Research
Die sechs nicht zum zwölfteiligen Scheibenzyklus im Chor gehörenden Glasgemälde gelangten gleichfalls zur Zeit der Chorerneuerung, das heisst um 1521/22, in die Kirche. Weil man damals auch das Langhaus mit neuen Fenstern versah, liegt die Annahme nahe, dass sie für diese bestimmt waren. Nach Johann Rudolf Rahn (1882) sowie Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen (1896) befanden sich die sechs betreffenden Scheiben gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedenfalls im Kirchenschiff.
Weil es sich beim Schildbegleiter, dem hl. Mauritius, um den Kirchenpatron Worbs handelt, spricht Vieles dafür, dass der Scheibenstifter aus diesem Ort stammte. Hans Lehmann betrachtet so die Scheibe als Schenkung eines unbekannten reichen Worber Bauern namens Brunner. Laut Murielle Schlup gab es 1522 in Worb einen Wirt namens Wolfgang Brunner (Worber Rodel von 1522). Sollte er der Stifter sein, dann müsste nach Schlup das Gegenstück mit dem hl. Ursus das Wappen seiner Frau darstellen. Schlup vermutet jedoch, dass das "I" auf diesem Wappen für "Jaberg" steht. Die Doppelstiftung mit den Heiligen Mauritius und Ursus wäre somit auf das im Jahrzeitbuch von Worb erwähnte Ehepaar "Hennsli Müller", Kirchmeier von Richigen, und "Elssen Jaberg" zu beziehen. Laut Mitteilung von Berchtold Weber (März 2015 in Bern) spricht Vieles für die Annahme Schlups, das heisst das Wappen mit dem "I" auf dem "Berg" dürfte als "Jaberg" zu verstehen sein. Man hätte es demnach mit einem "Rebus-Wappen" zu tun (solche erfreuten sich seit dem hohen Mittelalter einer gewissen Beliebtheit). Sofern dies zutrifft, muss das Wappen mit dem Brunnen dasjenige von Hans Müller, dem Gemahl Elisabeth Jabergs, sein.
In seiner im September 1913 erstellten Schätzung der Worber Glasgemälde datiert Hans Lehmann die zwei Scheiben mit den Heiligen Mauritius und Ursus in die Zeit um 1500. Dieselben müssten demnach für die Vorgängerkirche bestimmt gewesen und, schadhaft geworden, 1522 restauriert und in den erneuerten Bau übernommen worden sein. Wie bereits dargelegt wurde, ist es aus heutiger Sicht nicht möglich, allenfalls sehr früh in die Scheiben eingefügte Ergänzungen als solche sicher zu erkennen. Weil die beiden hier zur Diskussion stehenden Werke ungefähr die gleichen Masse besitzen wie die vier anderen 1522 ins Kirchenschiff gelangten Glasgemälde, werden vielmehr auch sie erst damals geschaffen worden sein. Lehmann vergleicht diese beiden Werke mit den Glasgemälden von 1512 in der Kirche Sumiswald, namentlich mit der dortigen Mauritiusscheibe des Lütold von Sumiswald. Die Sumiswalder Glasmalereien von 1512 als Arbeiten Hans Dachselhofers betrachtend, spricht er auch die beiden in Worb diesem Berner Meister zu. Da von Dachselhofer keine gesicherten (signierten) Werke existieren, erweist sich seine Zuschreibung aber als eine reine Hypothese (vgl. dazu Sumiswald). Die beiden Worber Figurenscheiben mit den Ritterheiligen erinnern in der Komposition an die Ursenscheiben, die Solothurn um 1515 in die Kirche Jegenstorf und 1518 in diejenige von Hindelbank schenkte. Mit der Jegenstorfer, die vermutlich in der Werkstatt Jakob Meyers entstand, besitzen sie freilich keinerlei Stilverwandtschaft. In ihrer Figurengestaltung sind zumindest aber gewisse Analogien zu der von Hans Lehmann mit Jakob Wyss in Verbindung gebrachten Ursenscheibe auszumachen, die 1911 in der Kirche Hindelbank verbrannte und deren Fragmente sich heute im Bernischen Historischen Museum befinden (BHM Bern, Inv. 8556; Lehmann, ASA NF 16/1914, S. 224, Abb. 9a und 18/1916, S. 227). Ob die beiden Worber Scheiben von der gleichen Hand wie die zerstörte Hindelbanker stammen, bleibt gleichwohl fraglich. Von wem sie geschaffen wurden, lässt sich beim heutigen Kenntnisstand nicht schlüssig beantworten.
Dating
1522
Original Donor
Place of Manufacture
Owner
Kirchgemeinde Worb.
Die Unterhaltspflicht der dreizehn 1901 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).