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FR_118: Bildscheibe Hans Ulrich Sury 1631: Ecce Homo
(FR_Freiburg_MAHF_FR_118)

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Titel

Bildscheibe Hans Ulrich Sury 1631: Ecce Homo

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Schnell, Sebastian · signiert
Datierung
1631

Ikonografie

Beschreibung

Im Mittelbild ist die Zurschaustellung des gegeisselten und geschlagenen Christus dargestellt (Jo 19, 4–15). In einem Raum mit einer mächtigen Arkade und einer Zentralsäule wird der geschundene und von Wunden gezeichnete Christus vorgeführt. Er steht vor der Säule, die Hände vor dem Leib gefesselt, mit der Linken die ihm zugesteckte Rute haltend. Ein vor der Brust geknoteter violetter Mantel verhüllt seine Blösse nur notdürftig. Pilatus weist mit der rechten Hand Christus an vorzutreten. Mit den Worten “ecce homo” (siehe, welch ein Mensch) appelliert er vergebens an das Mitleid des Volkes. Ein Hund zu Füssen des Statthalters führt mit seiner Blickrichtung den Betrachter in die Szene hinein. Drei behelmte und bewaffnete Häscher stehen im Rücken Christi. Der vorderste greift an seinen Mantel, um den später gewürfelt werden soll. Den Rahmen der Szene bilden rote Pilaster mit violetten Kapitellen, über denen ein geschweifter blauer Bogen mit geradem Abschluss ansetzt. Die Zwickel sind mit schmalen Blumenvasen besetzt. Am Fuss der Scheibe steht die Stifterinschrift zwischen den beiden vollen, von ovalen Lorbeerkränzen gerahmten Stifterwappen.

Iconclass Code
46A122(SURY) · Wappenschild, heraldisches Symbol (SURY)
46A122(WALLIER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (WALLIER)
73D36 · Pilatus zeigt Christus dem Volk; Ostentatio Christi, Ecce Homo
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Sury: In Blau über silbernem Dreiberg eine goldbebutzte silberne Blüte mit grünen Kelchblättern; Helm: silbern mit goldenen Spangen und goldener Kette; Helmdecke: blau und silbern; Helmzier: über einem goldenen Wulst ein silberner Dreiberg mit der Blüte des Schildbildes.
Wappen Wallier: Geviert, 1 und 4 in Violett ein goldener Balken, begleitet oben von einer goldenen Lilie, unten von einem sechsstrahligen goldenen Stern, 2 und 3 in Blau ein silbernes Kleeblattkreuz; Helm: silbern mit goldenen Spangen und goldener Kette; Helmdecke: blau und golden; Helmzier: über goldenem Wulst ein silberner Schwanenrumpf.

Inschrift

Stifterinschrift: Haupt.Man Hanß / Vlerich Surÿ. / Jung Rath zuo / Solothurn vnnd / f. Anna Wallÿer, sin / Ehe,,gemchell 1631.

Signatur

.SS. (unter dem rechten Wappen)

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Mehrere Sprünge und Notbleie. Drei kleine Ergänzungen in den oberen Zwickeln, davon zwei als moderne Flickstücke.

