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FR_273: Wappenscheibe Daniel Gatschet 1605
(FR_Kerzers_ReformierteKirche_FR_273)

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Titel

Wappenscheibe Daniel Gatschet 1605

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1605
Masse
38 x 28.3 cm (im Licht)

Ikonografie

Beschreibung

In einem ovalen Lorbeerkranz steht das von einem goldenen Rollwerkrand eingefasste Vollwappen der Berner Familie Gatschet vor farblosem Grund. Vor den rahmenden Pilastern wird rechts Sedekia (Zidkija), der König von Juda, der nach der Einnahme Jerusalems geflohen war, auf Befehl des Königs Nabuchodonosor (Nebukadnezar) von Babel, der links erscheint, geblendet (Jer 52,11). Im Oberbild ist zwischen zwei vasenhaltenden Putten das Urteil Salomons dargestellt. Der König richtet auf seinem Löwenthron über die Frau, die das lebende Kind einer Anderen als das ihre ausgibt und dieser das tote Kind zuschieben will (1 Kg 16–28). Die echte Mutter wird dadurch erkannt, dass sie lieber auf ihr Kind verzichtet, als es durch das Schwert zweiteilen zu lassen. Unter den mit Masken geschmückten Podesten spielen zu Seiten der Inschrift zwei weitere Darstellungen auf Weisheit und Gerechtigkeit an. Links werden die beiden Alten vor den jungen thronenden Richter Daniel geführt. Sie hatten Susanna im Bade aufgelauert. Als sie sich weigerte, ihnen zu Willen zu sein, schworen die beiden Alten vor Gericht, Susanna mit einem Liebhaber überrascht zu haben, die darauf zum Tode verurteilt wurde. Daniel entlarvte jedoch die beiden Männer, richtete über sie und sprach Susanna frei (Dan 13). Rechts erfolgt das Urteil des Kambyses, das schon bei Herodot und in den Gesta Romanorum (Kap. 29) geschildert wird (Trillitzsch 1973. S. 76). Da sich der Richter Sisamnes als bestechlich erwies, wurde er geschunden und seine Haut als Mahnmal über dem Richterstuhl angebracht. Kaiser Kambyses ernannte daraufhin den Sohn des Sisamnes, Otanes, zum Richter, der unter dem warnenden Erinnerungszeichen auf dem Thron Platz genommen hat.

Iconclass Code
46A122(GATSCHET) · Wappenschild, heraldisches Symbol (GATSCHET)
71I32 · das Urteil Salomos (1 Könige 3:16-28)
71L32243 · König Zidkija wird geblendet
71P414 · der junge Daniel widerspricht dem Urteil gegen Susanna
92D1916 · Amoretten, Putten; amores, amoretti, putti
98B(CAMBYSES)51 · das Urteil des Cambyses: er benennt den Sohn des Sisamnes als Nachfolger seines Vaters, mit dessen Haut der Richterstuhl bespannt ist (eventuell ist zusätzlich die Häutung des Sisamnes dargestellt)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Gatschet: In Blau eine goldene Sonne; Helm: silbern mit goldener Kette; Helmdecke: blau und golden; Helmzier: ein wachsender goldener Löwe.

Inschrift

Stifterinschrift: H. Daniel Gatschett / der zÿtt Schuldhes zu / Murtten. 1.6.0.5.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Einzelne Sprünge und wenige Notbleie. Leicht korrodiert mit Lochfrass. Ein winziges Stück in jüngerer Zeit ergänzt. Die Inschrift wohl um 1722 erneuert.
Restaurierung: 1884: Johann Heinrich Müller, Bern (vgl. Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 272.2).

Technik

Farbloses, grünes, rotbraunes, violettes, rosabraunes und rotes Glas. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb in verschiedenen Farbstufen, blauen, grünen und violetten Schmelzfarben.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Gatschet sind ein patrizisches Geschlecht in Bern, das ursprünglich aus Payerne stammte und sich dort Gachet nannte: Niklaus Gachet von Payerne wurde 1557 Burger in Bern. Daniel Gatschet (1563–1618) sass 1597 im Rat der Zweihundert von Bern. 1602 wurde er zum Schultheissen von Murten ernannt, und 1610 war er Landvogt in Oron.
Mit der Bildwahl seiner Scheibe demonstriert der Stifter sein rechtskräftiges Urteil und seine Unbestechlickeit in der Ausübung seines Amtes. In der Fotothek des Schweizerischen Nationalmuseums ist die Scheibe noch Christoph Heilmann zugeschrieben. Aus naheliegenden Gründen liess der Berner seine Stiftung jedoch sicher in der Heimatstadt anfertigen. Das oval umkränzte Wappen, das von Figuren und Szenen dicht eingefasst wird, findet sich in jener Zeit gerne in der Aarestadt (Bernisches Historisches Museum, Inv.-Nr. 20036.386, vgl. Hasler 1996/1997. Bd. II. S. 51–52, Nr. 417; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 273.1). Formal verwandt mit dem ovalen Wappen vor gerade abschliessendem Gebälk ist auch die rund 25 Jahre ältere Scheibenstiftung Benedikt Mays von 1581 (Foto SLM 9924: dort Hans Huber in Bern zugeschrieben; ehemals Privatbesitz von May, Bern; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 273.2). Die Berner Glasmalerei um 1600 ist jedoch zu wenig erforscht und publiziert, um die Zuschreibung an einen bestimmten Glasmaler vornehmen zu können.
Die Inschrifttafel wurde wahrscheinlich 1722 vom Freiburger Glasmaler Hans Peter Bucher erneuert, als er die Standesscheibe von Freiburg schuf, denn sie weist statt des Schriftcharakters des frühen 17. Jahrhunderts seinen unruhigen Duktus auf.

Datierung
1605
Herstellungsort
Eigentümer*in

Pfarrei Kerzers

Bibliografie und Quellen

Literatur

Rahn, Johann Rudolf. Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler. V. Canton Freiburg. In: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde 17, 1884, Heft 1. S. 19.

Mülinen, Egbert Friedrich von, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen. Das Seeland. (Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Sechstes Heft) Bern 1893. S. 301.

Thormann, Franz und Wolfgang Friedrich von Mülinen. Die Glasgemälde der bernischen Kirchen. Bern o. J. [1896]. S. 71, Nr. 5.

Oidtmann, Heinrich. Geschichte der Schweizer Glasmalerei. Leipzig 1905. S. 237.

Schöpfer, Hermann. Die Kunstdenkmäler des Kantons Freiburg. Band V. Der Seebezirk II. (Die Kunstdenkmäler der Schweiz Bd. 95) Basel 2000. S. 388, Nr. 6.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 273.

Vgl.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) III, 1926. S. 407, Nr. 3.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) III, 1926. S. 332, Nr. 3.

Wappenbuch der burgerlichen Geschlechter der Stadt Bern. Bern 1932. S. 49.

Trillitzsch, Winfried (Hrsg.). Gesta Romanorum. Geschichten von den Römern. Ein Erzählbuch des Mittelalters. In vollständiger Übersetzung. Leipzig 1973.

Hasler, Rolf. Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum. 2 Bde. Bern 1996–1997.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich 6484 und 6485

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Kerzers_ReformierteKirche_FR_273
Fotonachweise
© Archiv Amt für Kulturgüter, Freiburg (Foto: Yves Eigenmann)
Aufnahmedatum
2013
Copyright
© Evangelisch-reformierte Kirchgemeide bernisch und freiburgisch Kerzers
Eigentümer*in

Pfarrei Kerzers

Inventar

Referenznummer
FR_273
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema von Wappenscheibe Daniel Gatschet 1605