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FR_282: Standesscheibe Freiburg um 1560/70
(FR_Murten_Museum_FR_282)

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Titel

Standesscheibe Freiburg um 1560/70

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
Um 1560/70
Masse
35 cm Durchmesser (im Licht)

Ikonografie

Beschreibung

In einem breiten üppigen Blattwerkkranz halten zwei Löwen vor blauem Spiralrankendamast die Reichskrone über der Wappenpyramide. Der rechte wendet das bleckende Haupt frontal dem Betrachter zu, der linke schaut rückwärts; beide stützen eine Pranke auf die geneigten, vom Reichswappen überhöhten Freiburger Schilde ab. Am Fuss der Scheibe steht auf violettem Grund die moderne Inschrift.

Iconclass Code
25F23(LION) · Raubtiere: Löwe
44A1 · Wappen (als Staatssymbol etc.)
44B191 · Krone (als Symbol der obersten Gewalt)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Freiburg: Geteilt von Schwarz und Silber.
Reichswappen: In Gold ein goldgekrönter nimbierter und goldbewehrter schwarzer Doppeladler.

Inschrift

Stifterinschrift (ergänzt): Die . stat . Friburg.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Wenige Notbleie. Inschrift modern.

Technik

Farbloses, gelbes, blaues, grünes und violettes Glas. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Hermann Schöpfer ordnete die Freiburger Standesscheibe wie die ältere Berner Standescheibe (FR_281) unter der Deutschen Kirche in Murten ein. Beide kommen aber wahrscheinlich aus dem Rathaus Murten, wo sie noch 1883 in ein Projekt des Museumskonservators Alfred Berthoud für die Neugestaltung des Gemeinderatssaales einbezogen wurden (Stadtarchiv Murten; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 281.1 Detail).
Die Freiburger Standesscheibe ist undatiert; vielleicht stand früher das Datum auf der Inschrifttafel, die inzwischen modern ergänzt wurde. Die zeitliche Einordnung ist daher sehr umstritten. Hermann Schöpfer setzte das Glasgemälde um 1505 an, das Museums-Inventar um 1520/30, und Bernhard Anderes schrieb es bei einer Datierung um 1545/50 Joseph Gösler zu (Vgl. seinen Nachlass im Vitrocentre, Romont).
Der dichte grüne Blattkranz mit seinen gegenständigen Voluten findet sich gerne in der Berner Glasmalerei zwischen 1550 und 1570 (Scheidegger 1947. Abb. 45, 50), ist aber auch schon früher belegt (Vgl. die Rundscheiben um 1525 aus dem ehemaligen Stadthaus Hans Rudolf von Erlachs, die um 1749 in die Kirche Hindelbank versetzt wurden, wo sie 1911 durch einen Brand weitgehend zerstört wurden. Lehmann 1913; Hofer. Kdm BE II. 1959. Abb. 155/156). Die Wappenhalter der Joseph Gösler zugeschriebenen Scheiben zeigen allerdings eine völlig andere Auffassung in der Gestaltung des Löwenmauls (Matile 1965/1966. Abb. 9: Ämterscheibenriss 1548 im BHM; Scheidegger 1947. Abb. 33, 36). Formal entspricht das vorliegende Glasgemälde hingegen vor allem der Freiburger Standesscheibe von 1560 in der nahegelegenen Kirche von Meyriez (FR_280), die uns damit auch einen näheren Hinweis zur Datierung liefert. Zur fraglichen Zeit wurden in Murten mehrere Glasmaler beschäftigt: 1559/60 musste der Glasmaler Jakob III. Wildermut (in Murten 1554–1565 nachgewiesen) Scheiben fassen und flicken, darunter „dz wappen“ (Stadtarchiv Murten StR 1559 und 1560; Schöpfer. Kdm FR V. 2000. S. 99). 1563/64 fertigte und versetzte Jakob Wildermut neue Fenster ins Rathaus und flickte erneut bestehende. 1563 wurde Glasmaler Heinrich Jonart (seit 1562 in Murten tätig) für das Einsetzen von zwei Wappenschilden Murtens, eines neuen und eines alten, in zwei benachbarte Fenster bezahlt (Stadtarchiv Murten StR 1563 und 1564; Schöpfer. Kdm FR V. 2000. S. 99–100). 1566 zahlte Freiburg "einem glasser von Murten von wegen miner g. herren Fenster, so er zu Murtten vff rathhuß gemacht hat" 23 Pfund und acht Schilling (StAF SR 1566/II, fol. 30r). Eine sicher gleichzeitige Stiftung Berns ins Rathaus wurde dem "glaser von Murten heißt Peter Grißach" erst 1568 bezahlt (StABE Seckelmeisterrechnung 1568/I 5.3.1568?]. "Han ich bezalt einem glaser von Murten heisst Peter Grissach umb ein venster inen in ir Rhathus verehret 15 lib 15 s." vgl. Blösch 1879. S. 65; Benziger 1903/1904. S. 194). Denkbar ist, dass in den Fensterstiftungen der Landesherren auch die Standesscheiben inbegriffen waren. Die Ausgangslage für eine Zuschreibung der Freiburger Standesscheibe bleibt aber auch unter Beizug der Quellen undurchsichtig. Der Glasmaler wird trotz aller formalen Übereinstimmungen kaum mit jenem der Standesscheibe in Meyriez identisch sein. Zu gross sind die stilistischen Unterschiede in der Gestaltung der Löwen. Er wird vielmehr die vorliegende Wappenscheibe nach einem Riss des im November 1565 verstorbenen Stadtglasmalers Lienhard Jerli geschaffen haben. In Frage kommt sowohl ein Murtner wie ein Freiburger Glasmaler. Jakob Wildermut wird seine eigene, schon 1546 getätigte Scheibenstiftung zugeschrieben (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 300), doch ist sein und Heinrich Jonarts Werk für die Murtner Kundschaft völlig unbekannt. Peter Grissach, der aus Luzern nach Freiburg übersiedelte (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 267), hinterliess ebenfalls keine signierten Glasgemälde. Es bieten sich daher auch keine sicheren Vergleichsstücke an. Die Löwen der Stadtscheibe von Romont 1571, die ihrer zeitlichen Stellung wegen vielleicht Peter Grissach zugewiesen werden könnte ([[FR_54](/objects/FR_54)), sind von wesentlich anderem Charakter. In Freiburg waren 1560 bis 1568 neben Peter von Grissach auch noch die Glasmaler Peter von Wyler, Hans Gryff, Hans Reidet und eventuell auch Wilhelm Heimo tätig, während der verarmte, damals schon sehr betagte und 1567 verstorbene Wilhelm Schmalz kaum mehr als Autor der vorliegenden Scheibe in Frage kommt.

