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VMR_151_FR_318: Allegorische Bildscheibe von Montenach-Reynold um 1628: Christus als Quell der Liebe Gottes
(FR_Romont_VMR_VMR_151_FR_318)

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Titel

Allegorische Bildscheibe von Montenach-Reynold um 1628: Christus als Quell der Liebe Gottes · Vitrail d’alliance de Montenach et Reinauldt · Vitrail allégorique de Montenach-Reynold

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
unbekannt
Wäber, Johann · vielleicht
Herstellungsort
Datierung
Um 1628

Ikonografie

Beschreibung

Das Mittelbild gibt eine allegorische Szene wieder: ein nimbiertes, gross geratenes Kind drückt eine junge Frau an seine Brust. Das ungleiche Paar befindet sich auf einem Erdhügel. Die Frau trägt ein gelbes Kleid und einen blauen Mantel. Sie kniet zu Füssen des durch den Nimbus und den violetten Umhang wohl als Christus zu deutenden Knaben und wendet sich ihm zu. Der Gestus und die Haltung des Paares kommen einer Lactatio gleich. Zwischen den rahmenden Säulen und Pilastern geht der Blick auf eine Balustrade, über der vom roten Architrav Girlanden mit Quastenenden herabhängen. Die Zwickelfelder zu Seiten des violetten Segmentbogens sind heute durch dunkelgelbe Flickstücke ergänzt. Die Stifterwappen stehen in ovalen Blattkränzen in den Ecken am Fuss der Scheibe. Sie schlossen ehemals die Inschrift und wohl auch eine erklärende Bildinschrift ein (vgl. FR_246), die heute durch Flickstücke, u. a. aus einer Anbetung der Könige, ersetzt sind.

Iconclass Code
42B41(+0) · Pero säugt Cimon (Caritas romana) (+ Variante)
46A122(MONTENACH) · Wappenschild, heraldisches Symbol (MONTENACH)
46A122(REYNOLD) · Wappenschild, heraldisches Symbol (REYNOLD)
73B57 · die Anbetung durch die Heiligen Drei Könige: sie reichen dem Christuskind ihre Geschenke (Gold, Weihrauch und Myrrhe)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Montenach: Mit goldenem Schildrand gespalten von Rot und Blau; Helm: silbern mit goldenen Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: rot und blau; Helmzier: ein Flug, geteilt von Blau und Rot in verwechselten Farben.
Wappen Reynold: Geteilt, oben in Blau ein lateinisches silbernes Kreuz, beseitet von zwei sechsstrahligen silbernen Sternen, unten fünfmal gespalten von Silber und Schwarz; Helm: silbern mit goldenen Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: schwarz und silbern; Helmzier: ein Flug, geteilt von Hell- und Dunkelblau, das lateinische silberne Kreuz einschliessend und belegt mit je einem silbernen Stern.

Inschrift

Keine

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Zahlreiche Notbleie und wenige kleinere Sprünge. Flickstücke im linken Architrav und in den Zwickeln oben sowie unten zwischen den Wappen.

