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BE_1477: Dreiteiliges Glasgemälde Basler Fürstbischof Melchior von Lichtenfels und Basler Domkapitel mit Ausgiessung des Heiligen Geistes (Pfingstbild)
(BE_Bern_BHM_28875)

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Titel

Dreiteiliges Glasgemälde Basler Fürstbischof Melchior von Lichtenfels und Basler Domkapitel mit Ausgiessung des Heiligen Geistes (Pfingstbild)

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1562

Ikonografie

Beschreibung

Die Karfreitagsscheibe bildet den Mittelteil des Scheibentriptychons, die Weihnachtsscheibe den linken und die Pfingstscheibe den rechten Flügel. Übergreifend verbunden werden die drei Teile durch die Stifterfiguren. Sie sind oberhalb ihrer in der Schriftrolle am Scheibenfuss enthaltenen Namen in kniender Haltung neben ihrem jeweiligen Wappen festgehalten. Auf beiden Flügelteilen sind auf diese Weise je fünf Domherren unterhalb des als Bühne für die Hauptszene dienenden Podiums platziert, und zwar in Blickrichtung auf das Karfreitagsbild der Mittelscheibe. Darauf erscheint als einzige Stifterfigur der Basler Bischof Melchior von Lichtenfels, der im Gegensatz zu den in die Zone unterhalb des biblischen Geschehens verbannten Domherren direkt in dieses integriert ist. Jede der drei Scheiben rahmt eine zierliche bunte Arkade aus Säulen und einem filigranen Volutenbogen.
Der dem Pfingstfest gewidmete rechte Flügel zeigt unten die folgenden fünf Stifter: Dekan Vitus Scheib, Archidiakon Christoph Torozellius, Protonotar Johann Rudolf von Brünikofen (Brinnikofen), Kanonikus Philipp von Römerstal (Raimerstal) und Kanonikua Jakob Imenhaber (Immenhaber). Auf einem gelben Stufenthron sitzend, erscheint darüber Maria in blauem Mantel und rostbraunem, pelzverbrämtem Damastgewand. Sie wird von den Jüngern umkreist, die auf der rosa Bildbühne teils stehen und teils knien. Über der Figurengruppe schwebt zwischen zwei perspektivisch geschickt angeordneten Gebäudereihen die Taube in einem Wolkenkranz und gelber Gloriole herab. Darüber ist im linken Teil des Oberbildes Christus in rotem aufgebauschtem Mantel bei seiner Auferstehung aus dem Grabe festgehalten. Rechts daneben wird seine Himmelfahrt geschildert. Am oberen Bildrand ist in einem Wolkenkranz und gelber Gloriole noch der Unterteil des violetten Gewandes und roten Mantels des himmelwärts entschwindenden Herrn sichtbar. Das Wunder verfolgen die darunter um dessen letzten Standort versammelten Apostel. Angeführt werden sie von Petrus in weissem Mantel und der blau gekleideten Gottesmutter, die im Vordergrund der Gruppe knien.

Iconclass Code
11(+5) · christliche Religion (+ Stifter, Bittsteller, mit oder ohne Schutzheilige(n))
11Q764(+5) · Christi Himmelfahrt (+ Stifter, Bittsteller, mit oder ohne Schutzheilige(n))
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
73E12 · Christus, der in der Regel eine Fahne hält, steigt aus dem Grab (zusätzlich sind häufig schlafende und/oder erschrockene Soldaten dargestellt)
73E5 · Pfingsten: der Heilige Geist senkt sich auf die Apostel (und Maria) herab; manchmal sind zusätzlich Paulus und/oder Vertreter verschiedener Nationen dargestellt
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Domherren Vitus Scheib, Christoph Torozellius, Johann Rudolf von Brünikofen (Brinnikofen), Philipp von Römerstal (Raimerstal), Jakob Imenhaber (Immenhaber)

