlegt, musste der Aarauer Glasmaler Hans Ulrich I. Fisch beide Scheiben im Jahr 1621 vollständig erneuern. Einzig das alte, vom übrigen Damastgrund abweichende Stück zwischen den Beinen des Bannerträgers der vorliegenden linken Scheibenhälfte könnte ein einzelnes Originalfragment aus Herolds Scheibe darstellen. Sicher hielt sich der Restaurator möglichst eng an das alte zerstörte Vorbild von 1576, wie die altertümliche Formensprache der Architektur, der ausser Mode gekommene Damastgrund und die steifen Figuren belegen. Die rechte Doppelscheibenhälfte war zudem 44 Jahre später erneut zerstört und musste ihrerseits durch den Bieler Glasmaler Hans Heinrich Laubscher nochmals vollständig erneuert werden. Die Arbeit Hans Heinrich Laubschers ist in den Bieler Stadtrechnungen von 1665 dokumentiert: "2. Heuwmonat verdingten Burgermeister und Seckelmeister an Hans Heinrich Laubscher m. g. h. Wapen, so zu Arberg in der Kirchen verbrochen worden 18 Kronen 15 btz." (vgl. Bourquin 1922, S. 37). Laubscher hielt sich dabei an das im Renaissancestil gemalte Gegenstück von 1621, verwendete aber seiner Zeit entsprechend mehrheitlich farblose Gläser, die er mit Emailfarben reich bemalte, während Hans Ulrich Fisch noch vorwiegend Farbgläser genutzt hatte.
Die Stadt Biel, die aus dem damals selbstverständlichen Verantwortungsgefühl heraus die Kosten für die Restaurierung übernahm, betraute gemäss damaliger Gepflogenheiten einen ortsansässigen Glasmaler mit der Arbeit. Dass jedoch 1621 ein Aarauer Glasmaler die Restaurierung ausführte, dürfte darauf hinweisen, dass es zu jener Zeit keinen Glasmaler in Biel gab, der diese Aufgabe übernehmen konnte.
Im Jahr 1621 verzeichnen die Bieler Stadtrechnungen einen weiteren Aarberg betreffenden Eintrag: "dem Glassmaler von Burgdorff Hans Flückinger von denen wapen, so gon Arberg ghörend 20 Kronen" (vgl. Bourquin 1922, S. 41). Da sich diese Zahlung nicht auf die damalige Restaurierung der Bieler Doppelscheibe aus der Kirche Aarberg beziehen kann, die laut Signatur und Inschrift im gleichen Jahr der Aarauer Glasmaler Fisch ausführte, muss sie auf eine andere dortige Bieler Scheibe weisen.
Datierung
1621
StifterIn
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1894 Bernisches Historisches Museum Bern (Besitz des Staates)
Vorbesitzer*in
Bis 1892 Kirche Aarberg. – Bis 1894 Kunstmuseum Bern.
Inventarnummer
BHM 1890