Technik

Farbloses und violettes Glas. Rotes Überfangglas, z. T. mit rückseitigem Ausschliff. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb, jeweils in verschiedenen Farbstufen, Eisenrot, blauen und violetten Schmelzfarben. Brandmarke: 9.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Nach gleicher, noch unbekannter Vorlage entstand auch eine Bildscheibe Heinrich von Ägeris 1616 im Kloster Wettingen (Hoegger 2002. S. 417–418; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 118.1). Peter Hoegger führt für diese einen in den Grundzügen des Mittelbildes ähnlich komponierten Scheibenriss Christoph Murers in Karlsruhe an, von dem er indirekt die Wettinger Bildscheibe ableitet (Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv.-Nr. XI 310. Mensger 2009. Kat.-Nr. 41c; Mensger 2012. Bd. 2. Kat.-Nr. 617). Es handelt sich hierbei allerdings nur um einen im Detail doch stark abweichenden Ausschnitt aus einer vielfigurigen Darstellung des Verhörs Christi vor Kaiphas. Die Wettinger Scheibe entspricht ikonographisch der Scheibe Surys aber so genau, dass ihnen eher eine andere, gemeinsame Kupferstichvorlage oder ein Scheibenriss zugrunde liegen müsste.
Johann Ulrich Sury wurde am 13.3.1603 als Sohn des Schultheissen Peter d. Ä. Sury († 1620) und der Barbara von Arx († 1636) in Solothurn geboren. Von 1616 an studierte er in Paris, wurde 1625 Grossrat von Solothurn, 1626 Jungrat, 1636 Leutnant und 1638 Altrat. 1639–1642 diente er als Hauptmann in französischen Diensten im Regiment Greder. Als solcher zeichnete er sich bei der spanischen Belagerung von Aire bei Calais aus. 1645 amtete Sury als Seckelmeister, 1647 als Vogt von Kriegstetten und 1651 als Venner und Vogt von Buchegg. 1652 erlangte er das höchste Amt des Schultheissen, doch hinderte ihn seine schwere Gicht oftmals an der Ausübung seines Amtes. Johann Ulrich Sury starb 1660. Er war zweimal verheiratet gewesen, seit 1624 mit Anna Wallier (16.1.1605–15.2.1635), Tochter Heinrich Walliers von Solothurn, Sekretär der französischen Ambassadoren, und in zweiter Ehe ab 1643 mit Maria Cleopha Tschudi (1606–1676), der Witwe des Landvogts von Locarno, Hans Sury. Auf Johann Ulrich und seine beiden Frauen bezieht sich ein Wappenrelief im Königshof Solothurn. Eine Wappenscheibe, die ebenfalls beide Ehefrauen einbezieht, stiftete Sury 1648 ins Kloster Olsberg (Die Arbeit eines Luzerner Glasmalers. Heute im Museum Aargau, Schloss Lenzburg Inv.-Nr. K-445. Dietschi 1940. S. 83, Nr. 200; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 118.3).
Die vorliegende Scheibe entstand gleichzeitig mit einer Scheibenstiftung des Junkers Hieronymus Wallier (1607–1678) und seiner Frau Barbara Aregger in Solothurn. Sie stellt im Mittelbild die Predigt Christi im Tempel dar (Musée des Beaux-Art, Dijon, Inv.-Nr. D 1119d. Boesch 1954/I. S. 47, Abb. 2; Recensement CV France III 1986. S. 49; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 118.2). Die ebenfalls von Sebastian Schnell monogrammierte, heute im Museum Dijon aufbewahrte Scheibe war sicher für den gleichen Standort bestimmt, der mit der Familie Wallier in Zusammenhang stand und zu einer Reihe von Glasgemälden mit Szenen aus dem Christusleben gehörte. Laut Inventar Max de Techtermanns stammt unsere Scheibe aus dem Kloster Bisemberg. Dies ist sehr wahrscheinlich, wurde es doch 1626 von Jacques Wallier (1587–1629), dem Herrn von Saint-Aubin en Vully, für eingeschlossene Tertiarinnen des Franziskanerordens gegründet. Das Kloster Bisemberg konnte 1628 bezogen und seine Kirche 1635 eingeweiht werden (Vgl. Pury 1903/I; HS V, 2, 2–VI. 1974. S. 1041–1049; Villiger 2010. S. 37; Bergmann 2014. Bd. 1. S. 140).
Sebastian Schnell schuf die Scheibe, als er schon in Sitten ansässig war (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 354). Offenbar hielt das Freiburger bzw. Solothurner Patriziat die alten Kontakte zu ihm weiterhin aufrecht, oder es hatte den Auftrag schon vergeben, als der Glasmaler noch in Freiburg weilte.

Datierung
1631
Eingangsdatum
1902
Schenker*in / Verkäufer*in

Max de Techtermann, Freiburg

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Vorbesitzer*in

Aus der Sammlung Max de Techtermann 1902 angekauft. In seinem Inventar die Herkunft als Montorge angegeben.