Datierung
Um 1560/70
Zeitraum
1550 – 1580
Eingangsdatum
Unbekannt
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Museum Murten

Inventarnummer
H-IV-7

Bibliografie und Quellen

Literatur

Schöpfer, Hermann. Die Kunstdenkmäler des Kantons Freiburg. Band V. Der Seebezirk II. (Die Kunstdenkmäler der Schweiz Bd. 95) Basel 2000. S. 119.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 282.

Vgl.

Blösch, Emil. Kunstgeschichtliche Mitteilungen aus den Bernischen Staatsrechnungen von 1550–1582. In: Beiträge zur Geschichte der Kunst und des Kunsthandwerks in Bern im 15., 16. und 17. Jahrhundert. Hrsg. von der Bernischen Künstlergesellschaft zur Einführung des Kunstmuseums. Bern 1879. S. 57–70.

Benziger, J. C. Verzeichnis der Fensterschenkungen, welche in den Deutsch Seckelmeister-Rechnungen der Stadt Bern in den Jahren 1550–1600 vorkommen. In: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 5, 1903/1904. S. 187–202.

Lehmann, Hans. Die zerstörten Glasgemälde in der Kirche von Hindelbank und ihre Beziehungen zur Familie von Erlach. SA aus: «Berner Kunstdenkmäler» Bd. 4, Lieferung 5–6, Bern o. J. [1913].

Scheidegger, Alfred. Die Berner Glasmalerei von 1540 bis 1580. (Berner Schriften zur Kunst Band IV) Hrsg. von Prof. Dr. Hans R. Hahnloser. Bern-Bümpliz 1947. Abb. 45, 50.

Hofer, Paul. Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern. Band II. Die Stadt Bern. Gesellschaftshäuser und Wohnbauten. (Die Kunstdenkmäler der Schweiz Bd. 40) Basel 1959.

Matile, Heinz. Berner Ämterscheiben. In: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums 45/46, 1965/1966. S. 29–72. Bern 1968.

Rubli, Markus F. Murten im Wandel. Murten 1983. (Projekt Berthoud).

Staatsarchiv Freiburg (StAF): Seckelamtsrechnungen (SR).

Stadtarchiv Murten: Stadtrechnungen (StR).

Staatsarchiv Bern (StABE): Seckelmeisterrechnung.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich 6455; Museum Murten

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Murten_Museum_FR_282
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (Foto: Yves Eigenmann)
Aufnahmedatum
2013
Eigentümer*in

Museum Murten

Inventar

Referenznummer
FR_282
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema von Standesscheibe Freiburg um 1560/70