Forschung
Im Scheibchen sind mehrere Fragmente zusammengefasst, wovon die meisten ein Wappen mit Stifternamen enthalten. Bei Jakob Pieren handelt es sich wohl um jenen Jakob Pieren (* 1580) aus Frutigen-Kandersteg, der 1623 zusammen mit seiner Ehefrau Magdalena Hauswirt eine Scheibe in die Siechenhauskapelle von Bern stiftete. Diese im Bernischen Historischen Museum befindliche Scheibe (BE_266) stammt wie vermutlich der Grossteil der vorliegenden Fragmente vom Thuner Glasmaler Kaspar Lohner. Der als Statthalter genannte Peter Scherz gab 1593 wahrscheinlich als Weibel zu Adelboden eine Scheibe in Auftrag. Diese ist heute zerstört, aber durch eine Fotografie im Bernischen Historischen Museum dokumentiert (BHM Bern, Foto 4219).
Nach den Angaben im Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums von 1929 sollen die hier vereinten Fragmente aus einer Adelbodner Chorgerichtsscheibe von 1627 stammen. Worauf diese Annahme gründet, bleibt jedoch unklar (auf der Scheibe selbst befindet sich keine Jahreszahl). Dass es nicht Bruchstücke aus einer einzigen, sondern aus mehreren Glasgemälden sind, darauf deuten die Angaben zur Kirche Adelboden des dortigen Pfarrers Friedrich Gerwer aus der Zeit um 1848 in dessen Nachlass in der Burgerbibliothek Bern (Mss h.h. XIV.37, Heft 4, 1.XI; Bärtschi 1934, S. 61ff.). Darin erwähnt dieser über zwanzig alte Glasgemälde, die er zu seiner Zeit in zwei Chorfenstern der Kirche Adelboden sah und kurz beschrieb (z.T. mit kurzer Blasonierung). Dazu zählten die Scheibenstiftung des neuen Kirchmeiers Hans Steiner mit dessen Wappen ("ein von der Rechten zur Linken an einem grauen Felsen aufsteigender grauer Steinbock"), diejenige des alten Statthalters Peter Scherz mit dessen Wappen ("3 Blumen auf 3 Berglein, die mittlere höher") und diejenige von Jakob Pieren mit dessen Wappen ("ein doppeltes ineinander gehendes Quadrat auf 3 Bergen"). Obwohl das sternförmige Gebilde in dem in vorliegender Kompositscheibe vorhandenen Wappen Pieren mit dem Begriff "Quadrat" nicht richtig erfasst ist, dürfte Pfarrer Gerwer damit dasselbe gemeint haben, ebenso wie er mit den von ihm erwähnten Wappen Steiner und Scherz sicher diejenigen in dieser Scheibe vor Augen hatte. Das Wappenfragment mit dem seine Handschuhe und ein Buch haltenden Mann in blauem Feld und hebräischer Inschrift stammt zudem möglicherweise aus der von Gerwer erwähnten Scheibe, die von dem in Adelboden und danach in Frutigen als Pfarrer wirkenden Hans Heinrich Lutz gestiftet worden war und diesen im Hauptfeld darstellte. Die Vermutung liegt damit nahe, dass sich in der zur Diskussion stehenden Kompositscheibe Fragmente aus mehreren Glasgemälden befinden, die gegen Mitte des 19. Jahrhunderts noch in der Kirche Adelboden waren und damals von Pfarrer Gerwer aufgenommen wurden.
Im Jahre 1625 ist eine Renovation der reformierten Kirche von Adelboden dokumentiert. Diese bot zweifellos Anlass zu Fenster- und Wappengaben. Verschiedene der von Pfarrer Gerwer im 19. Jahrhundert dort angetroffenen Scheiben werden somit wohl in den Jahren um und nach 1625 in die Kirche gelangt sein. Dazu gehörten offenbar jene Glasgemälde, woraus sich die hier zur Diskussion stehenden Fragmente erhalten haben. Diese lassen sich stilistisch in diese Zeit datieren und mehrheitlich sogar Kaspar Lohner, einem damaligen Glasmaler aus Thun, zuordnen.
Um 1850 befanden sich die alten, mit Glasmalereien geschmückten Fenster im Kirchenchor in einem äusserst schlechten Zustand. 1854 entschloss man sich deshalb, an ihrer Stelle neue Fenster einzusetzen. Infolgedessen kam es damals zum Ausbau der "gemalten Kirchenfensterscheiben", die laut den Akten des Kirchenvorstandes 1855 offenbar ins Archiv der Sakristei ausgelagert wurden. Ob sie nach Abschluss der Fenstererneuerung nochmals in die Kirche kamen, ist zwar ungewiss. Gemäss den genannten Akten müssen sie vom Kirchenvorstand zu einem späteren Zeitpunkt aber an einen "Antiquitätensammler Bürki verramscht" worden sein. Damit gemeint sein kann nur Friedrich Bürki (1819–1880) aus Bern (die Angaben aus den Akten des Kirchenvorstandes Adelboden wurden von Jakob Pieren, Adelboden, zur Verfügung gestellt).
Datierung
um 1625
Zeitraum
1625 – 1650
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1929 Bernisches Historisches Museum
Inventarnummer
BHM 20038