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FR_108: Wappenscheibe der Äbtissin der Magerau Anna Techtermann 1629
(FR_Freiburg_MAHF_FR_108)

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Titel

Wappenscheibe der Äbtissin der Magerau Anna Techtermann 1629

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Schnell, Sebastian · zugeschrieben
Datierung
1629

Ikonografie

Beschreibung

Das vom Pedum durchsteckte gevierte Wappen der Stifterin ist vor blauen kleinblättrigen Rankengrund gesetzt. An den Seiten stehen vor den breiten Rahmenpilastern links die hl. Anna als Namenspatronin Anna Techtermanns und rechts der hl. Bernhard von Clairvaux als Klosterheiliger der Zisterzienser. Die Oberbilder stellen – durch puttenkopfverzierte rote Voluten getrennt – die Lactatio (Milchspendung) dar: Rechts kniet der hl. Bernhard in der Halle eines durch Säulen angedeuteten Gebäudes. Maria thront links mit dem Kind vor einem Vorhang, neben dem eine Lilienvase auf die unbefleckte Empfängnis anspielt. Auf das Gebet des hl. Zisterziensers "mostra te esse matrem" (zeige, dass Du die Mutter bist), benetzt Maria seine Lippen mit ihrer Milch. Am Fuss der Scheibe bewachen zwei mit Schilden bewehrte Putten die blaue Rollwerkkartusche mit der Stifterinschrift auf farblosem Grund. Zu Füssen der hl. Anna stand ehemals sicher die kindlich kleine Maria an der Stelle, die heute durch Flickstücke gestört ist.

Iconclass Code
11H(BERNARD) · Bernhard von Clairvaux, Zisterziensermönch und Abt; mögliche Attribute: Bienenstock, angeketteter Drachen, Kruzifix, Kreuz mit Leidenswerkzeugen, Mitra (dreifach), weißer Hund
11H(BERNARD)342 · der hl. Bernhard von Clairvaux kniet vor der Jungfrau Maria, aus deren Brust Milch herausspritzt, die die Lippen des Heiligen benetzt (lactatio)
11HH(ANNA) · Anna, Mutter der Maria; mögliche Attribute: Buch, Christuskind, Lilie, Maria
44A1(+6) · Wappen (als Staatssymbol etc.) (+ Kirche, Kloster; ekklesiastische Gemeinschaft)
46A122(TECHTERMANN) · Wappenschild, heraldisches Symbol (TECHTERMANN)
73A221 · Anna selbdritt: Anna, Maria und das Christuskind als Figurengruppe
92D1916 · Amoretten, Putten; amores, amoretti, putti
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Äbtissin Anna Techtermann: Geviert, 1 und 4: in Rot ein goldener Schrägbalken, beseitet von zwei schreitenden goldenen Löwen (Kiburg), 2 und 3 in Gold eine schräggestellte blaue Pflugschar (Techtermann); Herzschild: in Schwarz ein rot-silbern geschachter Schrägbalken (Cîteaux).

Inschrift

Stifterinschrift: ANNA TECHTERMAN: ABBA= / TISSA. IN. MACRAVGIA ANNO 1629.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Hl. Bernhard von Clairvaux rechts in unterer Partie ergänzt. Kleinere Flickstücke. Zahlreiche Notbleie und einzelne Sprünge.

Technik

Farbloses Glas. Rotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb in verschiedenen Farbstufen, Eisenrot sowie blauen und violetten Schmelzfarben.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Anna Techtermann, Tochter des hochgebildeten Staatsmannes Wilhelm Techtermann und der Françoise Gonel, legte 1603 die Profeß als Zisterzienserin in der Magerau ab und wurde schon 1607 nach der Resignation Guillauma Dupasquiers (FR_78) zur Äbtissin gewählt (Delétra-Carreras 2005. S. 281–284). Sie reformierte das Kloster und stellte dabei die Enthaltung vom Fleischgenuss an Werktagen, zahlreiche Fastentage, das Schweigen usw. wieder her. Zudem baute sie mit viel Geschick die Klostergüter aus und renovierte Kirche und Konventbauten. Als Anna Techtermann am 17.3.1654 im Alter von 77 Jahren starb, waren die Zahl der Klosterinsassinnen gestiegen und die Klosterfinanzen saniert. Ihr Grabstein rühmt sie zu Recht als "...réformatrice et restauratrice de ce monastère..." (Strub. Kdm FR II. 1956. S. 384; Delétra-Carreras 2005. Abb. 191; Lüthi 2013. Bd. II. S. 228–229).
Die Lactatio im Oberbild hat ihr Vorbild in Daniel Lindtmayers Scheibenriss für Abt Bernhard II. Müller von St. Gallen von 1601. Der Riss befindet sich heute im Bernischen Historischen Museum, in der Sammlung Wyss (Hasler 1996/1997. Bd. II. S. 156–158, Nr. 537; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 108.1).
Aus stilistischen Gründen ist die Scheibe dem aus Rorschach gebürtigen Glasmaler Sebastian Schnell zuzuschreiben, dessen Stil uns durch zahlreiche monogrammierte Werke bekannt ist. Der Schriftcharakter der Jahrzahl entspricht jener der Scheibe Python-Fegely 1627 (FR_103), der Figurenstil der Scheibe des Bischofs Johann von Wattenwyl (FR_366). Von Schnell ist zudem bekannt, dass er auch Scheibenrisse seines Schaffhauser Berufskollegen Daniel Lindtmayer benutzte (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 249).