Inschrift

IO: VITVS / SCHEIB / V.I.D. DE / CANVS // CHRISTOPHO / RVS TOROZE / LLIVS V.I.D. / ARCHIDIAC // IO: RO DOL / PHVS A BRI / NNIK OVEN / PROT ON // PHILIP / PVS A. / RAIMER= / STAL // IACOBVS / IMENHA= / BER THEO=/ LO: D.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Ein Glas in der Inschrift und einige kleine Stücke im Boden bei den sitzenden Aposteln neu ergänzt (die von Scheidegger, S. 9, als erneuert angegebenen Gläser mit den fünf hinteren Jüngern rechts unterscheiden sich nicht von den originalen Teilen, d. h. sie müssen ebenfalls original sein); mehrere Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1943–1945 Hans Drenckhahn, Thun: Zur Behandlung des linken Flügels äussert sich Drenckhahn in seiner Korrespondenz mit dem Bernischen Historischen Museum (Nachweisakten BHM Bern) detailliert: "Ich habe nun alle 4. Füllungen aus dem Blei genommen u. die Stücke gruppenweise in eine Perlösung gelegt. Die Zementartige Kalkkruste u. die filzige Schlamm- und Russschicht soll sich in dieser Lösung allmälig aufweichen um sie später ganz entfernen zu können." Auch ältere Retuschen, insbesondere an den beschädigten Gesichtern der Stifter entfernte er auf diese Weise. Die heute wieder voll bemalten Gesichter gehen also auf Drenckhahn zurück. Von diesem gibt es auch einige Pausen der Scheiben in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont. Weder aus den Pausen noch der Korrespondenz ist zu entnehmen, ob Drenckhahn Ergänzungen in die drei Glasgemälde einfügte. Es ist aber davon auszugehen, dass er nicht nur Sprungsicherungen und Reinigungsmassnahmen vornahm, sondern auch die meisten der heute erkennbaren Ergänzungen einsetzte.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes und grünes Überfangglas mit vorderseitigem sowie blaues Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und Eisenrot.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Nach Vollendung der Burgkapelle von Angenstein 1560 erbat sich deren Bauherr Wendelin Zipper für die Ausschmückung von seinem Herrn, dem Basler Bischof Melchior von Lichtenfels (ca. 1517–1575), Glasmalereien. Die Stiftung umfasst drei, inhaltlich zusammengehörende Scheiben, deren Mittelfelder den drei Hauptfesten des Kirchenjahres – Weihnacht, Karfreitag (Ostern), Pfingsten – gewidmet sind.

Alfred Scheidegger verortet die Scheiben in der Nachfolge der Ropstein-Werkstatt in Freiburg i. Br. Seit der Reformation in Basel 1529 befand sich das Basler Domkapitel in Freiburg im Exil. Die bedeutende Werkstatt des Hans Gitschmann von Ropstein († 1564) war seit 1508 dort tätig. Insbesondere vergleicht Scheidegger den der Ropstein-Werkstatt zugeschriebenen Kreuzigungstriptychon aus der Freiburger Kartause im Historischen Museum Basel mit der vorliegenden Scheibe. Wie Scheidegger selber beobachtet, bestehen zwar im stilistischen Detailvergleich gewisse Parallelen zu diesem Triptychon, in der Komposition der Scheiben bestehen jedoch grosse Unterschiede (vgl. Scheidegger 1946, S. 15). In ihrer Kleinteiligkeit und in der Kombination mehrerer, figurenreicher Szenen unterscheiden sich die Angensteiner Scheiben wesentlich vom monumentalen Charakter des 1525/um 1560 entstandenen Triptychons der Kartause. Ebensowenig lassen sich andere Werke der Ropstein-Werkstatt (vgl. Becksmann 2010, Bd. 1, S. 54f.; Hasler 2002, S. 220f.) damit vergleichen.
Zwar befand sich das Basler Domkapitel in Freiburg i. Br., der Bischof hingegen residierte seit der Reformation im Schloss Pruntrut. Da Melchior von Lichtenfels (ca. 1517–1575), Bischof von Basel seit 1554, als Hauptstifter des vorliegenden Triptychons anzusprechen ist, könnte es sein, dass er die Glasgemälde bei einem Basler Glasmaler bestellte. In Frage käme hier Ludwig Ringler, der 1557 einen Scheibenriss für denselben Stifter schuf (Ganz 1966, Abb. 9). Paul Leonhard Ganz betrachtet zwar die Angensteiner Scheiben nicht als Basler Arbeit, gerade Ringlers Werke liefern jedoch die engsten bekannten Vergleichsbeispiele dazu. Insbesondere die weit in die Tiefe reichende Architektur- und Landschaftsdarstellung, die figurenreichen Szenen und der Schriftcharakter sind vergleichbar (vgl. Abb. 9–24 bei Ganz 1966). Eine sicherere Zuschreibung ist jedoch schwierig zu vertreten, da Hans Drenckhahn 1943–45 die Schwarzlotbemalung der Glasgemälde stark restaurierte (s. Feld Erhaltungszustand und Restaurierungen).

