Forschung
Petermann oder Peter der Jüngere war Sohn des Niklaus von Praroman und der Barbara Techtermann (vgl. FR_48, FR_239) und ist seit dem 8.9.1557 quellenmässig bezeugt. Peter war 1579–1584 Grossrat, 1584–1607 und 1620–1622 Sechziger sowie 1608–1620 Kleinrat. 1583–1588 amtete er auch als Vogt von Greyerz. 1577 ehelichte er die Tochter Ludwig von Affrys († 1608), Elisabeth (* 1561), die jedoch schon am 14.7.1590 verstarb. Nach dem 6.4.1608 war er mit Elisabeth Schneuwly von Freiburg verheiratet, die der Glaser Emo Ziegler als Witwe hinterlassen hatte (vgl. FR_86) und die in dritter Ehe – nach dem Tod Petermann von Praromans im April 1622 – Rudolf Reynold heiratete. Sie starb 1628/29. Ein Bildnis des Stifters, vom Maler François Darly aus Tours († 1616/17) signiert und 1598 datiert, befindet sich in Privatbesitz (Portraits anciens 1945. S. 7, Nr. 34).
Die im Oberbild der Scheibe dargestellte alttestamentarische Geschichte von Esther (Est I–V) fand auch in den mittelalterlichen Gesta Romanorum ihren Niederschlag (Trillitzsch 1973. S. 411–412). Die Frau des Perserkönigs Ahasverus war die Ziehtochter des Juden Mardochai. Eine vom ehrgeizigen Grosswesir Haman geplante Judenvernichtung konnte Esther durch ihre bedachtsame Fürsprache beim König verhindern, obwohl sie dabei ihr eigenes Leben gefährdete, da sie dabei ihre bislang verschwiegene Herkunft aufdeckte. Esther entlarvte Haman, der daraufhin zum Tode verurteilt wurde. In der mittelalterlichen Auslegung wurde ihre Geschichte als Sieg der Demut (Humilitas) über den Hochmut (Superbia) gefeiert. Esther selbst galt als Sinnbild der Kirche (Ecclesia), als Braut Christi und Vorbild Mariens. Ihr demütiges und besonnenes Verhalten machten sie zum Beispiel der Geduld (Patientia) und Mässigkeit (Temperantia). Sie gehört zusammen mit Judith und Jael auch zu den drei Heldinnen des Alten Testaments. Ihre Geschichte wurde seit dem 16. Jahrhundert in zahlreichen Schauspielen der Jesuiten aufgeführt und erlangte in der italienischen Renaissance politische Dimensionen als Beispiel des Gemeinwohls (Galerie der Starken Frauen 1995. S. 228–229).
Die Scheibe stammt zusammen mit jener Christoph von Praromans (FR_59), die zwar drei Jahre früher datiert ist, aus stilistischen Gründen aber vom gleichen Glasmaler geschaffen sein muss, aus dem Schloss Givisiez, das zu jener Zeit baulich erweitert worden war. Die Stiftung wird dem damaligen Schlossbesitzer und Schwiegervater Peters bzw. dem Vater Elisabeths, Ludwig von Affry, gegolten haben.
Das vermeintliche Monogramm des Glasmalers I K, aufgrund dessen die Scheibe und andere verwandte Glasgemälde dem Glaser Jakob Kessler d. Ä. zugeschrieben wurden, (vgl. Korrespondenz zwischen Max de Techtermann und Josef Zemp im Juni 1903 und Copies des lettres 27.6.1903 im Archiv des MAHF) entpuppt sich allerdings bei genauer Betrachtung als Struktur des Bretterbodens, auf dem die Wappen stehen. Das Glasgemälde gehört stilistisch jener Gruppe an, die aufgrund zweier Monogramme CH dem Glasmaler Christoph Heilmann zugeschrieben werden können (vgl. FR_7, FR_268). Aus dem Schloss Givisiez soll noch eine dritte Scheibe stammen, die schon 1899 von M. de Boccard an das Musée d’art et d’histoire in Genf verkauft wurde (MAH Inv. 11925. 31 x 22 cm, Mayor 1898–1904. S. 169–174, pl. IV und V; ASA NF 1, 1899. S. 99–100; Emotion(s) 2008. S. 31–32, Abb. 35; Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 196). Die 1584 datierte Scheibe zeigt annähernd das gleiche Format und wurde sicher vom gleichen Glasmaler geschaffen. Sie ist eine Stiftung des Herren von Batie-Lullin, Gaspard de Genève, der 1584 bei den Verhandlungen zum Bündnis der Stände Bern, Zürich und Genf das Herzogtum Savoyen vertrat. Wie die katholischen Abgeordneten Freiburgs stand er dem Bündnis skeptisch gegenüber.
Datierung
1580
Eingangsdatum
1902/03
StifterIn
Praroman, Peter von (um 1558–1622) · Affry, Elisabeth von (1561–1590)
Schenker*in / Verkäufer*in
Hubert de Boccard in Givisiez
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
Aus dem Besitz von Hubert de Boccard von Givisiez 1902/03 erworben. Aus dem Schloss von Givisiez. Heute als Leihgabe im Schloss Greyerz ausgestellt.
Inventarnummer
MAHF 3490