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FR_123: Standesscheibe Freiburg 1642
(FR_Freiburg_MAHF_FR_123)

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Titel

Standesscheibe Freiburg 1642

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1642

Ikonografie

Beschreibung

Vor blauem Rankengrund dienen zwei steigende Löwen als Schildhalter der Wappenpyramide mit den geneigten Freiburger Schilden, die vom Reichswappen und der Reichskrone überhöht sind. Der linke Löwe hält in seiner Pranke das Juliusbanner mit dem Eckquartier, das die Kreuztragung zeigt; der rechte präsentiert in beiden Pranken die Reichsinsignien Schwert und Reichsapfel. Beide setzen ihre rechte Hinterpfote auf die Freiburger Standeswappen. Ein hinter den Schildhaltern verborgener Pilaster stützt einen violetten Bogen mit einer abschliessenden Volutenkartusche. Im rechten Bogenzwickel steht als Stadtpatron der hl. Nikolaus. Er trägt über der Albe eine gelbe Dalmatika und ein blaues Pluviale, auf dem Haupt eine blaue Mitra. Mit der Rechten das Pedum umfassend, hält der Bischof in der Linken das mit drei goldenen Kugeln belegte Buch. Eine violette, blau und gelb abgesetzte Volutenkartusche nimmt am Fuss der Scheibe die Stifterinschrift vor farblosem Grund auf.

Iconclass Code
11H(NICHOLAS) · der Bischof Nikolaus von Myra (oder Bari); mögliche Attribute: Anker, Boot, drei goldene Kugeln (auf einem Buch), drei Geldbörsen, drei Kinder in einer Wanne, drei Mädchen
25F23(LION) · Raubtiere: Löwe
44A1 · Wappen (als Staatssymbol etc.)
44B193 · Kugel (als Symbol der obersten Gewalt; mit einem Kreuz bekrönt)
44B196 · Standarte (als Symbol der obersten Gewalt)
Iconclass Stichworte
Anker · Ball · Bari · Bischof · Boot · Buch · drei · Geldbeutel · Kind · Kreuz · Kugel · Loewe · Maedchen · Myra · Nikolaus (Heiliger) · Saeugetier · Standarte · Wanne · Wappen
Heraldik

Wappen Freiburg: Geteilt von Schwarz und Silber.
Wappen Reich: In Gold ein schwarzer nimbierter Doppeladler.

Inschrift

Stifterinschrift: Die lobliche Statt Frÿburg in v̈chtla̅dt / Anno 1642.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Ein Notblei. Keine Ergänzungen.
Restaurierung: 1894: Kirsch & Fleckner, Freiburg: neu verbleit.

