Research
Hermann Schöpfer ordnete die Freiburger Standesscheibe wie die ältere Berner Standescheibe (FR_281) unter der Deutschen Kirche in Murten ein. Beide kommen aber wahrscheinlich aus dem Rathaus Murten, wo sie noch 1883 in ein Projekt des Museumskonservators Alfred Berthoud für die Neugestaltung des Gemeinderatssaales einbezogen wurden (Stadtarchiv Murten; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 281.1 Detail).
Die Freiburger Standesscheibe ist undatiert; vielleicht stand früher das Datum auf der Inschrifttafel, die inzwischen modern ergänzt wurde. Die zeitliche Einordnung ist daher sehr umstritten. Hermann Schöpfer setzte das Glasgemälde um 1505 an, das Museums-Inventar um 1520/30, und Bernhard Anderes schrieb es bei einer Datierung um 1545/50 Joseph Gösler zu (Vgl. seinen Nachlass im Vitrocentre, Romont).
Der dichte grüne Blattkranz mit seinen gegenständigen Voluten findet sich gerne in der Berner Glasmalerei zwischen 1550 und 1570 (Scheidegger 1947. Abb. 45, 50), ist aber auch schon früher belegt (Vgl. die Rundscheiben um 1525 aus dem ehemaligen Stadthaus Hans Rudolf von Erlachs, die um 1749 in die Kirche Hindelbank versetzt wurden, wo sie 1911 durch einen Brand weitgehend zerstört wurden. Lehmann 1913; Hofer. Kdm BE II. 1959. Abb. 155/156). Die Wappenhalter der Joseph Gösler zugeschriebenen Scheiben zeigen allerdings eine völlig andere Auffassung in der Gestaltung des Löwenmauls (Matile 1965/1966. Abb. 9: Ämterscheibenriss 1548 im BHM; Scheidegger 1947. Abb. 33, 36). Formal entspricht das vorliegende Glasgemälde hingegen vor allem der Freiburger Standesscheibe von 1560 in der nahegelegenen Kirche von Meyriez (FR_280), die uns damit auch einen näheren Hinweis zur Datierung liefert. Zur fraglichen Zeit wurden in Murten mehrere Glasmaler beschäftigt: 1559/60 musste der Glasmaler Jakob III. Wildermut (in Murten 1554–1565 nachgewiesen) Scheiben fassen und flicken, darunter „dz wappen“ (Stadtarchiv Murten StR 1559 und 1560; Schöpfer. Kdm FR V. 2000. S. 99). 1563/64 fertigte und versetzte Jakob Wildermut neue Fenster ins Rathaus und flickte erneut bestehende. 1563 wurde Glasmaler Heinrich Jonart (seit 1562 in Murten tätig) für das Einsetzen von zwei Wappenschilden Murtens, eines neuen und eines alten, in zwei benachbarte Fenster bezahlt (Stadtarchiv Murten StR 1563 und 1564; Schöpfer. Kdm FR V. 2000. S. 99–100). 1566 zahlte Freiburg "einem glasser von Murten von wegen miner g. herren Fenster, so er zu Murtten vff rathhuß gemacht hat" 23 Pfund und acht Schilling (StAF SR 1566/II, fol. 30r). Eine sicher gleichzeitige Stiftung Berns ins Rathaus wurde dem "glaser von Murten heißt Peter Grißach" erst 1568 bezahlt (StABE Seckelmeisterrechnung 1568/I [5.3.1568?]. "Han ich bezalt einem glaser von Murten heisst Peter Grissach umb ein venster inen in ir Rhathus verehret 15 lib 15 s." vgl. Blösch 1879. S. 65; Benziger 1903/1904. S. 194). Denkbar ist, dass in den Fensterstiftungen der Landesherren auch die Standesscheiben inbegriffen waren. Die Ausgangslage für eine Zuschreibung der Freiburger Standesscheibe bleibt aber auch unter Beizug der Quellen undurchsichtig. Der Glasmaler wird trotz aller formalen Übereinstimmungen kaum mit jenem der Standesscheibe in Meyriez identisch sein. Zu gross sind die stilistischen Unterschiede in der Gestaltung der Löwen. Er wird vielmehr die vorliegende Wappenscheibe nach einem Riss des im November 1565 verstorbenen Stadtglasmalers Lienhard Jerli geschaffen haben. In Frage kommt sowohl ein Murtner wie ein Freiburger Glasmaler. Jakob Wildermut wird seine eigene, schon 1546 getätigte Scheibenstiftung zugeschrieben (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 300), doch ist sein und Heinrich Jonarts Werk für die Murtner Kundschaft völlig unbekannt. Peter Grissach, der aus Luzern nach Freiburg übersiedelte (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 267), hinterliess ebenfalls keine signierten Glasgemälde. Es bieten sich daher auch keine sicheren Vergleichsstücke an. Die Löwen der Stadtscheibe von Romont 1571, die ihrer zeitlichen Stellung wegen vielleicht Peter Grissach zugewiesen werden könnte (FR_54), sind von wesentlich anderem Charakter. In Freiburg waren 1560 bis 1568 neben Peter von Grissach auch noch die Glasmaler Peter von Wyler, Hans Gryff, Hans Reidet und eventuell auch Wilhelm Heimo tätig, während der verarmte, damals schon sehr betagte und 1567 verstorbene Wilhelm Schmalz kaum mehr als Autor der vorliegenden Scheibe in Frage kommt.
Dating
Um 1560/70
Period
1550 – 1580
Date of Receipt
Unbekannt
Original Donor
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Inventory Number
H-IV-7