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BE_816: Wappenscheibe mit hl. Mauritius
(BE_Jegenstorf_refK_Mauritius)

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Title

Standesscheibe Luzern (?) mit hl. Mauritius

Type of Object
Artist / Producer
Sterr, Hans · Umkreis
Meyer, Jakob · Umkreis
Dating
um 1515
Dimensions
90.5 x 56 cm im Licht

Iconography

Description

Der hl. Mauritius, Thuns Stadtpatron, steht vor blauem Damastgrund auf grünem Wiesenboden. Schild und Banner, die der schwertbewaffnete, in einen hellblauen Vollharnisch gehüllte Heilige in seinen Händen hält, zeigen das Wappen des Klosters St. Maurice mit dem weissen durchgehenden Kreuz auf rotem, mit vier schwarzen Adlern belegtem Grund. Die Figur wird von einer spätgotischen Rahmung aus schlanken Säulen und einem Astbogen umfasst.

Iconclass Code
11H(MAURICE) · the warrior martyr Maurice (Mauritius) of Agaunum, commander of the Theban Legion; possible attributes: banner, lance, shield (with trefoil cross)
44A31 · banner, standard (as symbol of the state, etc.)
46A122 · armorial bearing, heraldry
Iconclass Keywords
Heraldry

Wappen, Banner St. Maurice

Inscription

SACTVS MARC.

Signature

Keine

Technique / State

State of Conservation and Restorations

Einige kleinere Gläser im Banner, Damast und Wiesengrund neu ergänzt; mehrere Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
2. Hälfte 19. Jahrhundert: Johann Heinrich Müller, Bern. Die Restaurierung Müllers von Scheiben in Jegenstorf belegen einige Zeichnungen in dessen Nachlass, der sich als Depositum des Bernischen Historischen Museums im Vitrocentre Romont befindet. Darunter gibt es auch eine Zeichnung, worauf Müller das vorliegende Glasgemälde – allerdings ohne Rahmenarchitektur – festhielt (Inv. 28506, E 8). Dieser Nachriss lässt zwar nicht erkennen, dass Müller darin Ergänzungen einfügte. Darauf deutet jedoch das Foto 8960 des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich. Weil das betreffende, 1909 entstandene Foto die heute in der Scheibe vorhandenen Ergänzungen bereits zeigt, ist nämlich davon auszugehen, dass dieselben auf Müller und nicht auf Drenckhahns Eingriff von 1911/12 zurückgehen.
1911/12: Hans Drenckhahn, Thun: Die Restaurierung Drenckhahns der Glasmalereien in der Kirche Jegenstorf dokumentieren einige dazu in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont vorhandene, 1911 datierte Pausen sowie dessen Monogramm auf mehreren von ihm in verschiedene Scheiben eingesetzten Ergänzungen.
1940: Abnahme der Scheiben durch Glasmaler Eduard Boss sowie 1945 Wiedereinsetzung derselben durch den Berner Glasermeister Paul Wüthrich (Staatsarchiv Bern, BB 05.7.343).
1971 Konrad Vetter, Bern: Die Jegenstorfer Glasgemälde wurden 1971 durch Vetter restauriert sowie in den Fenstern neu angeordnet.

Technique

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

History

Research

Die vorliegende Scheibe wird von Hans Lehmann zusammen mit der Bannerträgerscheibe der Stadt Thun als Stiftung dieses Ortes angesprochen. Die unterschiedlichen Rahmungen beider Werke führt derselbe dabei auf in Folge eines Unwetters im Jahr 1521 eingesetzte Ergänzungen zurück. Den Grössenunterschied der Figuren hinwiederum erklärt er mit unterschiedlichen Vorlagen (Lehmann 1915). Der heutige Zustand der Gläser lässt jedoch keine Ergänzungen vermuten. Ebensowenig überzeugt die Erklärung, der Glasmaler habe mit unterschiedlichen Vorlagen gearbeitet. Doppelstiftungen sind stets nach demselben Kompositionsschema gestaltet und die Figuren folgen demselben Grössenmassstab. Ausserdem sind bislang keine weiteren Doppelstiftungen der Stadt Thun bekannt (vgl. Hofer 1902/03). Naheliegender ist es, in der Scheibe mit dem hl. Mauritius eine Stiftung des Standes Luzern zu sehen. So zeigt etwa dessen um 1519 in die Kirche Ursenbach verehrte Scheibe die beiden Patrone dieses Ortes, den hl. Leodegar und den hl. Mauritius. Dass Luzern um 1515 in die Kirche Jegenstorf eine Doppelscheibe mit seinen beiden Patronen schenkte, wäre an sich durchaus vorstellbar.

