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BE_700: Figurenscheibe mit den Heiligen Katharina (?) und Barbara sowie unbekanntem Wappen (Kloster Königsfelden?)
(BE_Ursenbach_refK_Königsfelden_sVI.2a)

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Titel

Figurenscheibe mit den Heiligen Katharina (?) und Barbara sowie unbekanntem Wappen (Kloster Königsfelden?)

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1523

Ikonografie

Beschreibung

Vor blau gefiedertem Damastgrund sind zwei weibliche Heilige zu Seiten des ergänzten Wappens postiert. Von den beiden grün gewandeten Frauen trägt die Schwert und Buch haltende Heilige einen roten Mantel. Ihre Gleichsetzung mit der hl. Katharina von Alexandrien ist nicht völlig gesichert, da sie hier ohne Rad, deren Haupterkennungszeichen, erscheint. Die ihr gegenüber stehende Gefährtin gibt sich anhand des hinter ihr erscheinenden Turmes und des Hostienkelches in ihrer Hand als hl. Barbara zu erkennen. Über zwei roten Kapitellen setzt ein Rundbogen an, dessen Mauerflächen mit Ranken belegt sind. Oberhalb des hängenden Schlusssteins ist eine Tafel mit dem Stiftungsdatum angebracht.

Iconclass Code
11HH(BARBARA) · Barbara, jungfräuliche Märtyrerin; mögliche Attribute: Buch, Kanone(nkugel), Krone, Kreuz, Kelch mit Hostie, Dioscuros (ihr Vater), Pfauenfeder, Schwert, Fackeln, Steinmetzwerkzeuge, Turm
11HH(CATHERINE) · Katharina von Alexandrien, jungfräuliche Märtyrerin; mögliche Attribute: Buch, Krone, Kaiser Maxentius, Palmwedel, Ring, Schwert, Rad
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen: in Gold ein schwarzes Patriarchenkreuz auf grünem Dreiberg.

Inschrift

1523.
Renoviert 1872, Glasmalerei Röttinger, Zürich (auf dem von Röttinger eingefügten, heute wieder entfernten Sockelfeld; s. Foto SNM Zürich)

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Der gelbe Wappenteil mit dem Patriarchenkreuz, ein Glas im roten Mantel der Heiligen links und vielleicht das hellgrüne Rockstück darüber sowie ein kleines Rasenstück unten neu ergänzt.
Nach Hans Lehmann sollen das Wappen unrichtig ergänzt und die beiden Heiligenfiguren stark restauriert (d. h. ihre Köpfe von Johann Jakob Röttinger ersetzt) worden sein. Bei der Untersuchung der Scheibenvorderseite liessen sich Lehmanns Angaben zu den Figuren jedoch nicht bestätigen. Einschränkend muss aber hinzugefügt werden, dass bei der Bestandsaufnahme die Scheibenrückseite wegen Kondenswasser auf dem Schutzglas nicht einsehbar war. Ein Sprung und mehrere Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1679 Reparaturarbeiten an Glasgemälden? Laut dem Berner Vennermanual vom 6. Mai 1679 (XXIX, S. 482) waren die gnädigen Herren von Bern 1679 bei der von der Gemeinde Ursenbach geplanten Kirchenerweiterung bereit, die Kosten für die Chorreparatur und die Neubemalung der ganzen Kirche zu übernehmen sowie allenfalls auch neue Fenster einsetzen zu lassen: "...Wegen den allten gemahlten Fenstren dan hab. M.G.H. Euch Herrn Vogt überlassen, sellige nach ewerem Gutfinden zu Ersparung dess Kostens mit neuen Fensteren zu menagiren und anzuwenden" (Lehmann 1916).
1747/48 Reparaturarbeiten an Glasgemälden? Laut den Amtsrechnungen Wangens von 1747/48 wurden damals neue Fenster im Kirchenchor von Ursenbach eingesetzt: "für neue Fenster im Kirchenchor zu Ursenbach bezahlt 166 lb 25β 8 d" (Kopien von Auszügen aus den Berner Amtsrechnungen, angelegt durch Dr. Marti-Wehren, Kopien im Vitrocentre Romont). Möglicherweise war diese Fenstererneuerung mit Reparaturarbeiten an den alten Glasgemälden verbunden.
1872 Johann Jakob Röttinger, Zürich: Restaurierung der Glasgemälde mit Anfügung eines zusätzlichen Glasfelds am unteren Rand (dieses heute wieder entfernt; vgl. Fotos SNM Zürich) und Wiedereinsetzung derselben an neuen Standorten.
1933 Louis Halter, Bern. Die Glasgemälde-Restaurierung Halters ist durch die Inschrift in Fenster s III dokumentiert: "renoviert Arct. H. Bühler – W. Reber Maler – L. Halter Glasm. 1933".

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Möglicherweise war es Matthäus Ensinger, der selbst mit einer Wappenscheibe in der Kirche vertretene Vogt von Wangen, der sich anlässlich des 1515 errichteten Neubaues darum bemühte, dass ausser Bern weitere Stände und Institutionen dorthin Fenster und Wappen schenkten. Bern selbst machte seine Stiftung 1515, die meisten anderen Donatoren wohl aber etwas später, zum Teil vielleicht ab 1519 im Anschluss an die Übernahme des Kirchensatzes durch Bern.

