Research
Die Scheibe des Rudolf von Erlach stammt vermutlich aus dem Vorgängerbau der 1515 erbauten Kirche. Zehn Glasgemälde der Kirche tragen das Wappen von Erlach, der Herren von Jegenstorf, in deren Besitz sich Schloss und Gerichtsbarkeit des Dorfes Jegenstorf von 1321 bis 1593 befanden. 1593 gelangten diese durch Kauf an Ulrich von Bonstetten.
Wie Brigitte Kurmann-Schwarz aufzeigte, ist die Zuschreibung Lehmanns an Lukas Schwarz (Lehmann 1915), dem weder signierte noch durch Schriftquellen belegte Scheiben zuzuordnen wären, abzulehnen (vgl. Kurmann-Schwarz 1998, S. 365f.). Als Produktionsort kommt vielmehr die sogenannte Erlach-Scharnachtal-Werkstatt in Frage. Sie schuf mehrere Scheiben für das Berner Münster, darunter auch ein Allianzscheibenpaar für Rudolf von Erlach und seine Frau Barbara von Scharnachtal (Kurmann-Schwarz 1998, Abb. 290, 291). Derselben Werkstatt weist Kurmann-Schwarz die zwei Scheiben zu, die Rudolf von Erlach der Kirche in Oberbalm und der Wallfahrtskirche in Oberbüren (heute im BHM Bern, Inv. 2430) verehrte, ebenso diejenigen des Gutmann Zoller von 1522 in der Kirche Worb und die runde Berner Standesscheibe mit schildhaltenden Engeln in der Kirche Lützelflüh (Kurmann-Schwarz 1998, S. 372).
Rudolf von Erlach (1448–1507), der Sohn von Petermann († 1471), war Ritter, Mitglied der Berner Gesellschaft zum Distelzwang sowie Inhaber mehrerer Herrschaften (Bümpliz, Wyl, Jegenstorf, Balm, Erlach). Er wurde 1471 Berner Grossrat, 1473 Schultheiss zu Burgdorf und 1476 Kleinrat zu Bern. Hier bekleidete er 1479–1481, 1492–1495, 1501–1504 und 1507 das Schultheissenamt. Im Schwabenkrieg 1499 befehligte er die bernischen Truppen im Zug nach dem Hegau und in der Schlacht von Dornach. Er war Kastvogt verschiedener geistlicher Institutionen, unter anderem des Kollegiatsstifts St. Vinzenz in Bern (1487–1489 und 1504–1507). 1471 ehelichte er Barbara von Praroman, die Tochter des Freiburger Schultheissen Johann, und 1492 Barbara von Scharnachtal, die Tochter Kaspars. Diese war "Doppelwitwe", das heisst sie war zuvor mit Schultheiss Niklaus von Diesbach und mit Hans Friedrich von Mülinen verheiratet gewesen. 1484/85 liess Rudolf von Erlach von Diebold Schilling die Berner Chronik (sog. Spiezer Schilling) anfertigen. Darin zeigen zwei Miniaturen Rudolf von Erlach und Barbara von Praroman zusammen mit ihren Kindern. Die Kopie eines Porträts von ihm aus der Zeit um 1492 ist im Besitz der Stiftung Schloss Spiez (HLS 4/2005, S. 257f., Abb.; HBLS 3/1926, S. 59).
Ausser den Wappenstiftungen, die Rudolf von Erlach ins Berner Münster sowie in die Kirchen von Oberbüren, Oberbalm und Jegenstorf machte (s. o.), gab es von ihm und seiner zweiten Frau Barbara von Praroman vormals zwei runde Gedenkscheiben. Sie gehörten zum umfangreichen Glasgemäldezyklus, der um 1525 für das seit 1516 im Besitz der Familie von Erlach befindliche Bubenberg'sche Sässhaus in Bern geschaffen wurde und 1911 in der Kirche Hindelbank verbrannte (vgl. Lehmann 1913a).
Dating
1505
Original Donor
Erlach, Rudolf von (1448–1507)
Place of Manufacture
Owner
Seit 1984 Kirchgemeinde Jegenstorf (laut Gebrauchsleihevertrag mit dem Kanton Bern vom 25.1.1984).
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