Recherche
Biglen, die Nachbargemeinde von Grosshöchstetten, stiftete wie die Berner Obrigkeit eine Doppelscheibe in die dortige Kirche. Statt ihres Wappens wählte diese Gemeinde zwei tiefsinnige Bildthemen, die jeweils unter einem gleich gestalteten Architekturbogen dargestellt sind. Die Szene der vorliegenden Scheibe (nach Michel 1985, S. 194–196: "ungedeutet") kennt man in leicht abgewandelter Form auch von einem 1593 datierten, in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums befindlichen Riss Hans Jakob Plepps für eine Scheibe der Basler Universitätsprofessoren (Hasler 1996/97, Bd. 1, Kat.-Nr. 126b). Nach Paul Ganz stellt dieses Motiv zwei Männer beim Begiessen bzw. Veredlen eines Bäumchens dar, was sinnbildhaft auf die Lehrtätigkeit der Scheibenstifter anspielen soll. Da vom Riss nur die untere Hälfte erhalten ist, lässt sich nicht sagen, ob die beiden Männer ursprünglich Nimben besassen und Heilige darstellen (Ganz 1966, S. 74, 88, 142). Im Emblembuch des Peter Is(s)elburg "Emblemata politica" von 1617 (Erstausgabe) zeigt ein Kupferstich unter dem Titel "SINE NUMINE FRUSTRA" (ohne Gott vergeblich) zwei Männer beim Pflanzen und Begiessen eines Baumes. Der lateinische Vers dazu lautet: "Obschon Paulus pflantzet mit Fleiss / Apollo nach Vermögen begeust / Dar Baum dannoch vnfruchtbar bleibt / So nicht der HERR segnet vnd treibt / Ohn Gottes Segen ist vmbsonst / Allr Menschen Müh, Arbeit vnd Kunst" (Henkel/Schöne 1996, Sp. 160, 161). Dieses Motiv, das dem Betrachter nahelegt, dass ohne Gottes Segen nichts gedeihen kann, ist auch auf dem Titelblatt des "Genfer Psalters" von 1562 dargestellt (Theodor de Bèze/Clément Marot, Les psaumes mis en rime françoise, gedruckt in Genf; vgl. dazu: Pettegree 2009, S. 47, Abb. 3). Es zeigt zwei nimbenlose Männer beim Pflanzen und Begiessen von Bäumen. Die beiden Heiligen, die in der Scheibe Biglens einen Baum veredeln, dürfen sicher mit den Aposteln Petrus und Paulus identifiziert werden, und zwar möglicherweise als Hinweis auf das einstige Patrozinium der Kirche von Biglen (Samuel Rutishauser [1987, S. 20] schliesst für diese ein Petruspatrozinium nicht aus).
Stil und Technik der Doppelscheibe Biglens sind der am gleichen Ort befindlichen und signierten Berner Stiftung stark verwandt und daher wie diese Hans Zeender zuzuschreiben.
Datation
1597
Commanditaire / Donateur·trice
Lieu de production
Propriétaire
Kirchgemeinde Grosshöchstetten.
Die Unterhaltspflicht der zwei Glasgemälde im Chor 1883 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936 [Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343]).