Forschung
Dieses Werk gehört zur süddeutschen Hinterglasmalereiproduktion, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der bikonfessionellen Reichstadt Kaufbeuren entstanden ist. Es ist das einzige signierte Bild, das uns von Ottmar Labhard (1732–1772) überliefert ist und stellt das Reiterporträt von Joseph I. (1678–1711), Erzherzog von Österreich und, von 1705 bis 1711, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Böhmen, Kroatien und Ungarn dar. Stilistisch aber auch motivisch weist es die charakteristischen Stilmerkmale der Kaufbeurer Hinterglasmalerei auf, die sich von anderen Zentren der Hinterglasmalereiherstellung wie Augsburg, Murnau oder Oberammergau, auch hinsichtlich der Farbgebung und der Maltechnik, grundsätzlich unterscheiden. Der Maler arbeitete mit wenigen schwarzen Konturlinien und einem teilweise lavierenden Farbauftrag. Die Augen bestehen aus mandelförmigen weissen Flecken und schwarzen Punkten als Iris. Der blaue Hintergrund, die rosa abschattierten Enden des Schriftsockels und die blassgraue Hautfarbe sind weitere typische Elemente, die man in Bilddarstellungen anderer Kaufbeurer Hinterglasmaler dieser Zeit auffindet, wie zum Beispiel bei Johann Matthäus Bauhoff (1716–1788) oder Johann Jakob Rumpelt (1706–1788) (Weber et al., 2017, S. 51). Im Bestand des Stadtmuseums Kaufbeurens befinden sich derzeit rund 75 Hinterglasbilder Kaufbeurer Herkunft, die mit weiteren 61 Exemplare aus privaten und öffentlichen Sammlungen in einem Katalog sowie in der Datenbank https://www.bavarikon.de/hinterglasbilder-kaufbeuren erfasst und publiziert worden sind. Aus den Analysen geht hervor, dass diese Werke einer protestantischen Bildsprache entsprechen und aussergewöhnliche Zeugnisse eines protestantischen Selbstverständnisses sind. (Weber et al., 2017, S. 78) Die Abbildung von Joseph I. kann mit Darstellungen anderer Herrscherbildnisse – wie die von König Friedrich II. von Preussen (1712–1786) oder vom schwedischen König Gustav II. Adolf (1594–1632) – in Zusammenhang gebracht werden, die als Bildmotive in Kaufbeuren beliebt waren. Es handelt sich um Persönlichkeiten, welche in den protestantischen Gegenden Süddeutschlands als Beschützer ihres Glaubens verehrt wurden, weil sie sich für den Protestantismus eingesetzt haben. Joseph I. war zwar katholischen Glaubens, er gewährte jedoch in der Altranstädter Konvention, die am 1. September 1707 im Schloss zu Altranstädt zwischen ihm und Karl XII. von Schweden (1682–1718) geschlossen wurde, die Glaubensfreiheit für die schlesischen Protestanten. Den Protestanten wurden die beschlagnahmten Kirchen zurückgegeben und der Bau von sechs weiteren gestattet.
Datierung
1765–1772
Zeitraum
1745 – 1792
Eingangsdatum
2000
Schenker*in / Verkäufer*in
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
Auktion Stucker · R.+F. Ryser (1965)
Inventarnummer
RY 131