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VMR_163_FR_300: Bildscheibe um 1520: Joseph und Potiphars Weib
(FR_Romont_VMR_VMR_163_FR_300)

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Titel

Bildscheibe um 1520: Joseph und Potiphars Weib · Scène de l’histoire de Joseph (Joseph fuyant devant la femme de Potiphar / Putiphar) (Genèse 39.1-20)

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
Um 1520

Ikonografie

Beschreibung

Die Szene spielt sich in einem eindrucksvollen Renaissance-Zimmer mit reichem Türrahmen, dekoriertem Fliesenboden und Okuli-Fenstern ab. Potiphars Weib sitzt am Fussende ihres baldachinbekrönten Bettes und versucht, den fliehenden Joseph an seinem Mantel zurückzuhalten (Gn 39, 10–20). Er löst jedoch mit der Linken das Band seines Umhangs, der in den Händen der lüsternen, ehebruchbereiten Pharaonengattin zurückbleiben wird. Joseph hat bereits seine Kopfbedeckung verloren. Sie liegt am Boden neben einer umgestürzten Vase, aus der sich Wasser ergiesst. Das Thema der Lüsternheit wird im Hintergrund noch einmal aufgegriffen: an der Türschwelle zum Zimmer wird eine junge Magd von einem Mann handgreiflich bedrängt.

Iconclass Code
71D1331 · Potiphars Frau greift nach Josephs Gewand, wobei sie (in der Regel) im Bett liegt; Joseph entkommt, läßt aber sein Gewand in ihren Händen zurück (manchmal wird zusätzlich ein nacktes Kind gezeigt, das in einer Wiege liegt)
Iconclass Stichworte
Inschrift

Keine

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Ehemalige Rundscheibe zu einem Achteck zurechtgeschnitten. Zwei Sprünge mit retuschiertem Ausbruch.

Technik

Farbloser Monolith. Bemalung mit Schwarzlot in verschiedenen Farbstufen und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Das heutige oktogonale Format der Scheibe beruht auf einem späteren Eingriff. Das Glasgemälde besass ehemals die übliche Rundform (Die Achteckscheibe ist in dieser Zeit in den Niederlanden völlig unüblich. Zudem sind die Ränder mit dem Diamanten geschnitten, was auch technisch auf eine spätere Intervention hinweist). Der Glasmaler hielt sich bei der vorliegenden Scheibe, wie bei ihrem Gegenstück (VMR_162_FR_301), an Kupferstiche des Niederländers Lukas van Leyden (1494–1533). Dieser schuf im Jahr 1512 einen fünfteiligen Zyklus der Josephsgeschichte: Er beginnt mit der Schilderung der beiden Träume, die Joseph, der Lieblingssohn Jakobs, seinem Vater erzählt, und die ausdrücken, dass er rangmässig über seinen Brüdern stehe. Den Verkauf Josephs durch seine Brüder an eine nach Ägypten ziehende Karawane stellt Lukas van Leyden nicht dar. Am Hof des Pharaos weist Joseph die Liebe von Potiphars Frau zurück, die ihn dann aus Rachsucht der Vergewaltigung beschuldigt. Der Pharao lässt den Jüngling ins Gefängnis werfen. Dort trifft er auf zwei ebenfalls in Ungnade gefallene Hofbeamte, denen er ihre Träume deutet. Die prophetischen Fähigkeiten Josephs kommen dem Pharao zu Ohren, den ebenfalls nächtliche Träume quälen. Joseph prophezeit dem ägyptischen Herrscher die bevorstehenden sieben fetten und sieben mageren Jahre. Aus Dankbarkeit setzt Pharao Joseph an die Spitze seines Volkes.
Das querrechteckige Format des Kupferstichs (Matile 2000. Nr. 56. Stichgrösse ca. 12,60 x 16,70 cm; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 300.1) setzte der Glasmaler geschickt in das ursprünglich runde Format um. Er musste dabei die Szene v. a. im oberen Teil, aber auch unten frei gestalten, was er mit der Ergänzung der Bettstatt durch einen Baldachin, der Wandzone durch einen Oculus und der Bodenfläche durch einen reich gemusterten Kachelboden erreichte. Es ist anzunehmen, dass zu den beiden erhaltenen Scheiben (VMR_163_FR_300 und VMR_162_FR_301) auch die drei anderen zugehörigen Szenen der Josephsgeschichte existiert haben. Die Werke Lukas van Leydens, der laut Karel van Mander (1610–1670) neben Gemälden, Zeichnungen und Graphiken auch Glasgemälde schuf, wurden in der niederländischen Glasmalerei oft zum Vorbild genommen (vgl. Husband 1995. S. 116–128. S. 56–64 auch mehrere niederländische Scheiben zur Josephsgeschichte nach anderen Vorlagen). Der Meister der beiden in Romont aufbewahrten Scheiben stammt ebenfalls aus den Niederlanden, wo die mit Grisaille und Silbergelb bemalte Rundscheibe weit verbreitet war. Nur dort ist die Qualität der raffiniert abgestuften, miniaturhaft feinen Malerei anzutreffen.

Datierung
Um 1520
Zeitraum
1500 – 1540
Eingangsdatum
1997
Schenker*in / Verkäufer*in

Erbengemeinschaft Sibyll Kummer-Rothenhäusler, Zürich

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Vitromusée Romont

Vorbesitzer*in

1990/91 im Handel Hôtel Drouot in Paris. 1997 Ankauf aus dem Nachlass Sibyll Kummer-Rothenhäusler, Zürich.

Inventarnummer
VMR 163

Bibliografie und Quellen

Literatur

L'art du peintre-verrier. Vitraux français et suisses XIVe–XVe siècle. (Catalogue d'exposition Bourges, Le Parvis des Métiers 28 mai – 28 décembre1998) Bourges 1998. S. 81–82, Nr. X.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 300.

Vgl.

Husband, Timothy B. The Luminous Image. Painted Glass Roundels in the Lowlands 1480–1560. With an introductory essay by Ilja M. Veldman. (Ausstellungskatalog. The Metropolitan Museum of Art, New York) New York 1995.

Matile, Michael (Bearb.). Die Druckgraphik Lucas van Leydens und seiner Zeitgenossen. (Bestandskatalog

der Graphischen Sammlung der ETH Zürich) Basel 2000. S. 83–84, 90, 93, Nr. 56, 59.

Vorlage

Kupferstich Lucas van Leydens (1494–1533): Joseph und Putiphars Weib, 1512.

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Romont_VMR_VMR_163_FR_300
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (Foto: Philippe Blanc)
Copyright
© Vitromusée Romont
Eigentümer*in

Vitromusée Romont

Inventar

Referenznummer
VMR_163_FR_300
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

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