Inventarnummer
MAHF 3436

Bibliografie und Quellen

Literatur

Catalogue du Musée Cantonal des Beaux-Arts et d’Antiquités Fribourg. Répertoire général. 1909 ff. (Handschriftlicher Katalog Archiv MAHF) Nr. 148.

Catalogue des vitraux de familles fribourgeoises propriété du Musée cantonal, dressé par Alfred Weitzel en 1909. Manuskript mit Wappenzeichnungen. (Staatsarchiv Freiburg Ma 11), unpag.

Vevey-L’Hardy, Hubert de. Armorial du Canton de Fribourg. Orné de 166 dessins du peintre Eugène Reichlen. 3 Bde. Fribourg 1935–1943. Réimpression Genève 1978. Bd. III. 1943. S. 128.

P[eissard], N[icolas]. Catalogue des vitraux armoriés exposés dans les galeries. Fribourg 1927. S. 8 (13me fenêtre).

Dietschi, Hugo. Statistik solothurnischer Glasgemälde. 1. Teil. In: Jahrbuch für Solothurnische Geschichte. Bd. 13, 1940. S. 83, Nr. 199.

Boesch, Paul. Zur Geschichte der Freiburger Glasmalerei. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 13, 1952. S. 114.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 118.

Vgl.

Pury, Paul de. Jacques Wallier. Fondateur du couvent de Montorge. In: Archives de la Société d’Histoire du Canton de Fribourg 8, 1903, p. 287–307.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) VI, 1931. S. 613, Nr. 6.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) VI, 1932. S. 434, Nr. 6.

Borrer, Paul. Von Sury. Von Sury von Steinbrugg (ausgestorben), von Sury, Reichsritter, von Sury von Bussy, Reichsritter und Grafen, von Sury d’Aspremont, Reichsritter. Familiengeschichte. Nach den Quellen zusammengestellt und verfasst. Solothurn 1933. S. 26–27.

Dietschi, Hugo. Statistik solothurnischer Glasgemälde. 1. Teil. In: Jahrbuch für Solothurnische Geschichte. Bd. 13, 1940. S. 1–114.

Boesch, Paul. Schweizerische Glasgemälde im Ausland. Die Sammlung im Museum von Dijon. In: Archives héraldiques suisses / Schweizer Archiv für Heraldik 68, 1954. S. 44–49.

Der Franziskusorden. Die Kapuziner und Kapuzinerinnen in der Schweiz. Zweiter Teil. Die Karmeliter in der Schweiz. Helvetia Sacra. (Begründet von R. Rudolf Henggeler OSB, herausgegeben von Albert Bruckner) Abteilung V. Band 2. Zweiter Teil. Abteilung VI Die Karmeliter in der Schweiz. Bern 1974.

Les vitraux de Bourgogne, Franche-Comté et Rhône-Alpes. (Corpus Vitrearum medii aevi France. Série complémentaire. Recensement des vitraux anciens de la France, volume II) Paris 1986.

Hoegger, Peter. Glasmalerei im Kanton Aargau. Kloster Wettingen. (Corpus Vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit Bd. 1). Aarau 2002.

Mensger, Ariane. Leuchtende Beispiele. Zeichnungen für Glasgemälde aus Renaissance und Manierismus. Ausstellungskatalog Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 12.9.–15.11.2009. Karlsruhe 2009.

Villiger, Verena. Monter à Bourguillon. La mise en scène du sacré aux portes de Fribourg. In: Annales fribourgeoises 72, 2010, p. 31–42.

Mensger, Ariane. Die Scheibenrisse der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. 2 Bde. Köln 2012.

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) 12. 2013. S. 146.

Dictionnaire historique de la Suisse (DHS) 12, 2013. S. 249–250.

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Freiburg_MAHF_FR_118
Fotonachweise
© MAHF (Foto: Primula Bosshard)
Copyright
© Musée d'art et d'histoire Fribourg (MAHF)
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Inventar

Referenznummer
FR_118
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016