Datierung
1562
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1942 Bernisches Historisches Museum

Vorbesitzer*in

Bis 1942 Schloss Angenstein

Inventarnummer
BHM 28875

Bibliografie und Quellen

Literatur

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler. IV. Canton Bern, in: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde Nr. 2, April 1881, S. 176f.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 174.

W.R. Staehelin, Die Scheibenstifter der Schlosskapelle zu Angenstein (1562), in: Schweizer Archiv für Heraldik 39/1925, S. 165f., Fig. 158–160.

Gustave Amweg, Les arts dans le Jura bernois et à Bienne, tome 2, Biel 1941, S. 455f., Nr. 3 (um 1550).

Rudolf Wegeli, Sammlungsbericht, in: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums in Bern, Jg. 22, 1942 (Bern 1943), S. 135, 138.

Alfred Scheidegger, Die Glasgemälde aus der Kapelle der Burg Angenstein, in: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums in Bern, Jg. 25, 1946, S. 5–16, Abb. (Freiburg i. Br., Ropsteinwerkstatt).

Gottlieb Wyss, Geschichtliches über die Glasgemälde von Angenstein, in: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums in Bern, Jg. 25, 1946, S. 17–27, Abb. S. 22 u. 23 (zu den Stiftern).

Paul Leonhard Ganz, Die Basler Glasmaler der Spätrenaissance und der Barockzeit, Basel/Stuttgart 1966, S. 19 (Ropstein-Werkstatt, Freiburg i. Br.).

René Gillieron, Schloss Angenstein und seine Glasgemälde, in: Dr Schwarzbueb, Jahr- und Heimatbuch 53/1975 (Abb.).

Die Renaissance im deutschen Südwesten, Ausstellungskatalog Badisches Landesmuseum Karlsruhe, 1986, S. 260–262 (Abb.).

Rüdiger Becksmann, Die mittelalterlichen Glasmalereien in Freiburg im Breisgau (CVMA Deutschland II/2), 2 Bde., Berlin 2010, Bd. 1, S. 61, Abb. 42.

Vgl.

Rolf Hasler, Glasmalerei im Kanton Aargau. Kirchen und Rathäuser, Aarau 2002.

Glaser, A. (1937). Die Basler Glasmalerei im 16. Jahrhundert seit Hans Holbein d. J. Winterthur: Schönenberger & Gall AG, S. 27.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 5195, 16235 (Ludwig Ringler)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_BHM_28875
Fotonachweise
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto: Stefan Rebsamen
Aufnahmedatum
2007
Copyright
© Bernisches Historisches Museum, Bern (www.bhm.ch)
Eigentümer*in

Seit 1942 Bernisches Historisches Museum

Inventar

Referenznummer
BE_1477
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

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Schema