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TG_1789: Riss zu Bildscheibe Johann (Hans) Wendel Locher mit der Muttergottes auf der Mondsichel
(TG_Frauenfeld_HistMuseum_TG_1789)

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Titel

Scheibenriss zu Bildscheibe Johann (Hans) Wendel Locher mit der Muttergottes auf der Mondsichel

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Jegli, Hans · signiert
Datierung
1607

Ikonografie

Beschreibung

Von einem Wolkenkranz mit Engeln umfasst, erscheint im Zentrum die auf der Mondsichel stehende Muttergottes im Strahlenkranz mit dem Jesusknaben in ihrer rechten und dem Zepter in ihrer linken Hand. Neben ihr sind in schmalen Bogenöffnungen die Tugendgestalten der Justitia mit Schwert und Waage (links) sowie der Prudentia mit Spiegel und Schlange (rechts) platziert. Im Oberbild links und rechts des rahmenden Architekturaufsatzes ist die Verkündigung an Maria festgehalten. Die Inschriftenkartusche in der hohen Sockelzone wird links vom knienden Stifter und rechts von dessen oval umkränztem Vollwappen flankiert.

Iconclass Code
11F4132 · Madonna (in einer Mandorla) auf der Mondsichel (manchmal als Himmelskönigin bezeichnet)
11M41 · Klugheit, Prudentia (Ripa: Prudenza), als eine der vier Kardinaltugenden
11M44 · Gerechtigkeit, Justitia (Ripa: Giustitia divina), als eine der vier Kardinaltugenden
46A122(LOCHER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (LOCHER)
73A52 · die Verkündigung: Maria, die meistens liest, wird vom Engel Gabriel besucht (manchmal belauscht eine Frau die Unterhaltung)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Locher, Johann Wendel: Zwei sinkende Pfeile; Helmzier: ein wachsender Mann mit Zipfelmütze und einem Pfeil in den Händen.

Inschrift

Johan Wendel Locher Bůrger / Zů Froůwenfäld Gewäsner Gricht / Schriber Der Cittadel an Berg Jn / Presen vnd Die Zitt Grichtschriber / Deβ Württigen Gotteβ Huβ Jttingen / Anno Domjnÿ 1607

Signatur

J Hegli

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Gut.

Technik

Braunschwarze Feder auf Papier; grau laviert.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Johann Wendel Locher († 1629) taucht in den Frauenfelder Akten erst 1607 auf. Er war ein Bruder Hans Melchiors († 1614). Hans Wendel Locher war von 1607 bis zu seinem Tod Amtmann der Dompropstei Konstanz in Frauenfeld. Daneben übte er für die Kartause Ittingen das Amt des Gerichtsschreibers aus. 1609–1615 sass er im Grossen Rat, 1612–1615 amtete er als Stadtrichter und 1620 war er Schützenhauptmann in der Kriegsmannschaft der Landgrafschaft Frauenfeld. Seine Frau Maria Jakobea Hug führt das gleiche Wappen wie der Wiler Glasmaler Hans Melchior Schmitter gen Hug. Wie Margrit Früh feststellte, ist mit der “Citadel am Berg in Presen” wohl die 1569 erbaute und 1611 zerstörte Zitadelle in Bourg-en-Bresse gemeint (Früh, 1983, S. 191). Bourg-en-Bresse wurde nach 1601, mit dem Wechsel von savoyischer zu französischer Herrschaft, zu einem Zentrum der Justiz und benötigte dementsprechend zahlreiche Gerichtsschreiber (vgl. Cler-Garçon, 1933, S. 178). Lochers Wappen mit Tinkturangaben entspricht demjenigen von dessen Vorfahren Jakob Locher, der 1494 von Kaiser Friedrich einen Wappenbrief erhielt (Locher, 1940, S. 61f.).

Im Frauenfelder Museum befinden sich zwei 1607 von Hans Jegli geschaffene Entwürfe mit gleichlautender Stifterinschrift (TG_1446, TG_1789). Margrit Früh vermutete, dass sie als Varianten für ein- und dieselbe Wappenstiftung Johann Wendel Lochers dienten. Allerdings ist der vorliegende Riss im Unterschied zum anderen nicht für eine Allianzscheibe, mit Darstellung beider Wappen des Ehepaares, gedacht. Wahrscheinlich diente mindestens einer der Risse für eine Stiftung in die Kartause Ittingen, wo laut Stifterinschrift Johann Wendel Locher 1607 Gerichtsschreiber war. Beide Risse zeigen ausserdem eine Justitia, die auf dieses Amt hinweist. Im selben Jahr schuf Hans Jegli drei weitere Scheibenrisse für eine in die Ittinger Kartause gestiftete Scheibenserie (vgl. Boesch, 1955, 28–29). Es handelt sich um zwei Gemeindescheiben Uesslingen und Buch, die zur niederen Gerichtsherrschaft Ittingens gehörten (Schweizerisches Nationalmuseum, Inv. Nr. 1922/1108 und 6/34). Der dritte Entwurf ist für eine Scheibe des Pfarrers von Uesslingen, Michael von Lichtenfels, bestimmt (Historisches Museum St. Gallen).

Der Scheibenriss wird genannt in:
Locher, 1940, S. 24, 54.
Galerie Dobiaschofsky, 1969, Nr. 1207, Taf. 59.
Früh, 1983, S. 193, Abb. 4.

Datierung
1607
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1969 Historisches Museum Thurgau

Vorbesitzer*in

Arnold Hess, Frauenfeld · 1969 Galerie Dobiaschofsky, Bern

Inventarnummer
T 3348

Bibliografie und Quellen

Literatur

Boesch, P. (1955). Die alten Glasmaler von Winterthur und ihr Werk. 286. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur. Winterthur: Gemsberg-Druck.

Cler-Garçon, P. (1933). Bourg-en-Bresse. Etude urbaine. Les Études rhodaniennes 9(3–4), 161–224.

Früh, M. (1983). Glasgemälde im Zusammenhang mit der Kartause Ittingen. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 40.

Galerie Dobiaschofsky Bern (1969). Auktionskatalog 14./15. November 1969.

Locher, F. (1940). Geschichte der Locher von Frauenfeld. Frauenfeld (Manuskriptkopie STATG,Manuskript Y 278 Kantonsbibliothek Thurgau, Frauenfeld).

Weiteres Bildmaterial

Amt für Denkmalpflege Thurgau

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_Frauenfeld_HistMuseum_TG_1789
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2017
Copyright
© Historisches Museum Thurgau
Eigentümer*in

Seit 1969 Historisches Museum Thurgau

Inventar

Referenznummer
TG_1789
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020