Technik

Farbloses Glas. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb in verschiedenen Farbstufen, blauen und violetten Schmelzfarben. Brandmarke: o.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Das nahezu intakte Glasgemälde wurde 1894 vom damaligen Direktor des Landesmuseums Zürich, Heinrich Angst, für nicht authentisch gehalten, während Max de Techtermann lediglich einen kleinen Teil für modern hielt. In der Fotothek des Schweizerischen Nationalmuseums findet sich die alte Zuschreibung an Jacques Pettolaz, der jedoch – wie es die neueren Forschungen belegen – kein Glasmaler war (s. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 402). 1642 bezahlte die Obrigkeit dem Zofinger Glasmaler Hans Ulrich II. Fisch 15 halbbögige Standesscheiben. Weitere zwölf Scheiben liess sie durch einen unbenannten Glasmaler herstellen. Mit Hans Ulrich Fisch hat die vorliegende Wappenscheibe aber stilistisch sicher nichts gemein (vgl. das Werk der Glasmalerfamilie Fisch bei Hasler 1996/1997. Bd. I. S. 26–80. Die Berner Standesscheibe von 1643 in der Kirche von Unterkulm AG aus der Hand seines Bruders Hans Balthasar zeitlich am nächsten, doch stilistisch ebenfalls nicht verwandt. Hasler 2002. S. 292, Kat.-Nr. 160, Taf. S. 99). Auch Jost Hermann kann sie nicht zugeschrieben werden. In Freiburg war jedoch ausser ihm nur noch Hans Gartner als Glasmaler tätig, nachdem Johann Wäber im Juni 1640 verstorben war. Erstaunen mag jedoch, dass Gartner, falls er mit dem Hersteller des vorliegenden Glasgemäldes identisch wäre, nur wenig von der Obrigkeit beschäftigt wurde und seine Kunst als “verbesserungswürdig” galt (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 260). Der Schriftcharakter der Standesscheibe erinnert viel mehr an Scheiben, die von Jakob Wegmann (Wägmann) in Luzern geschaffen wurden (vgl. hier die für Wegmann quellenmässig gesicherte Standesscheibe Luzerns im Rathaus Bremgarten von 1627. Hasler 2002/II. S. 135–136, Kat.-Nr. 19). Typisch für diesen Glasmaler ist die nach rechts neigende Schrift mit dem langen “t” und der speziellen Majuskel “A” (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 269–271). Allerdings findet sich im bislang bekannten Werk Wegmanns kein möglicher Vergleich für die Gestaltung der Löwen (Vgl. Lehmann 1941. S. 166–190). Einzig eine Luzerner Ämterscheibe, deren freilich moderne Inschrift das Jahr 1592 anführt, zeigt sich über den Charakter der originalen Wappenbeschriftungen hinaus auch hierin stark verwandt (Ehemals in Besitz de Blonay in Grandson. Foto im Schweizerischen Archiv für Kunstgeschichte, dep. im Vitrocentre Romont; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 123.1). Es ist tatsächlich nicht auszuschliessen, dass die Freiburger Standesscheibe als Geschenk an einen entfernteren Ort von einem auswärtigen Glasmaler geschaffen wurde. 1642 stifteten die Freiburger eine Standesscheibe ins Frauenkloster Schwyz (StAF RM 193, 1642, p. 287 [3.7.1642]). Aus den Luzerner Rechnungen ist ersichtlich, dass Jakob Wegmann das grosse Wappen seiner Obrigkeit in dieses Kloster geschaffen hat (StALU COD 7120, p. 91 [zu 1643]). Denkbar ist also, dass das Kloster in Schwyz oder der Rat von Freiburg auch die Freiburger Standesscheibe bei dem Luzerner Glasmaler bestellte, der hier in seinen jungen Jahren gearbeitet hatte und seiner Leistungen wegen sicher nicht in Vergessenheit geraten war. Vielleicht ist also die erhaltene, mit den Löwen statt Heiligen zwar eher profan anmutende Freiburger Scheibe mit der archivalisch belegten Stiftung in das Kloster zu identifizieren.

Datierung
1642
Eingangsdatum
1894
Schenker*in / Verkäufer*in

W. Giese, Lausanne

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Vorbesitzer*in

1894 von W. Giese in Lausanne erworben.

Inventarnummer
MAHF 3493

Bibliografie und Quellen

Literatur

Grangier, Louis. Catalogue du Musée Marcello et des autres oeuvres d’art faisant partie du Musée cantonal de Fribourg. Fribourg 1887. S. 30, Nr. 73 (handschriftlicher Nachtrag).

Hauptmann, Felix. Das Wappen von Freiburg. In: Freiburger Geschichtsblätter 4, 1897. S. 59, Abb. 4.

Catalogue du Musée Cantonal des Beaux-Arts et d’Antiquités Fribourg. Répertoire général. 1909 ff. (Handschriftlicher Katalog Archiv MAHF) Nr. 142.

P[eissard], N[icolas]. Catalogue des vitraux armoriés exposés dans les galeries. Fribourg 1927. S. 9 (14me fenêtre).

Boesch, Paul. Zur Geschichte der Freiburger Glasmalerei. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 13, 1952. S. 115.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 123.

Vgl.

Lehmann, Hans. Die Geschichte der Luzerner Glasmalerei von den Anfängen bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts. (Luzern. Geschichte und Kultur III, 5) Luzern o. J. [1941].

Hasler, Rolf. Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum. 2 Bde. Bern 1996–1997.

Hasler, Rolf. Glasmalerei im Kanton Aargau. Kirchen und Rathäuser. (Corpus Vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit Bd. 3) Aarau 2002.

Staatsarchiv Freiburg (StAF): Ratsmanuale (RM).

Staatsarchiv Luzern (StALU): Seckelamtsrechnungen.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich 6368

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Freiburg_MAHF_FR_123
Fotonachweise
© MAHF (Foto: Primula Bosshard)
Copyright
© Musée d'art et d'histoire Fribourg (MAHF)
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Inventar

Referenznummer
FR_123
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016