Forschung
Bei dem dargestellten Mönch muss es sich um den in einer vornehmen Kölner Familie geborenen Stifter des Kartäuserordens handeln. Der hl. Bruno erhielt seine scholastische Ausbildung in Reims. Er zog sich bald in ein einsames Gebiet im Bistum Langres zurück und gründete um 1084 in einer “Cartusia” genannten Wildnis bei Grenoble ein kleines Bethaus mit sechs einzelnen Zellen. Papst Urban II. berief ihn 1090 nach Rom. Die Bischofwürde von Reggio lehnte Bruno ab. In Kalabrien gründete er das erste grosse Kartäuserkloster La Torre, wo er 1101 starb. Da Bruno erst 1514 selig und 1623 heilig gesprochen wurde, entstanden Darstellungen erst seit dem 16. Jahrhundert. Der Heilige trägt seine weisse Ordenstracht mit Kapuze. Er wird meistens mit einem Olivenzweig dargestellt, der in einem gut verbreiteten Kupferstich mit dem Psalm “Ego sicut olivia fructifera in Domo Dei” (Ps. 52 [51],10: Ich aber bin wie ein Ölbaum, grünend im Haus meines Gottes) begründet liegt (Braun 1943. Sp. 154–157; LCI 5, 1973. Sp. 447–490). Der hier gezeigte Lilienzweig weist über das segensreiche Wirken des Heiligen hinaus wohl auf sein tadelloses Leben hin. Leider ist ungeklärt, aus welchem Zusammenhang das vorliegende Scheibchen stammt. Möglicherweise kam der hl. Bruno als Namensheiliger eines Stifters zur Darstellung; sehr gut denkbar ist aber auch ein Zusammenhang mit der Kartause La Valsainte, die 1295 durch Girard I. von Corbières gegründet worden war, oder mit der Kartause La Part-Dieu bei Bulle.
Die im Inventar des Museums als hl. Bernhard betitelte und ans Ende des 17. Jahrhunderts datierte Scheibe entstand sicher früher, Anfang des 16. Jahrhunderts, in einer unbekannten Westschweizer Werkstatt.
Datierung
Anfang 16. Jahrhundert
Zeitraum
1500 – 1520
Eingangsdatum
Unbekannt
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
Inventarnummer
MAHF 4385