Felix Klauser (erstmals erwähnt 1503, † 23.3.1530 in Rapperswil SG) stammte als Sohn des Anton Scherer aus einer alten Eglisauer Bader- und Apothekerfamilie. Ab 1503 war er der letzte amtierende Abt des Prämonstratenserklosters Rüti im Kanton Zürich. 1517 erhielt er von Papst Leo X. die bischöflichen Insignien. Der Zürcher Rat zwang Klauser, Gegner der Reformation, 1525 zur Abdankung. Letzterer versuchte anschliessend mit Teilen des Klosterschatzes zu fliehen, wurde aber abgefangen. Er erhielt eine Leibrente und Wohnrecht im Rütihaus in Rapperswil. Beim Bau der Kirche in Dürnten 1517–1521 wurde ein Schlussstein mit seinem Wappen eingefügt (Amacher, 2002, S. 530; Historisches Lexikon der Schweiz, 7/2008, S. 255). Das Schweizerische Nationalmuseum besitzt zwei von Felix Klauser um 1510 gestiftete Scheiben. Eine zeigt einen Engel als Schildhalter (Inv. Nr. Dep. 38), die andere eine Madonna mit Kind im Strahlenkranz (Inv. Nr. LM 15425; Schneider, 1971, Bd. 1, Nr. 123, 124).
Seit 1349 befand sich der Kirchensatz der Aadorfer Kirche beim Prämonstratenserkloster Rüti. Die vorliegende Scheibe gehört zu einer Doppelscheibenstiftung, die Abt Felix Klauser anlässlich des Neubaus der Kirche von Aadorf im Jahr 1517 getätigt hatte. Das Pendant zur Strahlenmadonna stellte den hl. Norbert, den Gründer des Prämonstratenserordens dar. Es ist heute verschollen.Bereits einige Jahre früher hatte Klauser ein Glasgemälde mit Darstellung einer Strahlenkranzmadonna an einen unbekannten Ort gestiftet (Schneider, 1971, Bd. 1, Nr. 123). Die vorliegende Glasmalerei mit der Muttergottes befand sich im südlichen Chorfenster über dem Beichtstuhl, diejenige mit dem Ordensgründer war im Nordfenster des Chores eingesetzt (Kuhn, 1869, S. 10; Nater, 1898, S. 216). 1846 veräusserte die katholische Kirchgemeinde die Glasgemälde des Chores an Johann Nikolaus Vincent in Konstanz. Die heute verschollene Scheibe mit dem hl. Norbert erscheint schon in Johann Rudolf Rahns Vincent-Katalog von 1890 nicht mehr. Die vorliegende Scheibe wanderte in Rheinfelder Privatbesitz und konnte 1966 vom Kanton Thurgau für das Historische Museum angekauft werden (Knoepfli, 1950 und 1966).
Unter den Nummern 30 und 31 des Vincent-Katalogs erscheinen zwei ebenfalls aus dem Jahr 1517 stammende Doppelscheiben. Es handelt sich um die heute im Schweizerischen Nationalmuseum befindliche Doppelscheibe der Landvogtei Thurgau (Dep. 5 und 6; Schneider 1971, Bd. 1, Nrn. 146, 147) und die im Germanischen Nationalmuseum bewahrte Doppelscheibe der Stadt Zürich (Inv. Nr. MM260. Vgl. Hess/Hirschfelder, 2017, Kat. Nr. 616). Knoepfli, der die Zürcher Doppelscheibe nicht kannte, interpretierte die Doppelscheibe der Landvogtei als Stiftung der Eidgenossen in eine der Frauenfelder Kirchen. Diese Kirche identifizierte er als die 1862 abgebrochene Kapelle St. Leonhard im Algi (Knoepfli, 1950, S. 121, Anm. 3). Die Doppelscheibe mit der Inschrift “Die gemein Lantvogtÿ zuo frowenfeld 1517” ist jedoch keine Stiftung der Eidgenossen nach Frauenfeld, sondern