Johann von Wattenwyl entstammte der burgundischen Linie des Berner Geschlechts. Er wurde um 1574 im väterlichen Schloss von Châteauvilain bei Bourg-de-Sirod im Jura als zweiter Sohn Niklaus von Wattenwyls (1544–1610) und Anne de Grammonts geboren. Sein Vater, Berner Patrizier und Offizier in spanischen und savoyischen Diensten, hatte sich in der Freigrafschaft Burgund niedergelassen, aus der die alte Adelsfamilie seiner Frau stammte. Gleich seinen Brüdern strebte auch Johann zunächst die militärische Karriere an, die er jedoch nach einem Sturz von der Leiter bei der Genfer Escalade 1602 abbrechen musste, denn er trug ein hinkendes Bein davon, das ihn Zeit seines Lebens behindern sollte. Johann trat in das Zisterzienserkloster La Charité bei Besançon ein. 1609 wurde er Abt dieses Klosters. Ab 1607 setzte sich der savoyische Herzog Karl Emmanuel I. beim Papst für seine Wahl zum Nachfolger des Lausanner Bischofs Jean Doroz ein, doch erst am 10.6.1609 setzte ihn Papst Paul V. in dieses Amt ein. Offiziell übernahm Johann von Wattenwyl seine Diözese erst am 1.12.1613 mit seinem Einzug in Freiburg. Er bewohnte die Stadt Freiburg nur mit Unterbrüchen, liess sich aber als erster Bischof hier an der Murtengasse ein vornehmes Haus bauen. Die Residenzfrage blieb jedoch ein Problem – seit der Eroberung der Waadt 1536 durch die Berner hielten sich die Lausanner Bischöfe nach dem Exil in Savoyen meist in der Freigrafschaft oder im Burgund auf –, denn die Bischöfe stellten Forderungen an Freiburg, die man zu erfüllen nicht bereit war. Johann von Wattenwyl strebte zudem nach der Abtwürde in Hauterive, was zu weiteren Spannungen mit Freiburg führte. Er zog sich daher 1616 nach La Charité zurück. Er visitierte 1613 und 1624 sein Bistum und berief 1625 eine Diözesansynode ein. Im Sommer 1635 kehrte er wiederum nach Freiburg zurück. Johann von Wattenwyl erfüllte auch politische Aufgaben, indem er 1636 in Freiburg und bei den eidgenössischen Kantonen um militärische Hilfestellung gegen die französische Belagerung der Franche-Comté warb. Der Bischof, der in der Freigrafschaft Mitglied der Bruderschaft des hl. Georg war, starb am 22.7.1649 in Besançon und wurde in der Abtei La Charité beigesetzt (Sein Neffe Jean, Abbé de Watteville (1618–1702) übertraf den Onkel an Berühmtheit. Zuletzt Desbiez/Soum 2010).
Eine besondere Bedeutung ist dem Oberbild der vorliegenden Scheibe zuzumessen. Die ungewöhnliche Verbindung der Stigmatisation des hl. Franziskus mit der einem Hagel- und Gewittersturm ausgesetzten Herde muss auf den ausdrücklichen Wunsch des Stifters hin gestaltet worden sein. Er kannte folglich sicher das vom hl. Bonaventura beschriebene Ereignis (Legenda Sancti Francisci Cap. VIII, 11, nach Brett-Evans 1960. S. 96–97): Als sich Franziskus in der Einsiedelei zu Greccio aufhielt, beklagten sich die Einwohner über den alljährlich wiederkehrenden Hagel, der ihre Felder verwüstete, und über die reissenden Wölfe, die Mensch und Vieh frassen. In einer Predigt mahnte der Heilige die Menschen zur Busse. Nachdem sie seine Worte beherzigt hatten, wich die Plage. Unter den dargestellten Schafen, Kühen, Ziegen, Hasen, Füchsen und Pferden befinden sich auch ein dem Heiligen zugewandter Löwe und ein dem Betrachter abgewendeter Bär. C. F. de Steiger legte die Tiere als Symbol der Heiden aus, denen die Erkenntnis Gottes gelehrt werden sollte, bzw. als Symbol der Christen, die in ihrem Glauben bestärkt werden mussten. Denn die lateinische Inschrift spielt auf die Büchlein oder Schriften der katholischen Lehre an, die dem Unwetter, hier den Gefahren der Reformation, ausgesetzt sind. Auf der Seite der erschütterten Christen wendet sich der kraftvolle