Technik

Farbloses, violettes, grünes und blaues Glas. Rotes Überfangglas in verschiedenen Farbnuancen, stellenweise mit rückseitigem Ausschliff. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb in verschiedenen Farbstufen sowie blauen und violetten Schmelzfarben.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Darstellung des Mittelbildes ist inhaltlich komplex und kann im weitesten Sinne als “Caritas Dei” oder Liebe Gottes bezeichnet werden, die den Menschen durch Christus mitgeteilt wird (1 Jo 4, 8–9). Das Thema der Caritas erfährt hierin eine bisher einzigartige ikonographische Variation eines weit bekannteren Themas, das seit der Zeit des Humanismus als "Caritas Romana" bezeichnet wird. Dieses geht auf den römischen Schriftsteller Valerius Maximus zurück. Seine um 30 n. Chr. erschienene Anekdotensammlung "Factorum et dictorum memorabilium libri IX", eine Kompilation älterer und zeitgenössischer Quellen, war in der Antike, aber auch im Mittelalter bis ans Ende des 18. Jahrhunderts sehr beliebt, da die moralisierenden Erzählungen immer wieder beispielhaft für das gute und schlechte Verhalten der Menschheit angeführt wurden. Im Buch V, 4 beschreibt Valerius Maximus gleich zwei Begebenheiten der virtus romanae: eine eingekerkerte Mutter wird von ihrer Tochter gestillt, und der im Gefängnis schmachtende Athener Cimon wird von seiner Tochter Pero oder Pera an der Brust genährt und so vor dem Tode gerettet. Die Geschichte der barmherzigen Tochter ist auch bei Plinius d. Ä. (61/62–110) in seiner “Naturalis historia” (7, 36) bekannt und wurde in die "Gesta Romanorum" aufgenommen (Trillitzsch 1973. S. 468). Sie ist zudem von Giovanni Boccaccio (1313–1375) in seiner Historiensammlung "De claris mulieribus" wiedergegeben, wo die Tochter den Namen "Romana" führt, und findet sich dann ebenso in Cesare Ripas (um 1560–1620/25) “Iconologia” in der Ausgabe Padua 1630. Die Darstellung der "Caritas Romana" wurde vor allem im Laufe der Renaissance durch die deutschen Humanisten in ganz Europa verbreitet. Auch der mitschwingende erotische Aspekt trug zu ihrer Beliebtheit bei. Besonders die Nürnberger Kleinmeister haben zu ihrer Bekanntheit beigetragen, und Hieronymus Wierix (1553–1619) widmete diesem Thema ebenfalls einen Kupferstich (Mauquoy-Hendrickx 1978/1979. Bd. II. S. 295, Nr. 1648; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 318.1). In der Antike als Symbol der Elternliebe aufgefasst, galt es bald als Bild christlicher Barmherzigkeit und Nächstenliebe, bevor es wiederum Gegenstand der Profanikonographie wurde. Die Darstellung der vorliegenden Scheibe ist in dem emblematisch angedeuteten Lactatio-Motiv und in der Ungleichheit des Paares von dem Bild der Caritas Romana sichtlich beeinflusst. Sie weicht von dem üblichen, wenngleich seltenen Motiv der Caritas als Gottesliebe mit dem Attribut des brennenden Herzens ab (RdK III, 1954. Sp. 355). Erinnerungen werden auch an mystische Hochzeiten, die sich aus den Kommentaren zum Hoheslied entwickelten, oder an die Christus-Johannes-Gruppen wach: hier ruht Johannes Evangelista an der Brust Christi (Jo 13, 23), die als Quell des Lebens (Jo 7, 37) und Evangeliums gedeutet wird (LCI 2, 1970. Sp. 308–312 [Hoheslied]; LCI 1, 1968. Sp. 454 [Christus-Johannes-Gruppe]). In einem Kölner Tafelbild um 1460 stehen der auferstandene Christus und Caritas in einer Landschaft. Caritas wird hier, laut theologischen Vorstellungen des Mittelalters zur Ecclesia, die das Blut aus der Seitenwunde auffängt (RdK III, 1954. Sp. 349–350, Abb. 4). Verschiedene Bildelemente verschmelzen offensichtlich im Bild der Scheibe zu einer neugestalteten religiösen Allegorie, zu der letztlich der Schlüssel zur genauen Deutung verlorenging.
Bei den Scheibenstiftern handelt es sich wohl um Niklaus von Montenach und Katharina Reynold, die 1622 geheiratet hatten. Niklaus von Montenach (31.1.1596–1664) war ein Sohn des Kanzlers Peter von Montenach (um 1560–1629) und der Jeanne Techtermann. 1619 wurde er als Vertreter des Burgquartiers in den Rat der Zweihundert gewählt, 1628 in den Rat der Sechzig. 1628–1633 übernahm er das Amt des Vogts von Rue. 1639 wählte man ihn zum Venner. 1640 kam er in den Kleinen Rat, wurde 1649 Generalkommissär und stieg 1659 ins Amt des Statthalters auf. Katharina Reynold war eine Tochter Bartholomäus Reynolds († 1628) und Magdalena Pythons. Katharina wurde am 16.3.1604 in Greyerz geboren, als ihr Vater dort Vogt war.
Eine spätere Scheibe des Paares von 1663 hat sich in der Pérolles-Kapelle erhalten (FR_13). Ihr Enkel Hans Heinrich wurde Chorherr zu St. Nikolaus (vgl. FR_202).
Das vorliegende Glasgemälde gehört sicher zur gleichen Serie wie die allegorische Bildscheibe Odet in Bulle aus dem Jahr 1628 (FR_246) und dürfte dem gleichen, nicht mit Bestimmtheit zu identifizierenden Glasmaler zuzuschreiben sein. Seine ursprüngliche Herkunft ist unbekannt, und es ist anzunehmen, dass auch die Scheibe Odet-Than erst im 19. Jahrhundert über Ankauf nach Villarsel-sur-Marly kam, bevor sie ins Museum Bulle gelangte. Möglicherweise wurden die beiden Scheiben einst in ein Frauenkloster gestiftet, worauf die in ihnen ausgedrückte mystische Frömmigkeit, Brautvorstellung und Jesuskindverehrung deuten dürften (vgl. zuletzt Seelenkind 2012/13).
Unter den möglichen Glasmalern der vorliegenden Scheibe kommt am ehesten Hans Wäber in Betracht. Sebastian Schnell weilte zur Zeit der Herstellung in Willisau, der Schriftcharakter der Inschrift entspricht auch nicht den aus seiner Hand überlieferten Glasgemälden. Jakob Huser tritt erst 1629 in Freiburg auf. Der gut bekannte Stil Christoph Heilmanns und Jost Hermanns weicht deutlich von dem hier vertretenen ab. Peter Heinricher war zu diesem Zeitpunkt kaum noch als Glasmaler tätig. Schliesslich können Hans Gartner aufgrund mangelnder Anhaltspunkte kaum Werke zugeordnet werden (vgl. FR_119).

