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FR_79: Wappenscheibe Hans Keller 1601
(FR_Freiburg_MAHF_FR_79)

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Titel

Wappenscheibe Hans Keller 1601

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1601

Ikonografie

Beschreibung

In einem Kreis, der im oberen Teil von einem Blattkranz gebildet wird, schwebt das Vollwappen des Stifters vor blauem Damastgrund. Das mit Birnen behangene Feston ist mit blau-goldenen Bändern umwickelt und im Scheitel mit einer maskengeschmückten Kartusche versehen. An das Rund schliessen sich oben und seitlich drei violette Rollwerkkartuschen an, deren Mitte von grimmig blickenden Fratzen eingenommen wird. Sie trennen die in den Zwickeln vor den Rahmenarchitekturen mit Rollwerk und Fruchtdekor sitzenden weiblichen Tugenden. Die Klugheit (Prudentia) oben links in gelbem Gewand und blauem Mantel schaut in den gewölbten Spiegel, den sie mit gestrecktem Arm vor sich hält. Um ihren rechten Arm windet sich eine Schlange. Die Hoffnung (Spes) oben rechts in blauem Gewand ist mit dem Anker dargestellt. Die Stärke (Fortitudo) in Rüstung mit Helm und Brustpanzer sowie rotem Rock sitzt auf einem Kissen und hält in den Armen die zerbrochene Säule. Die Liebe (Caritas) in blauem und rotbraunem Gewand ist von zwei mit Früchten und Vögeln spielenden nackten Kindern umgeben. Am Fuss der Scheibe steht in einer blau-gelben Rollwerkkartusche vor farblosem Grund die Stifterinschrift.

Iconclass Code
11M32 · Hoffnung, Spes (Ripa: Speranza divina e certa), als eine der drei theologischen Tugenden
11M33 · (Nächsten)liebe, Caritas (Ripa: Carità) als eine der drei theologischen Tugenden
11M41 · Klugheit, Prudentia (Ripa: Prudenza), als eine der vier Kardinaltugenden
11M43 · Stärke, Fortitudo, als eine der vier Kardinaltugenden
46A122(KELLER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (KELLER)
5(+11) · abstrakte Ideen und Konzeptionen (+ eine abstrakte Konzeption wird durch eine weibliche Figur verkörpert)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Keller: In Rot zwei gekreuzte silberne Schlüssel, dazwischen ein silberner Doppelhaken; Helm:
silbern mit goldenen Beschlägen; Helmdecke: rot und silbern; Helmzier: ein aus dem zurückgekrempelten
Hemd wachsender silberner Vorderarm, einen silbernen Schlüssel haltend.

Inschrift

Stifterinschrift: H. Hans Keller / der Zÿtt Venner / zu Frÿburg / 1601.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Wenige Notbleie. Eine sehr kleine Ergänzung unter der rechten Seitenkartusche.

Technik

Farbloses, violettes und braunrotes Glas. Rotes Überfangglas, z. T. mit rückseitigem Ausschliff. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb, jeweils in verschiedenen Farbstufen sowie blauen Schmelzfarben.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Hans Keller war seit 1587 Bürger von Freiburg. Von Beruf war er Arzt und Chirurg, zudem besass er 1584–1591 den Status des Stadtwundarztes und 1599–1614 des Stadtarztes. In Wallenried gehörten ihm etliche Güter (StAF RM 163, 1612, p. 106 [24.2.1612]). Am politischen Geschehen seiner Stadt nahm er regen Anteil. 1586 kam er für das Neustadtquartier in den Rat der Zweihundert und siedelte 1588 ins Spitalquartier über. Der 1593 zum Sechziger aufgestiegene Staatsmann wurde 1594 Heimlicher, amtete 1594–1599 als Vogt von Corbières und ab 1600 als Venner des Spitalquartiers. Schliesslich gelangte Hans Keller 1604 in den Kleinen Rat. Er hielt dieses Amt bis zu seinem Tod am 16.9.1625 inne.
Von Hans Keller befindet sich eine gleichzeitige Wappenscheibe kleineren Formats ebenfalls im Freiburger Museum (FR_80).
Die allegorischen Figuren gehen auf die gleiche Vorlage zurück, der auch die Scheibe für Christoph von Ligerz 1597 folgt (FR_68). Das ursprüngliche Vorbild ist sicher bei dem Zürcher Glasmaler Christoph Murer zu suchen und wurde wahrscheinlich über die Berner Glasmaler nach Freiburg vermittelt (Vgl. FR_68; Hasler 1996/1997. Bd. II. S. 58–59).
Die Scheibe wurde im Thieme-Becker-Lexikon Hans Tuppin, in der Fotothek des Schweizerischen Nationalmuseums und von Bernhard Anderes (Nachlass im Vitrocentre, Romont) Christoph Heilmann zugeschrieben. Verglichen mit der oben erwähnten Scheibenstiftung Christoph von Ligerz’ muss hier jedoch ein anderer, jüngerer Glasmaler am Werk gewesen sein, der unter Einfluss des Monogrammisten CH einen weicheren Figurenstil entwickelte. Ob es sich dabei um den Glasmaler Claude Haas handeln könnte, dessen Zusammenarbeit mit Christoph Heilmann belegbar ist, oder vielleicht um Peter Heinricher, bleibt vorerst Hypothese. Auf letzteren dürfte der stilistische Zusammenhang des Glasgemäldes mit der Scheibe des Hauptmanns Peter Gurnel von 1601 im Musée Grobet-Labadié in Marseille hinweisen, die aufgrund einer archivalischen Quelle am ehesten Peter Heinricher zugeschrieben werden darf (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 204). Neben dem Figurenstil weist auch der Schriftcharakter der Scheibe auf den gleichen Meister.
Möglicherweise gehört die Scheibenstiftung Kellers zu den vier grossen Wappenscheiben, die 1875 aus der Nikolauskirche Freiburg ins Museum transferiert wurden (s. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 125–126 und FR_81).

