Titel

Figurenscheibe Stand Bern mit hl. Vinzenz

Art des Objekts
Masse
79 x 35.1 cm im Licht
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
um 1520
Forschungsprojekt
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Ikonografie

Beschreibung

Der hl. Vinzenz, Berns Standespatron, steht vor blauem Damastgrund auf blassgrünem Fliesenboden. Er ist in eine weisse Albe und eine leuchtend rote Dalmatika mit blaugoldenen Fransen gekleidet. Während er in der Linken einen Palmzweig hält, liest er im geöffneten Buch, das auf seinem angewinkelten rechten Arm liegt. Gleichsam als Krönung schwingt sich über seinen Kopf ein gelber, blattgeschmückter Bogen, der auf zwei freihängenden rosa Konsolen aufliegt.
Das Glasgemälde bildete entweder das rechte Stück einer Doppelscheibe mit einer links angesetzten Bernscheibe oder, wie Alfred Scheidegger vermutet, das Mittelstück eines ursprünglich dreiteiligen Standesfensters. Für eine solch dreiteilige Komposition spricht die freihängende Bogenarchitektur.

Iconclass Code
11H(VINCENT) · Vinzenz von Zaragoza (oder Valencia), Diakon und Märtyrer; mögliche Attribute: Buch, Weintrauben, Dalmatika, Bratrost (mit Nägeln), Mühlstein, Rabe, Schiff
Iconclass Stichworte
Signatur

keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Die untere Partie des Heiligen (Kleidungsteile) um 1900 ergänzt. Verschiedene weitere Gläser erwecken ebenfalls den Eindruck, ergänzt zu sein. Dazu zählen mehrere kleine blaue Damaststücke aus flachem Glas (das auf altes Glas gemalte Damaststück oben links stimmt in der Musterung mit dem übrigen Damast nicht überein, zudem ist es in der Bemalung feiner: Originalteil oder altes Flickstück?), der linke Bogenteil, das Aussenstück des Buches und der Heiligenkopf. Dieser Kopf ist sehr fein auf offenbar altes Glas gemalt und erstaunlicherweise ausgezeichnet erhalten, wogegen die Schwarzlotbemalung auf vielen anderen Gläsern angegriffen ist. Zur Klärung der Frage, ob er allenfalls sorgfältig ausgebessert ist, müsste er im Atelier untersucht werden. Mechanische Beschädigungsspuren in der Schwarzlotbemalung der linken Hand des Heiligen; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
Um 1900 restauriert (Einsetzen von Ergänzungen).

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit vorderseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

1522 erhielt die ehemalige Wallfahrtskirche Würzbrunnen in der Gemeinde Röthenbach wahrscheinlich eine Fensterstiftung von Bern. Darauf weisen die über 38 Pfund, die damals der Berner Glaser Jakob Wyss für dort ausgeführte Arbeiten erhielt (Trächsel 1878, S. 188). Diese vermutliche Stiftung ist zu unbekannter Zeit abhanden gekommen. Nicht mehr vorhanden ist gleichfalls der Scheibenzyklus, den im Jahre 1560 Petermann von Erlach, Anton Tillier, Hans Jakob von Bonstetten, Katharina von Erlach, Bernhard von Wattenwyl, Niklaus von Diesbach und ein weiterer Angehöriger dieses Berner Patriziergeschlechtes dorthin verehrten (Thormann/von Mülinen 1896, S. 83f.).
Die vorliegende Vinzenzenscheibe gelangte erst zum Abschluss der Kirchenrestaurierung von 1961–1964 als Depositum der Gottfried Keller-Stiftung nach Würzbrunnen. Der ursprüngliche Standort dieses bis 1962 in der Sammlung Louis La Roche-Ringwald befindlichen Glasgemäldes ist unbekannt. Laut Alfred Scheidegger soll es eine Arbeit der Berner Funk-Werkstatt sein, der zahlreiche weitere Vinzenzenscheiben zugeschrieben werden. Unter diesen steht diejenige aus der Kirche Hindelbank von 1519, die dort 1911 dem Brand zum Opfer fiel, dem zweifellos aus der gleichen Zeit stammenden Glasgemälde in Würzbrunnen zwar überraschend nahe (Lehmann 1915, S. 53–55, Abb. 4 [Hans Funk]). Weil das Letztere erheblich erneuert ist, vermag seine Zuweisung an die Funk-Werkstatt gleichwohl nicht restlos zu überzeugen. Man hat sich vielmehr mit der Feststellung zu begnügen, dass es sich um die Schöpfung eines unter dem Einfluss Funks stehenden Berner Glasmalers handelt.

Datierung
um 1520
Zeitraum
1515 – 1535
StifterIn

Bern, Stand bzw. Stift St. Vinzenz

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Eidgenössische Gottfried Keller-Stiftung (Inv. 1037).

Vorbesitzer*in

Bis 1962 Sammlung Louis La Roche-Ringwald, Rheinfelden AG. – Seit 1963 als Depositum der Eidgenössischen Gottfried Keller-Stiftung in der Kirche Würzbrunnen.

Bibliografie und Quellen

Literatur

Alfred Schaetzle, Kirche Würzbrunnen (Schweizerische Kunstführer), Bern 1966, S. 8 (Werkstatt Hans Funk).

Alfred Scheidegger (und andere), Sieben Schweizer Glasgemälde. Erworben aus der Sammlung Louis La Roche-Ringwald, in: Bericht der Gottfried Keller Stiftung 1960, 1961 und 1962, Bern, o. J., S. 66f., Abb. 25 (Werkstatt Hans Funk, um 1520).

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern 1896.

Gottlieb Trächsel, Kunstgeschichtliche Mittheilungen aus den bernischen Staatsrechnungen von 1505 bis 1540, in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1878, Bern 1877.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 17/1915.

Hermann Specker, Das Patrozinium der Kirche Würzbrunnen, in: "Alpenhorn", Sonntagsbeilage zum Emmentaler Blatt, Langnau, Samstag 28. Juni 1969, S. 205.

Jürg Schweizer, Kunstführer Emmental, Wabern 1983 (2. Aufl.), S. 175.

Vgl.

Walter Steiner, Das Kirchlein zu Würzbrunnen und seine Geschichte (Emmentaler Schreibmappe 1982), Langnau 1982 (S. 14).

Walter Steiner, Eggiwil, Röthenbach (Berner Heimatbücher 117), Bern 1984 (2. Aufl.), S. 32.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 22911

Bildinformationen

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema

Zitiervorschlag

Hasler, R., & Keller, S. (2016). Figurenscheibe Stand Bern mit hl. Vinzenz. In Vitrosearch. Aufgerufen am 9. Mai 2025 von https://test.vitrosearch.ch/objects/2253169.

Informationen zum Datensatz

Referenznummer
BE_4534
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016