Datierung
Um 1628
Zeitraum
1620 – 1640
Eingangsdatum
1986
Schenker*in / Verkäufer*in

Georges de Montenach.

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Vitromusée Romont

Vorbesitzer*in

Wohl aus der Sammlung de Trétaigne, dann Sammlung de Montenach. 1986 Schenkung Georges de Montenach.

Inventarnummer
VMR 151

Bibliografie und Quellen

Literatur

Auktion der Glasgemälde-Sammlung der Baronin de Trétaigne in Paris und von Glasgemälden aus der ehemaligen Vincent-Sammlung in Konstanz. (Auktionskatalog H. Messikommer in Zürich. 2.–3. Mai 1904) Zürich 1904. S. 22, Nr. 35 (1647 datiert).

Vitraux héraldiques fribourgeois (Exposition Romont, Musée du Vitrail du 28 février au 10 avril 1988). Romont 1988. Nr. 46.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 318.

Vgl.

Amman, Généalogies (Staatsarchiv Freiburg) fol. 20 (Montenach) und fol. 29 (Reynold).

Amman, François-Nicolas. Extraits des Besatzungen 1448–1840 (Staatsarchiv Freiburg Rg 1). S. 21, 67, 160, 285, 293, 285.

Weitzel, Alfred. Répertoire général des familles dont les membres ont occupé les fonctions baillivales. In: Archives de la Société d’Histoire du Canton de Fribourg 10, 1915. S. 498, 541.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) IV, 1928. S. 789–790, Nr. 9.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) V, 1929. S. 143, Nr. 9.

Pigler, Andor. Barockthemen. Eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie des 17. und 18. Jahrhunderts. 2 Bde. Budapest 1956. Bd. II. 1956. S. 281–282, 284–291.

Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte (RdK). Beg. von O. Schmitt, hrsg. vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München. Bisher 8 Bde. Stuttgart/München 1937–1987. Bd. III, 1954. S. 356–362.

Lexikon der christlichen Ikonographie (LCI). Begr. von E. Kirschbaum. Hrsg. von W. Braunfels. Bd. I–VIII. Rom 1968–1976. Bd. 1, 1968. Sp. 352.

Trillitzsch, Winfried (Hrsg.). Gesta Romanorum. Geschichten von den Römern. Ein Erzählbuch des Mittelalters. In vollständiger Übersetzung. Leipzig 1973.

Mauquoy-Hendrickx, Marie. Les estampes des Wierix conservées au Cabinet des estampes de la Bibliothèque Royale Albert Ier. 2 vol. Bruxelles 1978/1979. Bd. II. S. 295, Nr. 1648.

Bühren, Ralf van. Die Werke der Barmherzigkeit in der Kunst des 12. bis 18. Jahrhunderts. Zum Wandel eines Bildmotivs vor dem Hintergrund neuzeitlicher Rhetorikrezeption. Hildesheim, Zürich, New York 1988. S. 209.

Foerster, Hubert. Liste alphabétique et chronologique des avoyers, baillis, bannerets, bourgmestres, conseillers, membres des 60 et des 200, péagers de la Singine, secrétaires du Conseil et trésoriers 1399–1798. Fribourg 2008. (Staatsarchiv Freiburg Rg 3). S. 131.

Seelenkind. Verehrt, verwöhnt, verklärt. Das Jesuskind in Bayerns Frauenklöstern. Ausstellung Diözesanmuseum Freising. 25.11.2012–3.3.2013.

Diesbach de Belleroche, Benoît. Site génealogique et héraldique du canton de Fribourg: les familles du canton de Fribourg (SGHCF) URL: http://www.diesbach.com/sghcf/index/html (Montenach am 3.4.2014).

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Romont_VMR_VMR_151_FR_318
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (Foto: Yves Eigenmann)
Aufnahmedatum
2013
Eigentümer*in

Vitromusée Romont

Inventar

Referenznummer
VMR_151_FR_318
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

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Zusätzliches Bildmaterial
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