Datierung
1601
Eingangsdatum
Unbekannt (vor 1882)
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Vorbesitzer*in

Unbekannt. Vor 1882 erworben.

Inventarnummer
MAHF 3506

Bibliografie und Quellen

Literatur

Grangier, Louis. Catalogue du Musée cantonal de Fribourg. Fribourg 1882. S. 104, Nr. 294.

Grangier, Louis. Catalogue du Musée Marcello et des autres oeuvres d’art faisant partie du Musée cantonal de Fribourg. Fribourg 1887. S. 26, Nr. E 9.

Catalogue du Musée Cantonal des Beaux-Arts et d’Antiquités Fribourg. Répertoire général. 1909 ff. (Handschriftlicher Katalog Archiv MAHF) Nr. 160.

Catalogue des vitraux de familles fribourgeoises propriété du Musée cantonal, dressé par Alfred Weitzel en 1909. Manuskript mit Wappenzeichnungen. (Staatsarchiv Freiburg Ma 11), unpag.

P[eissard], N[icolas]. Catalogue des vitraux armoriés exposés dans les galeries. Fribourg 1927. S. 7 (10me fenêtre).

Thieme, Ulrich und Felix Becker. Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Bd. 33, 1939. S. 480 (Hans Tuppin).

Vevey-L’Hardy, Hubert de. Armorial du Canton de Fribourg. Orné de 166 dessins du peintre Eugène Reichlen. 3 Bde. Fribourg 1935–1943. Réimpression Genève 1978. Bd. II. 1938. S. 68, Abb. 88 (Wappen Keller).

Vitraux héraldiques fribourgeois (Exposition Romont, Musée du Vitrail du 28 février au 10 avril 1988). Romont 1988. Nr. 6.

Hasler, Rolf. Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum. 2 Bde. Bern 1996–1997. Bd. II. S. 59.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 79.

Vgl.

Amman, François-Nicolas. Extraits des Besatzungen 1448–1840 (Staatsarchiv Freiburg Rg 1). S.19, 61, 150, 248, 303, 379.

Weitzel, Alfred. Répertoire général des familles dont les membres ont occupé les fonctions baillivales. In: Archives de la Société d’Histoire du Canton de Fribourg 10, 1915. S. 480, 536.

Vevey, Hubert de. Les anciens Ex-libris fribourgeois armoriés. Fribourg 1923.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) IV, 1927. S. 469, Nr. 3.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) IV, 1928. S. 336, Nr. 3.

Galbreath, D. L. Armorial vaudois. 2 Bde. Baugy sur Clarens 1934–1936.

Isler-de-Jongh, Ariane. Les cadres architecturaux dans les vitraux suisses aux 16e et 17e siècles: questions d’iconographie et scénographie. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 59, 2002, p. 25–40.

Foerster, Hubert. Liste alphabétique et chronologique des avoyers, baillis, bannerets, bourgmestres, conseillers, membres des 60 et des 200, péagers de la Singine, secrétaires du Conseil et trésoriers 1399–1798. Fribourg 2008. (Staatsarchiv Freiburg Rg 3). S. 101.

Bosson, Alain. Docteur! Dictionnaire biographique des médecins fribourgeois (1311–1960), précédé de Médecine et santé dans le canton de Fribourg, recueil d’études. (Archives de la Société d’Histoire du Canton de Fribourg, n. s. 3) Fribourg 2009. S. 472.

Staatsarchiv Freiburg (StAF): Ratsmanuale (RM).

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich 6348

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Freiburg_MAHF_FR_79
Fotonachweise
© MAHF (Foto: Primula Bosshard)
Copyright
© Musée d'art et d'histoire Fribourg (MAHF)
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Inventar

Referenznummer
FR_79
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016