Forschung
Anton Odet (20.10.1591–30.10.1648) war ein Sohn Peter Odets, der seit 1578 Besitzer des Schlosses Bürglen war. In der Altbrunnengasse wohnhaft, wurde er 1619 in den Grossen Rat gewählt. Er sass 1626–1648 im Rat der Sechzig, 1638 in der Heimlichen Kammer, amtete 1623–1628 als Siechenvogt, 1628–1633 als Vogt von Corbières und 1634–1637 als Venner des Neustadtquartiers. Anton Odet wirtete auch auf dem Haus Zum Jäger (StAF SR 419, 1623/II, p. 17. Wahrscheinlich seit dem Tod der Wirtin Margaretha Nusspengel, der Witwe Hans Thans [vgl. Bergmann 2014. S. 367]). Er war mit Katharina Than verheiratet (Ihre Verwandtschaft mit dem Glaser und Wirt zum Jäger Hans Than ist nicht zu belegen). Ihre neun Kinder wurden zwischen 1619 und 1643 getauft. Das Porträt Anton Odets, das ihn als Stadtvenner darstellt, befindet sich im Museum für Kunst und Geschichte (Inv.-Nr. MAHF 1995-65. Blanchard 1999; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 246.1).
Die blühenden Blumen, die der Erde entspriessen, sind hier sicher Ausdruck der Liebe und Freude. Als Schmuck der Jugend und Braut sind sie auch Zeichen des überwundenen Winters und beginnenden Frühlings. Darauf weist auch die Bildinschrift hin, die dem Hohelied Salomos 2,12 entnommen ist: “Blumen sind in unserer Erde erschienen”. Der Putto mit Heiligenschein ist wie der mythologische Amor mit Pfeil und Bogen gerüstet. Sicher spielen im christlichen Sinn auch Paradieseshoffnungen mit. Als Vorlage diente dem Glasmaler nämlich ein Stich Johann Sadelers (1550–1600) mit der sitzenden Muttergottes im Paradiesgarten (The Illustrated Bartsch 70 [Part 4]. 2003. S. 192; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 246.2). Der Glasmaler übernahm jedoch allein die sie begleitenden Figuren, indem er das früchtekorbtragende Mädchen der Vorlage mit Flügeln versah und dem linken Putto statt des Apfels einen Pfeilbogen in die Hand gab.
Die Scheibe besitzt ein offensichtliches Pendant in der vom Ehepaar Montenach-Reynold gestifteten allegorischen Bildscheibe, die sich heute im Vitromusée Romont befindet und die göttliche Liebe zum Thema hat (VMR_151_FR_318). Ihre ursprüngliche Herkunft ist unbekannt, und es ist anzunehmen, dass auch die Scheibe Odet-Than erst im 19. Jahrhundert über Ankauf nach Villarsel-sur-Marly kam, bevor sie ins Museum Bulle gelangte. Möglicherweise wurden die beiden Scheiben einst in ein Frauenkloster gestiftet, worauf die in ihnen ausgedrückte mystische Frömmigkeit, Brautvorstellung und Jesuskindverehrung deuten dürften (vgl. zuletzt Seelenkind 2012/13).
Unter den möglichen Glasmalern der vorliegenden Scheibe kommt am ehesten Hans Wäber in Betracht. Sebastian Schnell weilte zur Zeit der Herstellung in Willisau, der Schriftcharakter der Inschrift entspricht auch nicht den aus seiner Hand überlieferten Glasgemälden. Jakob Huser tritt erst 1629 in Freiburg auf. Der gut bekannte Stil Christoph Heilmanns und Jost Hermanns weicht deutlich von dem hier vertretenen ab. Peter Heinricher war zu diesem Zeitpunkt kaum noch als Glasmaler tätig. Schliesslich können Hans Gartner aufgrund mangelnder Anhaltspunkte kaum Werke zugeordnet werden (vgl. FR_119).
Datierung
1618
Eingangsdatum
1932
StifterIn
Odet, Anton (1591–1648) · Than, Katharina (?–?)
Schenker*in / Verkäufer*in
Familie Gendre, Villarsel-sur-Marly
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
1932 von der Familie Gendre, Villarsel-sur-Marly, erworben. Laut Inventar aus der dortigen, der hl. Familie geweihten Kapelle, die um 1932 neu errichtet wurde.
Inventarnummer
IG-4240