Research
Die Scheibe mit der hl. Adelheid wurde von der ehemaligen Cluniazenserabtei Selz im Elsass gestiftet. Das St. Peter und Paul geweihte Kloster war eine Gründung von Kaiserin Adelheid, der Grossmutter Kaiser Ottos III. Adelheid wurde in Selz begraben und nach ihrem Tod heilig gesprochen. Sie schenkte dem Kloster die Höfe Uetendorf, Wimmis und Kirchberg mit dem dortigen Gotteshaus, d. h. sie ist auch die sagenhafte Gründerin der Kirche Kirchberg. Vor Bern war damit die Abtei Selz Grundherrin zu Kirchberg und Patronatsherrin über die dortige Kirche. 1471 teilte Bern Kirchberg der Landvogtei Burgdorf zu. 1481 wurde die Abtei von Selz in ein Kollegiatstift und 1500 in eine Propstei umgewandelt, und Bern erwarb von Selz alle Zehnten, Renten und Kirchenrechte, welche diese zu Kirchberg bis dato noch besessen hatte. In der Funktion als ehemalige Grundherrin stiftete Selz die Scheibe mit der hl. Adelheid nach Kirchberg (vgl. Lehmann 1913; von Tavel 1978, S. 225).
Ende des 19. Jahrhunderts befand sich das Glasgemälde mit der hl. Adelheid neben der Madonnenscheibe über der Solothurner Standesscheibe und dem hl. Martin im Fenster der nördlichen Schrägseite des Chors (Rahn 1883; Lehmann 1913). Dabei handelt es sich aber nicht um die ursprüngliche Anordnung. Vielmehr ist anzunehmen, dass zur Stiftung der Propstei eine Wappenscheibe gehörte, die der hl. Adelheid gegenübergestellt war. Möglicherweise umfasste diese Stiftung ursprünglich auch vier Scheiben. Die stilistisch eng mit der Adelheid-Scheibe verwandte Madonna mit Kind (s III, 4a) dürfte in diesem Fall dazu gehört haben (vgl. Lehmann 1913 und Matile 1979, S. 428). Dass ebenfalls der hl. Martin (s III, 3b) dazu zählte (vgl. Lehmann 1913), ist hingegen unwahrscheinlich, da kein Bezug des einstigen Klosters zu diesem Heiligen erkennbar ist. Wenn die Stiftung tatsächlich vier Glasgemälde umfasst haben sollte, dann wären mit anderen Worten davon sicherlich zwei verschollen.
Die Adelheid-Scheibe weist enge stilistische Parallelen zu den Glasmalereien der Bubenberg-Stiftung im Berner Münster auf (Kurmann-Schwarz 1998, Abb. 252–259) und ist somit derselben Werkstatt wie diese zuzusprechen. Neben den stilistischen Ähnlichkeiten ist die zu dieser Zeit noch seltene Verwendung von Eisenrot auffallend. Da in der betreffenden Werkstatt mehrere Hände arbeiteten, die sich mit keinen Namen verbinden lassen, bezeichnet Brigitte Kurmann-Schwarz dieses Atelier als Bubenberg-Werkstatt (Kurmann-Schwarz 1998, S. 373–74, 401–414). Hans Lehmanns Zuschreibung der Adelheid-Scheibe an Hans Hänle, dem sich kein erhaltenes Glasgemälde zuordnen lässt, ist dagegen abzulehnen (vgl. Lehmann 1913).
Dating
um1507
Period
1506 – 1508
Original Donor
Place of Manufacture
Owner
Kirchgemeinde Kirchberg.
Die Unterhaltspflicht der achtzehn 1898 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).