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Bezeichnend für diese Stilphase an der Wende zur Renaissance ist neben der feinen Damaszierung von Gewand und Hintergrund die Überspielung der hier schon beinahe aufgelösten Bogenarchitektur und der gedrungenen Säulen mit fleischigem Pflanzenwerk.
Die Scheibe gehört zu den spätesten datierten Werken, die dem vielbeschäftigten Berner Glasmaler Hans Funk († 1540) zugeschrieben werden können (Von Max de Techtermann zunächst dem Glasmaler Heinrich Ban zugewiesen [vgl. Dubois 1910]. Doch sicher ein Spätwerk seines mutmasslichen Lehrmeisters). Einen sehr ähnlichen Kopf besitzt beispielsweise der hl. Johannes, der den Berner Stifter von Erlach (1474–1539) auf einer Scheibe in der Eremitage in St. Petersburg begleitet (Shlikevich 2010. Kat.-Nr. 3. Wahrscheinlich die Kopie der Scheibe Hans von Erlachs aus dem Jahr 1519, die 1911 in der Kirche von Hindelbank verbrannte und Hans Funk oder seiner Werkstatt zugeschrieben war. Lehmann ASA 1915. S. 55–56, Abb. 6). Von Hans Funk hat sich in der Staatlichen Graphischen Sammlung München auch ein Scheibenriss erhalten, der den fast identischen Engel mit einer Mitra in der Rechten als Schildhalter des Wappens von Wattenwyl zeigt (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 39.1). Auftraggeber der nicht mehr erhaltenen Scheibe war wahrscheinlich Niklaus von Wattenwyl, Propst zu Lausanne, Abt der Zisterzienserabtei Montheron und seit 1521 Propst des Chorherrenstifts St. Vinzenz zu Bern (HS I, 4. 1988. S. 391–393; Braun 2004. S. 30–46; Braun, Hans. Wattenwyl, Niklaus von. In: HLS 13, 2014. S. 292). Da er 1526 auf seine geistlichen Würden verzichtete und sich mit der Klosterfrau Klara May verheiratete, wird der Scheibenriss noch vor dieser Zeit entstanden sein. Auch eine 1980 bei Sotheby’s in New York gehandelte Scheibe mit einem unbekannten Bischofswappen folgt diesem Riss genau (European Works of Art, Furniture and tapestries. Sotheby’s New York, 28.–29. November 1980. Lot 125). Das Bildmotiv muss jedoch schon früher existiert haben, denn nach der gleichen Vorlage entstand um 1500 in einer Berner Werkstatt eine Scheibe, die sich im Nationalmuseum Stockholm befindet (Ganz Statistik. LM 99774.410; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 39.2). Eine vergleichbare Komposition weist auch die mutmassliche Nachzeichnung eines Scheibenrisses mit dem Engel als Schildhalter eines unbekannten Wappens in der Sammlung J. C. Lavater in Wien auf (Canestrini 2000. S. 161, LAV 81).
Die vorliegende Scheibe besitzt keine Stifterinschrift, sondern trägt nur das Ordenswappen der Zisterzienser. Dass es sich dennoch um eine Stiftung des Frauenklosters Magerau handeln könnte, zeigt der Blick auf eine Scheibe desselben Klosters aus dem Jahr 1547, die heute im Cleveland Museum of Art aufbewahrt wird. Auch diese stellt das Ordenswappen statt eines Klosterwappens dar, ist jedoch durch die Inschrift als Stiftung "des wirdige gotzhus orde. s. bernhartz in der magere ouw. zu friburg" gesichert (Corpus Vitrearum Checklist USA III. 1989. S. 211; Raguin/Zakin 2001. S. 184–186; Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 57). Die Scheibe in Amerika stammt aus der bekannten Sammlung Joseph Niklaus Vincents, der Ende des 19. Jahrhunderts seine Glasgemälde v. a. in der zentralen und östlichen Schweiz erwarb. Als Bestimmungsorte der Freiburger Stiftung mögen daher befreundete Zisterzienserklöster wie Wettingen in Frage kommen, oder das Frauenkloster Magdenau, aus dem angeblich auch zwei Scheiben der Gebrüder Tschudi aus dem Jahr 1547 stammen (Heute im Schweizerischen Nationalmuseum. Anderes 1994. S. 192 und 197; Schneider 1971. Bd. I. S. 90–91, Nr. 240, 241).
Das hier vorliegende Glasgemälde des Freiburger Museums für Kunst und Geschichte befand sich im 19. Jahrhundert in der Klosterkirche der Magerau in Freiburg, in der Rose des Chorabschlusses, in die sie vielleicht erst im Laufe der Zeit versetzt worden war. Sie wäre demnach eine Eigenstiftung in die Kirche oder den Konvent gewesen. Theoretisch kann sie jedoch auch die Stiftung eines befreundeten Zisterzienserklosters sein.
Datation
1536
Date d'entrée
1899
Commanditaire / Donateur·trice
Magerau (?), Zisterzienserinnenkloster
Donateur·trice / Vendeur·euse
Kloster Magerau, Freiburg
Localisation d'origine
Lieu de production
Propriétaire
Propriétaire précédent·e
Spätestens im 19. Jahrhundert in der Rose des Chorabschlusses der Klosterkirche Magerau angebracht (Im Briefwechsel des Konservators Max de Techtermann mit der Erziehungsdirektion ist nur von den Fenstern der Kirche die Rede DIP 1185a). Aus dem Kloster 1899 erworben.
Numéro d'inventaire
MAHF 3477