Forschung
Samuel von Muralt machte seine Wappenstiftung 1683 als Landvogt von Nidau nach Abschluss der Kirchenerneuerung. Andres Moser geht davon aus, dass dieser seine Scheibe in der Werkstatt Hans Jakob Güders anfertigen liess, wo zuvor im Auftrag der Berner Vennerkammer bereits diejenigen der sechs anderen Amtsträger entstanden waren. Moser verweist dabei auf die bruchstückhaft erhaltene Künstlersignatur, die er in "(...Gü)der fec." ergänzt. Genau in dieser Form ("HIGüder fec.") kennzeichnete Güder die Bernscheibe von 1678 aus der Kirche Erlach im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1906). Wie Moser selbst einräumt, lässt sich von Muralts aufwendig gestaltetes Glasgemälde zwar nicht ohne weiteres mit den von Güder bekannten Werken vergleichen. Davon hebt sich insbesondere sein voluminös und kräftig gebildetes Blattwerk der Helmdecke ab. Die durch das starke Auswischen der Auftragsfarbe aufgedunsen wirkenden nackten Körper der Figuren hinwiederum sind ein Stilmerkmal, das Arbeiten Güders auszeichnet. Parallelen dazu bieten u. a. dessen Scheiben in der Berner Nydeggkirche wie diejenige von Johann Heinrich Hummel aus dem Jahre 1668 oder die 1685 erneuerte von Emanuel Steiger, die man mit guten Gründen Güder zuweist. Übrigens finden sich auch unter den aus den frühen 80er Jahren des 17. Jahrhunderts stammenden Werken anderer Glasmaler keine Beispiele mit ähnlich gestalteten Helmdecken. Dazu zählen ebenfalls diejenigen Hans Heinrich Laubschers aus Biel, des Schöpfers der von Neuenstadt nach Nidau gestifteten Scheibe (dieser verwendete als Künstlersignatur zudem offenbar nur sein Monogramm "HHL"). Einen weiteren Hinweis dazu, dass von Muralt seine Wappengabe bei Güder in Bern bestellte, liefern die Burgermeisterrechnungen Nidaus von 1684/85 im dortigen Burgerarchiv (S. 14). Darin festgehalten ist nämlich nicht nur die Bezahlung an die Handwerker (Glaser, Schlosser), welche von Muralts "Ehrenwappen" ins Fenster einzufügen hatten, sondern auch die Kosten für den Transport desselben von Bern nach Nidau: "Des alt Junckheren Landvogts von Muralt Ehrenwappen, welches er mHen in die Kirche verehrt, durch Hn Marin [Glaser], Hans Michel Bachschmid [Glaser], item Daniel Pagan [Schlosser] und jung Samuel Marin [Tischmacher?] einherthun lassen, denselben für ihren Lohn mit Ynschluss etlichen dazu verbruchten ysigen Stenglenen und des Tragerlohns von Bern bis alhar in allem bezalt 2 lb. 13 sch."
Samuel von Muralt (1636–1709/10), Angehöriger des gleichnamigen Berner Patriziergeschlechtes, war ein Sohn des Jost (1601–1676) und der Maria Schwitzereisen. Er war Oberst in französischen Diensten und Landvogt zu Nidau. 1658 heiratete er in Erlach Margaretha Müller (1631–1678), die Tochter Davids und der Margaretha Gatschet. Nach ihrem Ableben ehelichte er 1678 Ursula Stürler, die Tochter von Beat Ludwig Stürler und Ursula Zeender sowie die Witwe Beat Ludwig Wurstembergers (HBLS 5/1929, S. 211).
Egbert Friedrich von Mülinen sah 1893 die Scheibe von Muralts in einem Fenster der Chorsüdseite ("im Chor rechts"), d. h. vermutlich am gleichen Standort wie heute. Ihm zufolge waren damals die Glasgemälde im Chor, besonders die der linken Seite, stark beschädigt sowie diejenigen im Schiff restauriert.
Datierung
1683
StifterIn
Muralt, Samuel von (1636–1709/10), Landvogt
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1984 Kirchgemeinde Nidau (laut Gebrauchsleihevertrag mit dem Kanton Bern vom 25.1.1984).
Vorbesitzer*in