eine Stiftung der Vogtei Thurgau (mit Sitz in Frauenfeld) an einen anderen Ort. Die über der Inschrift angebrachten Wappen des Reiches und der sieben Orte stehen für die Stände, denen der Thurgau seit 1460 unterstand. Wohin gelangten also diese Doppelscheiben Zürichs und des Thurgaus? Mehrere Gründe sprechen dafür, dass die Kirche Aadorf ihr ursprünglicher Bestimmungsort war. Mitten durch die Pfarrei verlief ab 1427 die Hoheitsgrenze zwischen den Grafschaften Kyburg und Thurgau (heute Kanton Zürich/Thurgau) (Salathé, 2012). Zürich war es auch, das nach der Reformation und der Aufhebung des Klosters Rüti den Kirchensatz in Aadorf übernahm. Beide Herrschaften hatten demnach Interesse, ihre Ansprüche in der Kirche von Aadorf zu repräsentieren. Durch die Stiftung der Doppelscheibe des Abtes von Rüti ist belegt, dass 1517, zum Neubau des Chores, Glasgemälde in die Kirche gelangten. Darüber hinaus bestehen zwischen der vorliegenden Scheibe von Rüti und den eindeutig zusammengehörenden Doppelscheiben von Zürich und Thurgau enge stilistische Parallelen. Sowohl bei der Stiftung Felix Klausers als auch bei derjenigen Zürichs lassen sich Entwürfe Hans Leus d. J. als Vorlagen identifizieren. Das Oberbild der Scheibe Felix Klausers mit den beiden Engeln wurde nach einem Scheibenriss von Hans Leu d. J. von 1516 geschaffen (SNM Zürich, Inv. LM 24738; Knoepfli, 1966). Der Scheibenriss, der der Zürcher Scheibe als Vorlage diente, befindet sich in der Zentralbibliothek Zürich (Scheibenrisse A II 104; vgl. Hugelshofer, 1924, S. 28). Demnach lässt sich festhalten, dass die Kirche in Aadorf zum Neubau ihres Schiffs und des Chores 1516/17 mindestens drei Doppelscheiben der verschiedenen Herrschaftsinhaber erhielt.
Die fünf erhaltenen Scheiben entstanden in derselben Glasmalerwerkstatt. Diese ist aufgrund der Stifter – die Stadt Zürich und das Kloster Rüti – und der als Vorlagen dienende Risse Hans Leus in Zürich zu verorten.
Knoepfli wies derselben Werkstatt ausserdem eine Folge von Glasgemälden geistlicher Stifter im Rathaus von Stein am Rhein aus den Jahren 1516 bis 1521 (Hasler, 2010, S. 335–342, Kat.-Nrn. 133–136) zu (Knoepfli, 1966). Hasler zeigte jedoch auf, dass diese dem Konstanzer Glasmaler Ludwig Stillhart sowie wahrscheinlich dem Schaffhauser Glasmaler Sebastian Lindtmayer zuzuweisen sind.
1967 schuf der Zürcher Glasmaler Fritz Dold eine etwas kleinere Kopie des Glasgemäldes für die Gemeinde Rüti ZH (Nachweisakten des Historischen Museums Thurgau).
Die Scheibe wird genannt in:
Kuhn, 1869, S. 10.
Rahn, 1890, Nr. 27.
Heberle, 1891, Nr. 24.
Nater, 1898, S. 216.
Rahn, 1899, S. 5.
Knoepfli, 1950, S. 20–21, Abb. 15.
Knoepfli, 1966, S. 283, Abb.
Galerie Stuker, 1966, Nr. 2725 (Lukas Zeiner).
Knoepfli, 1987, Farbtaf.
Früh, 2001, S. 49.
Hux, 2010, Abb. S. 12.
Knoepfli, A. (1966). Bericht zum allfälligen Erwerb der Abt Felix Klauser-Scheibe von 1517 aus der Kirche Aadorf bei der Auktion Stuker vom 9.–22. November 1966 in Bern (Nachweisakten des Historischen Museums Thurgau).