Forschung
Hans von Erlach, Herrschaftsinhaber zu Jegenstorf (die ganze Herrschaft übernahm er in Teilen im Laufe der Jahre von seinen Brüdern Burkhard und Diebold sowie von seinem Vetter Hans), besass in der dortigen Kirche zunächst die eine Hälfte des Patronatsrechtes an der Kaplanei des Johannesaltars (die andere Hälfte übernahm er 1519 von seinem Vetter Hans dem Älteren). Dieser von einem Kaplan besorgte Altar stand anfänglich in einer an die Kirche angebauten Kapelle, deren Kollatur 1478 den Brüdern Hans und Rudolf von Erlach zustand. Nach der Erneuerung der Kapelle um 1505 wurde diese beim Kirchenneubau 1514 abgebrochen und ihr Johannesaltar im Kircheninnern auf der Südseite des Schiffs wieder errichtet. Dieser Bereich stand Hans von Erlach zu und dementsprechend liess er ihn beim Neubau kostbar ausschmücken (vgl. Lehmann, Jegenstorf 1915; Trümpler 1989).
Die vier zusammengehörenden, von Hans von Erlach gestifteten Scheiben mit dessen Wappen, demjenigen von dessen Gemahlin Magdalena von Mülinen sowie den Heiligen Johannes und Jakobus besitzen enge stilistische Parallelen zum Werk Hans Funks, etwa zur signierten Scheibe Bremgartens von 1501 im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 20274) und lassen sich somit diesem Glasmaler zuweisen.
In Jegenstorf befinden sich Kopien der vier Scheiben, die Johann Heinrich Müller ausführte. Zwei weitere, vom Berner Glasmaler Giesbrecht geschaffene Kopien der Erlach-Scheiben aus Jegenstorf wurden 1895 in Stein am Rhein ausgestellt (Kat. St. Georgen 1895, S. 29).
Ausserdem existiert vom vorliegenden Werk eine stark verkleinerte Kopie (42 x 27 cm) des 19. Jahrhunderts, die im Mai 1977 bei der Auktion der Berner Galerie Stuker angeboten wurde und 1978 als Angebot für die Familienkiste von Erlach auf der Burgerbibliothek Bern vorlag (Heinz Matile, in: Kartei Stifter, BHM Bern).
Hans (Johann) von Erlach (1474–1539), der Sohn des Rudolf (1448–1507), war seit 1500 mit seiner Stiefschwester Magdalena von Mülinen, der Tochter Hans Friedrichs und der Barbara von Scharnachtal, verheiratet. Er war Herr zu Hindelbank, Jegenstorf, Riggisberg (seit 1520) und Spiez (1522 von seinem Vetter Ludwig vermacht und 1527 damit belehnt). Er wurde 1501 des Grossen Rats zu Bern, 1506 Landvogt von Grandson, 1508 des Kleinen Rats und 1516 Kastvogt des Kartäuserklosters Thorberg. 1519–1539 hatte er alternierend das Berner Schultheissenamt inne. 1528 war er Oberbefehlshaber gegen die aufständischen Oberländer sowie 1529 und 1531 Hauptmann im Kappelerkrieg. Als 1528 die Propstei Rüeggisberg aufgehoben wurde, erhielt er von Bern dort die niedere und teilweise die höhere Gerichtsbarkeit (HLS 4/2005, S. 256; von Erlach 1989, S. 98–110, 124–126). Schultheiss Hans von Erlach stiftete zusammen mit seinem Amtskollegen Wilhelm von Diesbach eine der Tafeln des zwischen 1517 und 1519 von Niklaus Manuel geschaffenen Totentanzes. Die entsprechende Tafel zeigt sein Wappen und dasjenige seiner Frau (von Erlach 1989, Abb. S. 110, Stamm-Taf. C VII).
Neben seiner Scheibe aus Schloss Worb im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 23608) besitzt dieses Museum von ihm vier Scheiben von 1515 aus der Kirche Jegenstorf (Inv. 355–358). Zerstört ist seine 1519 in die Kirche Hindelbank gestiftete Doppelscheibe, worauf Hans von Erlach mit Johannes dem Evangelisten dargestellt war (vgl. Lehman 1913). Im Kartäuserkloster Thorberg, wo er Kastvogt war, gab es von ihm offenbar auch eine Scheibe (Haller 1900, S. 130). Er oder sein Sohn Hans (Johann) Rudolf müssen den Auftrag zur Ausführung der später in Hindelbank zerstörten Scheibenfolge für das Bubenberg'sche Sässhaus in Bern erteilt haben (vgl. Lehmann 1913).
Datierung
1515
StifterIn
Erlach, Hans (Johann) von (1474–1539)
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1881 Bernisches Historisches Museum
Vorbesitzer*in
Bis 1881 Slg. Friedrich Bürki, Bern (seit 1879 als Teil der Sammlung Friedrich Bürkis im Kunstmuseum Bern).
Inventarnummer
BHM 357