Forschung
Das Bestreben, durch den perspektivischen Rahmen dem Glasgemälde Tiefe zu verleihen, zeugt von den neuen Stileinflüssen der Renaissance. Der Sockel ist durchgehend, und Wappen und Schildhalter stehen nicht mehr auf einem Rasenboden oder einem schmalen Balken, der die Inschrift trägt, sondern nehmen unter dem in Untersicht wiedergegebenen Triumphbogen Platz (vgl. Schneeli 1896. S. 88–89).
Die Wappen des Königs von Frankreich und des Hauses Savoyen (FR_35) gehören zu den ungewöhnlichen Scheiben des Kantons. Laut Museums-Inventar und -Katalog aus dem Jahre 1927 stammen die beiden Scheiben jedoch aus dem Schloss von Greyerz. Die engen Beziehungen der Grafen von Greyerz zum savoyischen Lehnsherr und französischen Herrscherhaus sprechen dafür, dass sie ursprünglich dem Grafen Jean II de Gruyère (1514–1539) gestiftet wurden (vgl. FR_35 Dagegen steht die von Lehmann geäusserte These, die Scheiben stammten aus dem Unterwallis, dies aufgrund des Kreuzbanners des Klosters Saint-Maurice [FR_35], das mit dem Hause Savoyen ebenfalls stark verbunden war. Lehmann 1906–1912. S. 420 [wohl ohne die Kenntnis der Provenienz-Angabe des MAHF-Katalogs]).
Die beiden Stiftungen des savoyischen und französischen Herrscherhauses stehen innerhalb der eidgenössischen kleinformatigen Glasmalerei isoliert da, bilden aber mit anderen, aus den ehemals savoyischen Herrschaftsgebieten stammenden Einzelscheiben im Kanton Freiburg eine einheitliche stilistische Gruppe (vgl. dazu Bergmann 2014. S. 406–412, FR_36, FR_37, FR_38, FR_44, FR_291, FR_346). Die teigigen, mit Schwarzlot und Silbergelb gemalten Renaissancearchitekturen wirken fremd im Vergleich mit der 1529, d. h. nur fünf Jahre zuvor gestifteten Wappenscheibe König Franz I. im Bernischen Historischen Museum, die dem Berner Glasmaler Hans Funk zugeschrieben wird (BHM 32592. Aus der Sammlung Bürki. Auktion Elie Wolf 1881, Nr. 360; Lehmann ASA 1916. S. 54, Abb. 1; Bergmann 2005. S. 55, Abb. 70; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 34.1; BE_1446). Die schwellenden, üppigen und bunten Formen der Scheibe Funks finden sich hier nicht. Gustav Schneeli wies bereits 1896 die beiden Scheiben aus Greyerz einem Glasmaler im französischen, eventuell burgundisch-niederländischen bzw. savoyischen Raum zu. Die Beziehungen dieser Einzelscheiben zu den monumentalen, heute in der Nikolauskirche eingebauten Kirchenfenstern aus der Kirche in Carignan (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 1, 86 und 289), zu Werken also, die aus dem Umkreis des Lausanner Bischofs Aymon de Montfalcon stammen, lassen vermuten, der Glasmaler sei dort tätig gewesen. Schon um 1459/60 hatte ein niederländisch geschulter Meister, der in Lausanne ansässige Glasmaler Agnus Drapeir, für die Herzöge von Savoyen mit den Ostfenstern der Kollegiatskirche in Romont ein bedeutendes, mit Grisaillefarben und Silbergelb bemaltes Werk geschaffen, welches die Himmelfahrt Mariens und die Verkündigung darstellt (Beer 1965. S. 201–214; Andrey 1996, 77–80; Glasmalerei aus acht Jahrhunderten 1997. S. 156–157). Um 1530 war in Lausanne der Glasmaler Etienne Chappuis tätig, der mit einem Mitarbeiter auch die Rose der Kathedrale in Lausanne restaurierte, u. a. den Kopf der “Terra-Allegorie”, der auffallende Ähnlichkeiten mit den Figuren der Wappenscheibe des Königs von Frankreich und der ihr anschliessenden Werke aufweist. Er dürfte damit als Autor einer ganzen Werkgruppe im Kanton Freiburg am ehesten in Betracht kommen (vgl. ausführlicher Bergmann 2014. Bd. 1. S. 410–412).
1876 wurde von Glasmaler Johann Heinrich Müller in Bern ein Fenster geschaffen, das als Rahmung für die Wappenscheiben Frankreichs, Savoyens sowie der Stadt und Republik Freiburg und zur Ausstellung im 1. Stock des Lyzeums dienen sollte (StAF TP Ic 24 Direction des Travaux publics, Correspondance 1876, p. 73, Nr. 108 [24.2.1876]: Der Staatsrat erteilt die Erlaubnis). Zwei Pläne für den Einbau der Scheiben haben sich im Fonds Müller erhalten, der sich als Depositum im Vitrocentre in Romont befindet (vgl. FR_31, Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 31.1 und Bd. 1. Abb. 310).
Datierung
1534
Eingangsdatum
1876
StifterIn
Franz I. König von Frankreich
Schenker*in / Verkäufer*in
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
1876 aus dem Schloss Greyerz erworben. Heute wieder als Leihgabe dort ausgestellt.
Inventarnummer
MAHF 3529