Da die Stiftung Thuns nach Jegenstorf durch dessen Stadtrechnungen als Werk Jakob Meyers belegt ist (siehe dort), betrachtet Lehmann auch die vorliegende Scheibe als Schöpfung dieses Glasmalers (Lehmann 1915). Nach obigen Ausführungen ist von dieser Annahme Abstand zu nehmen, zumal die für Meyer quellenkundlich gesicherte Freiburger Stiftung in Jegenstorf zwar dem Thuner Bannerträger eng verwandt ist, jedoch nicht dem hl. Mauritius. Die Berner Stiftung, insbesondere die beiden Figuren, die das Reichswappen halten, weisen hingegen enge stilistische Parallelen dazu auf. Bern gab seine Stiftung zwar bei Hans Sterr in Auftrag, aber wie stilistische Unterschiede innerhalb der sechs betreffenden Scheiben deutlich machen, hat dieser dieselben sicher in Zusammenarbeit mit mindestens einem anderen Glasmaler, wohl Jakob Meyer, hergestellt (s. d.). Stilistisch verwandt ist auch Freiburgs Scheibe mit dem hl. Nikolaus in der Kirche Ursenbach. Das Damastmuster ist darauf das gleiche wie bei der Mauritiusscheibe in Jegenstorf, d. h. es wurde dafür wohl dieselbe Schablone verwendet (so bereits Heinz Matile, in: Kartei Ortskatalog Glasgemälde, Bernisches Historisches Museum). Allerdings reichen die betreffenden Werke in Ursenbach von ihrer Qualität her nicht ganz an die von Meyer und Sterr gefertigten Scheiben in Jegenstorf heran. Einiges spricht deshalb dafür, dass sie nicht von diesen Glasmalern selbst, sondern von einem anonym bleibenden Berufskollegen aus ihrem Umkreis stammen.

Dating
um 1515
Place of Manufacture
Owner

Kirchgemeinde Jegenstorf

Bibliography and Sources

Literature

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 409.

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Drittes Heft. Mittelland. II. Jegistorf–Ottenleuebad, Bern 1881, S. 8f.

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik, schweizerischer Kunstdenkmäler. IV. Canton Bern, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Januar 1882, Nr. 1, S. 240f.

Ludwig Gerster, Bernische Kirchen, Manuskript im Eidg. Archiv für Denkmalpflege, [Kappelen nach 1892].

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 22, 26, 28, 69, Nr. 37.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 241.

Paul Hofer, Auszüge über Fensterschenkungen aus den Seckelmeister-Rechnungen von Thun von 1515–1611, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 4/1902–03, S. 208.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 16/1914, S. 127f., Taf. XVIIIa (Jakob Meyer).

Hans Lehmann, Die Kirche zu Jegenstorf und ihre Glasgemälde. Festschrift zur Jubiläumsfeier des vierhundertjährigen Bestandes, Bern 1915, S. 25, 48 (Jakob Meyer).

Bernhard Anderes, Die spätgotische Glasmalerei in Freiburg i. Ü. Ein Beitrag zur Geschichte der schweizerischen Glasmalerei, Freiburg 1963, S. 125, 127, Abb. 99 (Jakob Meyer).

Jürg Schweizer, Kunstführer Emmental, Wabern 1983 (2. Aufl.), S. 67f. (Jakob Meyer).

Stefan Trümpler, Die Glasgemälde in der Kirche, in: Jegenstorf. Eine Ortsgeschichte, Jegenstorf 1989, S. 70f., 76, 82 (Jakob Meyer).

Brigitte Kurmann-Schwarz, Die Glasmalereien des 15. bis 18. Jahrhunderts im Berner Münster, Bern 1998, S. 374, 397, Abb. 413 (Jakob Meyer).

Uta Bergmann, Die Freiburger Glasmalerei des 16. bis 18. Jahrhunderts, Bern etc. 2014, Bd. 1, S.198.

Vgl.

Paul Hofer, Auszüge aus den Seckelmeister-Rechnungen von Thun von 1515–1611, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF IV/1902/03.

References to Additional Images

BHM Bern, 29594; Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse B 936, Neg. Howald 06668.19 (+c), SNM Zürich, Neg. 6571, 8962 (Jakob Meyer)

Image Information

Name of Image
BE_Jegenstorf_refK_Mauritius
Credits
© Vitrocentre Romont (photo : Yves Eigenmann, Fribourg)
Date
2015
Copyright
© Reformierte Kirchgemeinde Jegenstorf Urtenen
Owner

Kirchgemeinde Jegenstorf

Inventory

Reference Number
BE_816
Author and Date of Entry
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

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