Laut Hans Lehmann bezieht sich das erneuerte Wappen möglicherweise auf das Kloster Königsfelden. Nach der Eroberung des Aargaus 1415 stand dieses bis zu seiner Auflösung 1528 unter Berner Herrschaft. Unter den zahlreichen Altären in der Klosterkirche von Königsfelden gab es zwei, die der hl. Katharina und der hl. Barbara geweiht waren. Die beiden hier dargestellten Heiligen könnten also allenfalls die beiden genannten Klosterheiligen repräsentieren. Zudem war die hl. Katharina die Namenspatronin von Katharina Truchsess von Waldburg, der letzten Äbtissin von Königsfelden (1516–1528). Wie Lehmann richtig bemerkt, müsste das mehrheitlich erneuerte Wappen in diesem Fall aber falsch ergänzt worden sein. Das ehemalige Klosterwappen von Königsfelden zeigt analog zum Ungarnschild nämlich ein silbernes Patriarchenkreuz in Rot. Als Königsfelden später zur Klostervogtei umgewandelt wurde, erhielt sein Wappen zudem noch einen goldenen Dreiberg. Sollte der Wappenschild korrekt ergänzt sein, dann lässt er sich bestimmt nicht mit demjenigen des Klosters Königsfelden gleichsetzen. Berchtold Weber vermutet denn auch, dass es sich eher um ein Familien- denn um ein Klosterwappen handelt. Er verweist dabei auf die Bieler Familie Marti, die im Wappenbuch Dättwiler von 1821 mit dem hier dargestellten Wappen eingetragen ist. Weil diese Familie im frühen 16. Jahrhundert kaum etwas mit Ursenbach zu tun hatte, geht Weber jedoch mit guten Gründen davon aus, dass mit dem auf der Scheibe festgehaltenen Wappen eine andere (unbekannte) Familie gemeint sein dürfte (Mitteilung von Berchtold Weber in Bern, 15. 10. 2014).

Nach Hans Lehmann sollen die Ursenbacher Scheiben mit Ausnahme derjenigen Solothurns von Jakob Stächeli (Stäheli) stammen. Von Stächeli kennt man jedoch weder signierte noch durch Schriftquellen bezeugte Glasgemälde. Dass dieser Berner Glaser auf Glas malte, ist demnach nicht erwiesen (Anderes 1963, S. 125) und Lehmanns Zuschreibung somit nicht stichhaltig. Weil die zwischen 1515 und 1523 in die Kirche Ursenbach gekommenen Scheiben stilistisch keine wirklich homogene Gruppe bilden, muss an ihrer Herstellung mehr als ein Glasmaler beteiligt gewesen sein. Um welche es sich dabei handelte, lässt sich beim gegenwärtigen Kenntnisstand nicht schlüssig beantworten und ebenso wenig die Frage, wie diese organisiert waren, d. h. ob sie verschiedenen Werkstätten angehörten oder ob sie für das Projekt in Ursenbach zeitweilig in einer Werkstattgemeinschaft zusammenarbeiteten.
In seinem Aufbau erweist sich das vorliegende Glasgemälde gleichsam als Pendant zur ebenfalls 1523 datierten Standesscheibe Basels. Man kann sich deshalb fragen, ob es ursprünglich direkt neben der Basler Stiftung in einem Kirchenfenster angeordnet war. In diesem Falle wäre die 1896 von Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen gemachte Standortangabe allerdings unrichtig (ihnen zufolge soll sich die Scheibe mit dem Doppelkreuz im Wappen ursprünglich zusammen mit derjenigen Ensingers im ersten Fenster der Schiffssüdseite befunden haben). Wenn die Scheibe mit den beiden weiblichen Heiligen sowie die Basler Scheibe mit Maria und Kaiser Heinrich tatsächlich Pendants gebildet haben sollten, dann müsste zwischen ihren Stiftern freilich irgendeine Beziehung existiert haben. Eine solche lässt sich bislang jedoch weder über die dargestellten Heiligen noch über die Wappen nachweisen. Ob die zwei betreffenden Glasgemälde zusammengehören oder nicht, muss deshalb offen bleiben.

Laut Egbert Friedrich von Mülinen (1872) wurden die alten Glasgemälde nach der Restaurierung Röttingers von diesem in den Fenstern "unrichtig und bunt durcheinander" eingesetzt.

Datierung
1523
Herstellungsort
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Ursenbach.
Die Unterhaltspflicht der zwölf 1901 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).

Bibliografie und Quellen

Literatur

Egbert Friedrich von Mülinen, Über die Glasmalerei in der Schweiz, in: Alpenrosen 22. Dez. 1872, No. 51, S. 504f. (zur Restaurierung Röttingers).

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Nr. 1, Januar 1882, S. 251.

Egbert Friedrich von Mülinen, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Fünftes Heft. Der Oberaargau, Bern 1890, S. 211f.

Hermann Kasser, Eine Standesscheibe von Freiburg von 1516, in: Schweizer Archiv für Heraldik 8/1894, Nr. 25, S. 204.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 92.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 240.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 16/1914, S. 148–150 (Jakob Stächeli).

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) 7/1934, S. 171.

Hans Lehmann, Stächeli, Jakob, in: Ulrich Thieme/Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig, Bd. 31/1937, S. 439 (Jakob Stächeli).

Wilhelm Liechti/Werner Heiniger/Otto Holenweg, Die Kirchenfenster von Ursenbach, in: Jahrbuch des Oberaargaus 26/1983, S. 49–73.

Georges Descoeudres, Archäologische Ausgrabungen in der Pfarrkirche von Ursenbach, in: Jahrbuch des Oberaargaus 37/1994, S. 89–108.

Vgl.

Bernhard Anderes, Die Spätgotische Glasmalerei in Freiburg i. Ü., Freiburg, 1963.

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse 04062 (1963); SNM Zürich, Neg. 8271 (Scheibe mit Wappen Kloster Königsfelden; Jakob Stächelin)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Ursenbach_refK_Königsfelden_sVI.2a
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Ursenbach
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Ursenbach.
Die Unterhaltspflicht der zwölf 1901 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).

Inventar

Referenznummer
BE_700
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Patricia Sulser 2016