Datierung
1629
Eingangsdatum
1902
Schenker*in / Verkäufer*in

Max de Techtermann, Freiburg

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Vorbesitzer*in

Aus der Sammlung Max de Techtermann 1902 angekauft. In seinem Inventar die Herkunft Magerau angegeben.

Inventarnummer
MAHF 3494

Bibliografie und Quellen

Literatur

Catalog der Sammlung von Glasgemälden des Herrn von H. am 15. und 16. Juni 1885 im Stadtcasino Basel. (Auktionskatalog Elie Wolf Basel) Basel 1885. S. 1, Nr. 4.

Catalogue du Musée Cantonal des Beaux-Arts et d’Antiquités Fribourg. Répertoire général. 1909 ff. (Handschriftlicher Katalog Archiv MAHF) Nr. 144.

P[eissard], N[icolas]. Catalogue des vitraux armoriés exposés dans les galeries. Fribourg 1927. S. 8 (12me fenêtre).

Boesch, Paul. Zur Geschichte der Freiburger Glasmalerei. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 13, 1952. S. 115.

Delétra-Carreras, Nuria. L’abbaye de la Maigrauge 1255–2005. 750 ans de vie. Mit deutscher Kurzfassung und Bildverweis. Fribourg 2005. Abb. 188.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 108.

Vgl.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) VI, 1931. S. 646, Nr. 12.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) VI, 1932. S. 470, Nr. 12.

Strub, Marcel. Les monuments d’art et d’histoire du canton de Fribourg. Tome II: La ville de Fribourg. (Les monuments d’art et d’histoire de la Suisse vol. 36) Bern 1956.

Sommer-Ramer, Cécile und Patrick Braun (Red.). Die Zisterzienser und Zisterzienserinnen, die reformierten Bernhardinerinnen, die Trappisten und Trappistinnen und die Wilhelmiten in der Schweiz. Helvetia Sacra. (Begründet von R. Rudolf Henggeler OSB, weitergeführt von Albert Bruckner) Abteilung III. Die Orden mit Benediktinerregel. Band 3. Zweiter Teil. Bern 1982. S. 823.

Hasler, Rolf. Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum. 2 Bde. Bern 1996–1997.

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) 12, 2013. S. 224.

Dictionnaire historique de la Suisse (DHS) 12, 2013. S. 337.

Lüthi, Dave (Direction) en collaboration avec Karina Queijo. Le marbre et la poussière: le patrimoine funéraire romand (XIVe–XVIIIe siècles): Vaud, Neuchâtel, Fribourg, Valais, Jura. 2 vol. (Cahiers d’archéologie romande 143–144) Lausanne 2013.

Diesbach de Belleroche, Benoît. Site génealogique et héraldique du canton de Fribourg: les familles du canton de Fribourg (SGHCF) URL: http://www.diesbach.com/sghcf/index/html (Techtermann am 3.4.2014).

Vorlage

Scheibenriss Daniel Lindtmayer, Wappenscheibe Abt Bernhard Müller von St. Gallen 1601, Bernisches Historisches Museum Bern, Sammlung Wyss (Oberbilder).

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Freiburg_MAHF_FR_108
Fotonachweise
© MAHF (Foto: Primula Bosshard)
Copyright
© Musée d'art et d'histoire Fribourg (MAHF)
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Inventar

Referenznummer
FR_108
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema von Wappenscheibe der Äbtissin der Magerau Anna Techtermann 1629