Forschung
Die von Graffenried gehören zu den alteingesessenen, ehemals patrizischen Familien Berns. Erstmals 1270 namentlich nachweisbar, schwangen sie sich zu einem der führenden Geschlechter der Aarestadt auf, in der sie zahlreiche Politiker stellten. Anton IV. wurde 1639 als Sohn Christophs I. (1603–1687) und seiner Frau Anna von Mülinen geboren. Er verfolgte die politische Laufbahn, wurde 1664 Grossrat, 1673–1679 Landvogt von Aigle (Aelen) und des Kleinen Rats in Bern (Sein gemaltes Wappen findet sich zwischen den Berner Schilden am Haupttor des Schlosses von Aigle [um 1675]. Braun 2012. S. 46). Von seinen beiden Ehefrauen, Katharina Jenner (1644–1664) und Susanna Lombach († 1719), hatte er insgesamt zehn Kinder. Anton von Graffenried wurde erst 1721 Herr von Worb, als seine Neffen, Söhne seines älteren Bruders Kaspar, früh und ohne männliche Nachkommen verstarben. Er war zu dieser Zeit schon 82 Jahre alt und hatte sich nach dem Rückzug aus dem Amt des Gubernators mit historischen und genealogischen Studien beschäftigt, die 1717 in der Verfassung eines Stammbuches seiner Familie gipfelten. Anton von Graffenried starb 1730 im hohen Alter von 91 Jahren. Seine Grablege kam 1983 bei einer Restaurierung im Chor von Worb zutage. Anton von Graffenried war ein sparsamer und pflichtbewusster Mann gewesen. Sein erstgeborener Sohn Christoph V. (1661–1742) hingegen war lebensfroh, verschwenderisch und abenteuerlustig. Er kam u. a. nach London und Paris und wanderte schliesslich nach Amerika aus, wo er um 1710 die Kolonie Neu-Bern gründete und Landgraf von Carolina wurde. 1713 musste er jedoch hochverschuldet nach Bern zurückkehren, so dass sein betagter Vater Anton, zum grossen Ärger seiner jüngeren Ratskollegen, 1720 für eine Zeit von fünf Jahren auch das Amt des Schultheissen von Murten übernahm, um seine Schulden zu tilgen.
In der Fotothek des Schweizerischen Nationalmuseums ist das vorliegende Glasgemälde sicher zu Recht dem Glasmaler Andreas Fueter in Bern (1660–1742) zugeschrieben. Der letzte, aber vielbeschäftigte Berner Glasmaler hinterliess verschiedene Glasgemälde, wie die Scheiben von 1714 in Avenches (Grandjean 1988. S. 451, Abb. 367; S. 614, Anm. 137, S. 615, Anm. 143. Grandjean 2007. S. 425, Abb. 625) und von 1730 in Stettlen (Born 1991. S. 47–53, Abb. 19–33; BE_631, BE_633, BE_634, BE_635, BE_636, BE_637, BE_638, BE_639, BE_640, BE_641, BE_642, BE_643, BE_644, BE_645). 1726 signierte Andreas Fueter eine Scheibe, die Anton von Graffenried auch im Namen seines Vaters Christoph in die Kirche von Worb stiftete (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 275.1; BE_767). Auch eine 1730 datierte Wappenscheibe seines weitbekannten Sohnes Christoph befindet sich dort (Rubli 1992. Abb. S. 11 und 32; Braun 2012. Abb. S. 89; BE_768). Noch näher steht der vorliegenden Scheibe jedoch ein 1719 für den Vogt von Payerne, Benjamin Dachselhofer (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 275.2) entstandenes Glasgemälde, das die gleiche Malart der Helmdecke und den gleichen Schriftcharakter aufweist. Die sicher vom gleichen Glasmaler geschaffene Scheibe bleibt jedoch wie in Kerzers unsigniert (Payerne, Gerichtsgebäude, Gemeindesaal. Foto SLM 20722. In der Fotothek des Nationalmuseums Zürich ebenfalls Andreas Fueter zugeschrieben).
Datierung
1722
StifterIn
Graffenried, Anton von (1639–1730)
Herstellungsort
Eigentümer*in