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FR_90: Wappenscheibe Wilhelm Rusch 1612
(FR_Freiburg_MAHF_FR_90)

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Titel

Wappenscheibe Wilhelm Rusch 1612

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1612

Ikonografie

Beschreibung

Auf gelbem Boden und vor Rankengrund erhebt sich das volle Wappen des Stifters. Unter einer Fussleiste steht vor farblosem Grund die Stifterinschrift. Eine randständige Leiste nimmt die vier Verse eines Gebetes auf.

Iconclass Code
46A122(RUSCH) · Wappenschild, heraldisches Symbol (RUSCH)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Rusch: In Schwarz ein silberner Fluss, daraus ein wachsender doppelschwänziger goldener Löwe; Helm: silbern mit goldenen Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: schwarz und golden; Helmzier: über gold-schwarzem Wulst der wachsende Löwe des Schildbildes.

Inschrift

Stifterinschrift: Wilhelm Rusch Bÿxen / Schmidt zů Frÿburg / 1612.
Umschrift: O min Gott ich biitt dich In mim gebätt erher mich Versich mir din barmhertzigkeit Das ich Erlang die Selligkeitt Amen.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Mehrere Notbleie.

Technik

Farbloser Rundmonolith. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb sowie wenig Eisenrot oder Rotlot.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Wilhelm Ruesch oder Rusch, der Büchsenmacher, eröffnete 1609 eine Werkstatt in Freiburg. Er bat die Obrigkeit aus diesem Anlass um eine finanzielle Starthilfe, die ihm nach Präsentation angemessener Bürgen und nach Examen seiner Arbeit gewährt wurde (StAF RM 160, 1609, p. 320 [30.7.1609]. Zu Rusch s. auch Schneider 1976. S. 232). Rusch wurde bei den Schmieden zünftig und wohnte in der Neustadt (StAF Corporations 10.1, fol. 450v. Stadtsachen C no. 137: Liste des habitants du quartier de la Neuveville [2.12.1637]: Wilhelm Rusch, 1 sohn 1 magt.). 1610 arbeitete bei ihm der Büchsenmachergeselle Jakob Meyer von Luzern (StAF RM 161, 1610, p. 359 [25.8.1610] und p. 372 [31.8.1610]). Offenbar war man mit seiner Arbeit zufrieden, denn 1611 erhielt der “Büchsenschmid Wilhelm Rausch” von der Stadt Freiburg ein Fenster mit dem Wappen, 1621 Holz an seinen Bau und 1630 nochmals einen Beitrag an ein Fenster (StAF SR 406, 1611/I, p. 106 und SR 426, 1630/II, p. 28. RM 172, 1621, p. 371 [19.8.1621]). 1626 erstellte er neun Musketen und zwei Doppelhalkenbüchsen zum Preis von insgesamt 345 Pfund (StAF SR 422, 1626/II. p. 25). Noch 1648 erscheint er bzw. sein Geselle in den Ausgaben des Klosters Hauterive (StAF Z 746 Journalier 1648, p. 6). Wilhelm Rusch wird bald darauf gestorben sein (Am 16.6.1649 wird er als verstorben bezeichnet. StAF RM 200, 1649, p. 248). Er war mit Margaretha Bossart verheiratet, mit der er 1615 und 1623 eine Tochter und einen Sohn zur Taufe brachte (StAF Taufbuch IIa 4a, p. 128 und IIa 5a, p. 39. Ruschs Schwester war mit Niklaus Piccand verheiratet. Vgl. RM 160, 1609, p. 401 [26.10.1609]; RM 161, 1610, p. 429 [8.10.1610]). Seine in der Scheibe unerwähnt gebliebene Frau stammte aus Luzern und war eine Tochter Ursula Bossarts, geborener Suter, die sich 1610 und 1612 über seine schlechte Behandlung beschwerte (StAF RM 161, 1610, p. 490 [8.11.1610]; RM 163, 1612, p. 60 [7.2.1612], p. 76 [13.2.1612]. Ursula Suter [†1624] hatte zwei Schwestern: Annili, die in Zürich mit Gerhart Strohmeyer verheiratet war, und Cathrin, deren Tochter Jacobe in Bern mit Beat Hüsler verehelicht war. Vgl. Missivenbuch 38, 1622–1632, p. 309 und 745. Zu den Entgleisungen Margartha Bossarts vgl. Thurnrodel 11, p. 350–351 [13.11.1623] und Thurnrodel 12, p. 90–91, p. 96 und ff. [18./19.2.1627 und ff.]). Die Grossmutter Wilhelm Ruschs war mit Heinrich (Hans?) Purenkönig verheiratet gewesen, gegen den sich der Büchsenmacher ebenfalls sehr unmenschlich verhielt, da er ihn schlug und aus dem Haus verstiess (StAF RM 162, 1612, p. 502–503 [22.10.1612] und p. 515 [26.10.1612]. RM 163, 1612, p. 204 [5.4.1612]). Der offenbar taube Rusch ist über Jahre hinweg als zänkischer, jähzorniger und gewalttätiger Ehemann bezeugt, der seine Frau, die ihm mehrfach zu entfliehen suchte, in Alkoholsucht und Kriminalität trieb (StAF RM 163, 1612, p. 525 [31.10.1612] und p. 534 [8.10.1612]; RM 169, 1618, p. 340 [7.6.1618]; RM 170, 1619, p. 22 [11.1.1619], p. 363 [1.7.1619]). 1633 fiel dem Büchsenmeister beim Übungsschiessen eine Granate aufs Salzhaus, die vor dem Murtentor ein Feuer und Panik auslöste. Da er sich entschuldigte und offenbar kein anderer Meister seines Fachs abrufbar war, entliess man ihn aus dem Gefängnis, belegte ihn jedoch mit einer stattlichen Busse von hundert Pfund (StAF RM 184, 1633, p. 81–82 [24.2.1633], p. 88 [28.2.1633] und p. 91 [1.3.1633]). Bei Ruschs Tod war sein Sohn bereits verstorben und seine Ehefrau, über die das Gerücht umging, sie sei in Trachselwald gehängt worden, blieb verschwunden. Somit ging die Erbschaft an die Ehefrau Johann Tornares, d.h. an die Tochter des Glasers Martin Guidola (vgl. Bergmann 2014. S. 274), obwohl verschiedene Verwandte seiner Ehefrau Bossart, die Bernerin Jacobe Ydt und der Messerschmied Beat Hüsler von Vevey, ebenfalls Anspruch auf das Familiengut erhoben (Zu den Erbstreitigkeiten und dem Schicksal der Ehefrau vgl. StAF RM 200, 1649, p. 320 [27.8.1649], p. 442–443 [16.11.1649], p. 452 [19.11.1649], p. 502 [13.12.1649]; RM 201, 1650, fol. 30v [5.2.1650], fol. 65v [7.3.1650], fol. 67r [8.3.1650], fol. 78v [14.3.1650]).
In der Zeichnung des Löwen und dem Duktus der Inschrift schliesst sich das Wappenscheibchen direkt an die Freiburger Standesscheibe von 1611 (FR_89) an. Es gelangte 1885 aus der Pfarrei La Roche ins Museum. Ob es jedoch ursprünglich aus der Kapelle Notre-Dame-de-Compassion stammt, ist nicht völlig gesichert.

