Das Domkapitel von Konstanz hatte zwei Niedergerichtsherrschaften. 1310 erwarb das Kapitel Vogtei und Niedergericht über die Dörfer Niederweningen und Schöfflisdorf in Zürich und 1521 das bischöfliche Lehen mit Niedergericht und Vogtei über das Dorf Langrickenbach im Thurgau (Kundert, 1993, S. 779). Wappenscheiben des Domkapitels Konstanz sind aus den Jahren 1540 (Paris, Louvre, Maier, 1988, S. 253, Abb.), 1543 (TG_1961), 1545 (verschollen, Foto im Schweizerischen Nationalmuseum, 27833), 1556 (Badisches Landesmuseum, Maier, 1988, S. 250, Abb.) sowie 1593 (Scheibenriss, Bernisches Historisches Museum, Inv. 20036.214; Hasler, 1996/97, Bd. 2, Nr. 660) bekannt. Vom Gericht des Domkapitels ist die vorliegende Scheibe die einzige überlieferte Stiftung.
Von den Mitgliedern des Gerichts der Familien Beltz, Schälin (Schälli, Schäli) und Ryser sind keine biographischen Angaben bekannt.
Sehr ähnlich komponierte Thurgauer Gerichtsscheiben stammen von den Gerichten von Niederbussnang aus den Jahren 1591 (TG_91) und um 1600 (Moskau, Puschkin-Museum, Inv. Nr. II-93, Foto im Vitrocentre Romont), Hessenreuti aus dem Jahr 1566 (TG_298), Dotnacht aus dem Jahr 1600 (verschollen, Abegg/Erni/Raimann, 2014, S. 235, 270, Abb. 289), Güttingen aus dem Jahr 1630 (Konstanz, Rosgartenmuseum, Inv. Nr. 1989/A 12) sowie von einem unbekannten Gericht, um 1570 entstanden (TG_90).
In Konstanz selber gab es um 1640 keinen Glasmaler. Hieronymus Spengler starb 1635, Wolfgang Spengler war damals erst 16 Jahre alt und zog zunächst nach Rapperswil. Der Stil der Gerichtsscheibe weist denn auch deutlich auf eine Zürcher Werkstatt: die Glasgemälde der Nüscheler-Werkstatt zeigen sehr ähnliche architektonische Rahmungen und Figuren (vgl. die Scheiben für Urban VIII. und Ranuccio Scott von 1638 im Schweizerischen Nationalmuseum, Schneider, 1971, Bd. 2, Nrn. 573, 574; die Scheibe im Schützenhaus Basel von 1651, Giesicke, 1991, Kat. Nr. 42; die Allianzscheibe Schobinger-Zollikofer von 1641, TG_185). Die beiden Tugendfiguren der Prudentia und der Justitia gehen dabei auf eine Vorlage von Christoph Murer zurück (vgl. dessen Riss von 1608 mit dem Wappen Escher vom Luchs, Metropolitan Museum of Art, New York, Inv. Nr. 1994.24; Hasler 1996/1997, S. 224, Abb. 608.2; Hasler, 2010, S. 100, Abb. 72; vgl. auch FR_180, BE_880). Die Gerichtsscheibe gelangte ursprünglich wohl in eine der Niedergerichtsherrschaften, also nach Niederweningen, Schöfflisdorf oder Langrickenbach.
Die Scheibe ist unpubliziert.