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Die Körber stammten ursprünglich aus Bern und liessen sich im frühen 17. Jahrhundert in Murten nieder. Die Familie stellte Ärzte, Pfarrer und städtische Beamte. Der Chirurg Jakob Körber wurde 1616 Mitglied der Burger in Murten. 1617 amtete er als Chorrichter, 1618 als Rechtsprecher, 1620 als Schätzer und 1626 als Seevogt. Er kam 1627 in den Murtner Rat und übernahm 1626 das Amt des Waisenvogts. Körber war 1632 auch Ohmgeltner, 1633 Spitalmeister und 1635 Holzherr. Er starb im Jahr 1657 (Engelhard 1828. S. 360. 1617 erwarb er von Hans Biffard ein Haus in Murten, vgl. StAF RM 168, 1617, p. 328 [29.5.1617]). Sein Sohn Jakob führte den Beruf des Vaters weiter (Bei Bosson 2009. S. 474 wird nur der Vater als Arzt geführt. Jedoch verlangten beide gemeinsam ihre Arztkosten. StAF RM 203, 1652, fol. 260r [25.11.1652]. Ein Scherer namens Jakob Körberer heiratete in Murten am 9.6.1580 "Susanna Ganjauw von der Nuwenstatt". Türler 1903. S. 235). Auf die Tätigkeit der Chirurgen spielen nicht nur die Oberbildszenen an, sondern auch das Wappen: das dem Helm entwachsende Skelett schwingt in der Rechten das Chirurgenmesser, das in den Oberbildern verwendet wird, und deutet mit der Linken den Starstich an. Die Stein- und Bruchoperationen waren sicher nicht so häufig, wie die Berufsbezeichnung "Stein- und Bruchschneider" vermuten liesse, doch rühmten sich die Chirurgen, die solche Eingriffe erfolgreich auszuführen verstanden, ganz besonders (Vgl. Wehrli 1927. S. 86–87). Scherer und Bader stritten sich in vielen Städten um das Recht zur Ausübung der Chirurgie (Martin 1906. S. 97–100).
Der Glasmaler der Scheibe nahm sich den Scheibenriss des Zürcher Glasmalers Christoph Murer (1558–1614) für die Thurgauer Familie Wehrli von Greifenberg zum Vorbild, von dem sich mehrere Nachzeichnungen erhalten haben. Einzig der Riss im Kunstmuseum Bern datiert 1602, weist das Monogramm Murers auf, und dürfte damit die grundlegende Originalzeichnung darstellen (Inv. A 933; Vignau-Wilberg 1982. S. 34, Anm. 339; Hasler 1996/1997. Bd. II. Abb. 596.1; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 285.1). Die davon abhängigen Nachzeichnungen befinden sich heute im Bernischen Historischen Museum (Slg. Wyss Inv. 20036.424; Hasler 1996/1997. Bd. II. S. 210–211, Nr. 596; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 285.2), in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin (Hdz. 1673 [als Arbeit Murers geführt]; Hasler 1996/1997. Bd. II, Abb. 596.2) und im Schweizerischen Nationalmuseum (Inv. AG 11878 [Monogramm AK, Aarburg 1604]; Hasler 1996/1997. Bd. II. Abb. 596.3). Wie die in bernischen Glasmalereiwerkstätten entstandenen 1655 bzw. 1656 datierten Wappenscheiben Christian Willadings und Jakob Buchers (Einst Wiedlisbach, Städtische Sammlung. Foto SLM 20745/6. Hasler 1996/1997, Bd. II. S. 211) ist auch die Körber-Scheibe nach dem Grundschema des Murer-Risses komponiert: unter einem gestelzten und geschweiften Bogen steht das Vollwappen des Stifters, das in den Seitennischen von den auf Postamenten stehenden Allegorien der Justitia und Prudentia begleitet wird, während Putten die Inschrifttafel präsentieren. Indirekt vom Scheibenriss beeinflusst ist auch die 1656 vom Berner Glasmaler Matthias Zwirn erstellte Wappenscheibe Gerhard von Diesbachs (BHM Inv. 7365; Hasler 1996/1997. Bd. II. Abb. 593.1; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 285.3). Sicher entstand auch die Murtner Scheibe in einer bernischen Glasmalerwerkstätte, weil einerseits der Scheibenriss Murers in Bern bekannt und beliebt war, anderseits sich die Murtner für ihre Scheibenbestellungen gerne an die Aarestadt wandten. Die einstige Zuschreibung der Körber-Scheibe an den Monogrammisten VBL durch Hans Lehmann in der Fotothek des Nationalmuseums ist aus historischen und stilistischen Gründen abzulehnen, denn der Monogrammist war um 1625 nur ein bis zwei Jahre in oder für Freiburg tätig. Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Scheibe Körbers zu den Stiftungen ins Schützenhaus gehört, die dem Glasmaler Matthias Zwirn in Bern in Auftrag gegeben wurden. Die in Murten erhaltene, von Zwirn signierte Stadtscheibe (vgl. FR_284) ist ihres grösseren Formats wegen stilistisch sicher schwerer vergleichbar als die oben erwähnte Scheibe von Diesbachs und die ebenfalls signierte, gleichformatige Wappenstiftung der beiden Murtner Schützenmeister Jakob Tschachtli und Heinrich Stulz, die heute in einer Privatsammlung in Arnas (Burgund) aufbewahrt wird (vgl. Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 284.1). Sie zeigt aber den gleichen Schriftduktus und Figurencharakter wie die vorliegende Scheibe, die in Murten verblieben ist.
Datation
1644
Date d'entrée
1907
Commanditaire / Donateur·trice
Körber, Jakob, Vater († 1657) und Sohn (?–?)
Donateur·trice / Vendeur·euse
Familie Engelhard, Murten.
Localisation d'origine
Lieu de production
Propriétaire
Propriétaire précédent·e
Aus dem Schützenhaus Murten, dann Slg. Johann Friedrich Ludwig Engelhard. 1907 Erwerb von der Familie Faucherre-Engelhard.
Numéro d'inventaire
H-IV-16