Datierung
1612
Eingangsdatum
1885
Schenker*in / Verkäufer*in

Pfarrei La Roche

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Vorbesitzer*in

1885 aus der Pfarrei La Roche erworben.

Inventarnummer
MAHF 3523

Bibliografie und Quellen

Literatur

Grangier, Louis. Catalogue du Musée Marcello et des autres oeuvres d’art faisant partie du Musée cantonal de Fribourg. Fribourg 1887. S. 30, Nr. 70,1.

Catalogue du Musée Cantonal des Beaux-Arts et d’Antiquités Fribourg. Répertoire général. 1909 ff. (Handschriftlicher Katalog Archiv MAHF) Nr. 75.

Catalogue des vitraux de familles fribourgeoises propriété du Musée cantonal, dressé par Alfred Weitzel en 1909. Manuskript mit Wappenzeichnungen. (Staatsarchiv Freiburg Ma 11), unpag.

P[eissard], N[icolas]. Catalogue des vitraux armoriés exposés dans les galeries. Fribourg 1927. S. 15 (23me fenêtre).

Des Neiges, Jean. Au Pays de la Roche. A la mémoire de nos aïeux en souvenir du troisième centenaire de la fondation de la paroisse 1656–1956. o. O. o. J. [1956]. S. 182.

La Roche, autrefois et aujourd’hui. Éd. par l’Association des Rochois d’ici et d’ailleurs. La Roche 1998. S. 256, Abb. S. 257.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 90.

Vgl.

Schneider, Hugo. Schweizer Waffenschmiede vom 15. bis 20. Jahrhundert. Zürich 1976. S. 232.

Staatsarchiv Freiburg (StAF): Ratsmanuale (RM), Seckelmeisterrechnungen (SR), Corporations, Stadtsachen, Rechnungen Kloster Hauterive, Taufbücher St. Nikolaus, Missivenbücher, Thurnrodel.

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Freiburg_MAHF_FR_90
Fotonachweise
© MAHF (Foto: Primula Bosshard)
Copyright
© Musée d'art et d'histoire Fribourg (MAHF)
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Inventar

Referenznummer
FR_90
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016