Research
Die dem Hinterglasgemälde zugrunde liegende Graphik ist wie bei den drei Pendant-Bildern ein Blatt aus M. Küsells „Iconographia“ von 1671 nach J. W. Baur, das den „Canal Grando zu Venedig alwa die Gondolj Al fresco fahren“ zeigt (Stich 12: 15 x 21,8 cm).
Der Standpunkt des Betrachters ist tief angesetzt, er befindet sich in der untersten Bildmitte auf dem Stufenabgang der Gondel-Anlegetreppe. Beim seitenverkehrt erscheinenden Hinterglasbild mildert J. W. Baumgartner die Lichtführung: während auf dem Graphikblatt M. Küsells die Fassaden vom Schatten der Wolkenpakete schlaglichtartig erfasst werden, wird der Schatten im Hinterglasbild weniger hart trennend auf die Palastfronten gelegt. Das ganz im Dunkeln stehende Männerpaar am rechten Bildrand, auf das beim Kupferstich in spektakulärer Formation die Wolken hinweisen, wird hier links etwas mehr ins Licht gerückt, womit die geradezu verschwörerische Stimmung der Graphik zugunsten eines heiteren Rokoko-Empfindens von Auftraggeber und Maler zurückgenommen wird. Die Buntheit der grossen Volksmenge im Hintergrund auf den Promenaden vor den seitlichen Palästen und der grösseren Staffagefiguren im Vordergrund ist durch die Verblassung der Farben abgeschwächt. Sie müssen ursprünglich bei der pastelltonigen Farbpalette J. W. Baumgartners einen deutlicheren Kontrast gesetzt haben zu den mit Hilfe des Lineals gezogenen Konturen der Architektur.
Wie schon in M. Küsells Version der Vedute wird auch bei J. W. Baumgartners Hinterglasbild ersichtlich, dass hier eine fiktive Ansicht vor allem der Wiedergabe des Ambientes einer südlichen Meereshafenstadt dient und erst die Gondeln als typische Kuriosität die Lokalisierung nach Venedig dingfest machen.
Ob die drei PSV_457, PSV_458, PSV_460 (Inv.-Nrn RY 547, RY 548 und RY 550) mit der 1734 datierten Vedute zusammengehörigen Hinterglasgemälde einen vollständigen Auftrag bildeten oder einer grösseren Serie entstammen, von der sich nur diese vier erhalten hätten, ist nicht mehr nachweisbar. Die auf zwei wichtige Hafenstädte Italiens konzentrierten Bilder gehören gemäss ihrer Datierung in das erste Augsburger Schaffensjahr J. W. Baumgartners. Sie erlauben es, seine Maltechnik und seinen persönlichen Stil zu analysieren, auch wenn der Zeitstil der Vorlagen und die Zwänge, welche der Hinterglasmalereitechnik eigen sind, mitzuberücksichtigen sind. (Jolidon 2012, S. 90/91)
Dating
Um 1734
Period
1725 – 1745
Date of Receipt
2000
Donor / Vendor
Place of Manufacture
Owner
Previous Owner
Inventory Number
RY 549