Löwe dem wahren Glauben zu, während der Bär, das Wappentier der mächtigen protestantischen Stadt Bern die Herde anzugreifen droht (Steiger 1954). Die seltene Darstellung geht in diesem Zusammenhang symbolisch weit über die einfache Legende des Heiligen hinaus, der ja auch nicht Namenspatron des Stifters war. Dennoch kommt die Szene bei einer weiteren Stiftung von Wattenwyls vor. Johann von Wattenwyl, der in der Inschrift auch den Rang des Grafen von Lausanne und Fürsten des Heiligen Römischen Reiches führt (Nach dem Tod Bischof Rudolfs II. von Burgund bestätigte der Kaiser die Vorrechte der Bischöfe und erhob sie in den Rang der Fürsten des Heiligen Römischen Reiches [Dubois 1910/II. S. 59–60]. Im Jahr 1614 sandte die Berner Obrigkeit jedoch bezüglich des Grafentitels eine Anfrage an den Rat von Freiburg. Vgl. Steiger 1954. S. 42), liess sicher zwei Scheiben nach dem gleichen Muster herstellen. Eine 1614 datierte Scheibe des Stifters mit dem gleichen ikonographischen Programm wurde im Jahr 1960 bei Stuker in Bern versteigert (Auktion Stuker 19.–25. Mai 1960. S. 149, Nr. 2561). Wahrscheinlich handelt es sich um jene Scheibe, die aus Bernischem Privatbesitz kürzlich ins Museum für Kunst und Geschichte Freiburg gelangte (Braun 2004. Abb. S. 169. Sie stammte vormals aus einer englischen Sammlung, die kurz vor 1954 aufgelöst wurde. Vgl. Steiger 1954. Das Datum 1614 am unteren Rand der Inschrift ist wohl durch übermässige Reinigung verrieben und verblasst; Der grüne Drache des hl. Johannes von Réomé ist ansatzweise erkennbar. Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 366.1. BE_6825). Beide Scheiben entstanden sicher im Zusammenhang mit den Bistumsvisitationen, die in eben diesen Jahren durchgeführt wurden. Welchen möglicherweise von der Reform bedrohten Orten die bischöflichen Stiftungen galten, ist hingegen unbekannt (Steiger 1954 sprach sich für eine Stiftung der 1614 datierten Scheibe in das Kapuzinerkloster Freiburg aus, da es seinen Ordenspatron im Oberbild zeigt. Dies ist nicht auszuschliessen, doch beinhaltet auch die jüngere, für einen anderen Ort bestimmte Scheibe die gleiche Darstellung).
Die vorliegende Scheibe signierte der damals in Freiburg weilende Glasmaler Sebastian Schnell. Dabei hielt er sich sehr genau an den Riss jener Scheibe, die schon elf Jahre früher bei einem anderen Glasmaler bestellt worden war. Das ältere Glasgemälde unterscheidet sich vom jüngeren zum einen durch seinen ordentlicheren Schriftcharakter, zum anderen durch die härteren Radierungen von Hintergrund und Figuren, die bei Schnell wesentlich malerischer gestaltet sind. Als Glasmaler der Scheibe von 1614 kommen zeitlich sowohl Jost Dugo, Jost Molliet als auch Peter Heidt in Frage. Während Jost Dugo möglicherweise die Standesscheibe Freiburgs im Musée Ariana in Genf schuf, die Sebastian Schnell nach dessen Tod vollendet hätte (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 168), lassen sich Jost Molliet und Peter Heidt bislang keine Werke zuweisen. Christoph Heilmann kommt aufgrund seiner ausgeprägt gelängten, manieristischen Figuren und dekorativen Architekturen als Autor nicht in Frage, ebensowenig wie die in seiner stilistischen Nachfolge arbeitenden Claude Haas und Peter Heinricher. Möglicherweise beauftragte der Bischof anlässlich seiner Visiten im Bistum gleich mehrere Glasmaler mit der Herstellung von Scheiben nach gleichem Muster. Der nach seinen persönlichen Angaben realisierte Entwurf bzw. Scheibenriss verblieb offenbar im Besitz des Bischofs, der sich somit jederzeit bei jedem beliebigen Glasmaler einen neuen Vorrat dieser gegenreformatorischen, propagandistischen Glasgemälde bestellen konnte.
Unbekannt.