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FR_9: Wappenscheibe Rudolf Reynold und Ursula von Praroman 1604
(FR_Freiburg_Perolles_FR_9)

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Title

Wappenscheibe Rudolf Reynold und Ursula von Praroman 1604

Type of Object
Artist / Producer
Haas, Claude · zugeschrieben
Dating
1604
Dimensions
86.5 x 56 cm (im Licht)

Iconography

Description

Vor einer Rundbogenarkade, die in ihrer Mitte von einer Säule gestützt wird, und vor schnurverziertem Grund stehen die beiden Stifterwappen mit einander zugeneigten Schilden. In den Zwickeln werden zwei weibliche Tugendallegorien von Putten bekränzt. Links sitzt der Glaube (Fides) auf der Rundung des Bogens und hält das Kreuz in der einen, den Hostienkelch in der anderen Hand. Rechts weist der Spiegel in der Linken der Weisheit (Prudentia) auf die Selbsterkenntnis hin. Um den linken Arm der jungen Frau windet sich eine Schlange als Symbol der Klugheit. Am Fuss der Scheibe begleiten Putten das Inschriftband. Sie halten Palmen und Spiegel in ihren Händen. Die Devise des Stifters zitiert die Stelle aus dem Galaterbrief 6.14: ”Ich jedoch will mich nicht rühmen, es sei denn im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus”.

Iconclass Code
11M31 · Faith, 'Fides'; 'Fede', 'Fede catholica', 'Fede christiana', 'Fede christiana catholica' (Ripa) ~ one of the Three Theological Virtues
11M41 · Prudence, 'Prudentia'; 'Prudenza' (Ripa) ~ one of the Four Cardinal Virtues
44A11 · device (as symbol of the state, etc.)
46A122(PRAROMAN) · armorial bearing, heraldry (PRAROMAN)
46A122(REYNOLD) · armorial bearing, heraldry (REYNOLD)
5(+11) · Abstract Ideas and Concepts (+ abstract concept represented by female figure)
92D1916 · cupids: 'amores', 'amoretti', 'putti'
Iconclass Keywords
Heraldry

Wappen Reynold: Geteilt, oben in Blau ein silbernes lateinisches Kreuz, beseitet von zwei sechsstrahligen silbernen Sternen, unten fünfmal gespalten von Silber und Schwarz; Helm: silbern mit goldenen Spangen, Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: schwarz und silbern; Helmzier: ein blauer Flug, belegt mit je einem Stern, das lateinische Kreuz des Schildbildes einschliessend.
Wappen Praroman: In Schwarz ein gebogenes silbernes Fischgerippe; Helmdecke: schwarz und silbern; Helm: blau mit grünen Spangen, Beschlägen und grüner Kette; Helmzier: über schwarz-silbernem Wulst ein silberner Brackenrumpf mit schwarzen Ohren.

Inscription

Stifterinschrift: H. Růdolff Reinauldt, vnd F. Vrsu= / la von Perroman sin Ehegmahel. 1604.
Darüber die Devise: Mihi Avtem Absit Gloriari / Nisi In Crvce Domini Nostri / Iesv Christi.

Signature

Keine

Technique / State

State of Conservation and Restorations

Erhaltung: Zahlreiche Sprünge, ein Notblei. Schwarzlotverluste. Leicht korrodiert. Mehrere kleinere Ergänzungen des 19. Jahrhunderts, v. a. in der Inschriftkartusche. Leicht retuschiert.
Restaurierung: 1932: Hans Drenckhahn, Thun; 1940: Hans Meyer, Zürich (neu verbleit, retuschiert); 1976/77: Konrad Vetter, Bern (Sprünge geklebt).

Technique

Farbloses, rotes, violettes, blaues und grünes Glas. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb in verschiedenen Farbstufen sowie blauen Schmelzfarben.

History

Research

Rudolf Reynold war ein Sohn Peter Reynolds (FR_8) und ein Enkel des Bartholomäus (FR_7). Er war Herr von Pérolles und Stammvater der Linie von Nonan. 1611 kam er als Vertreter des Spitalquartiers in den Grossen Rat und amtete im gleichen Jahr als Ohmgeltner. 1618–1623 setzte man ihn als Vogt von Rue ein. Reynold zog 1625 ins Burgquartier und wurde 1626 Mitglied des Rats der Sechzig, 1627–1630 Heimlicher und 1629 Venner. 1631 stieg er in den Kleinen Rat auf. Der verdiente Staatsmann starb am 26.3.1644. 1604 hatte er Ursula von Praroman (16.10.1584–13.9.1609), Tochter Kaspar von Praromans und Elisabeth Erharts, geheiratet. Nach ihrem Tod war er in zweiter Ehe mit Ursula Fegely, einer Tochter Jakob Fegelys, und in dritter mit Elisabeth Schneuwly, Witwe des Glasers Emo Ziegler, verehelicht (s. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 391 zu Emo ] und Ammans Genealogien). Zur Problematik der nach Vorlage dieser Scheibe falschen Namensergänzung des gleichen Stifterpaares s. [[VMR_140_FR_325](/objects/VMR_140_FR_325).
An die Familientradition der von Diesbach anknüpfend, stiftete die Familie Reynold, seit 1567 Schlossbesitzerin, Ende des 16. bzw. Anfang des 17. Jahrhunderts in die Pérolles-Kapelle eine Scheibenserie, die an Grösse und Monumentalität den alten Glasgemälden des Diesbach-Zyklus nicht nachsteht (FR_7, FR_8, FR_9). Die ursprüngliche Verglasung um 1520–1523 war offenbar schon so stark beschädigt, dass man anstrebte, den ursprünglichen Diesbach-Zyklus durch neue, in Format, Anspruch und Anordnung angepasste Scheiben zu ergänzen. Möglicherweise wurden auch die Glasgemälde des 16. Jahrhunderts zu jener Zeit restauriert, versetzt und neu zusammengefasst. Dass das Anwesen 1592 bei der Übernahme durch Bartholome Reynold vom bankrotten Junker Ulrich von Englisberg erneut in schlechtem Zustand war, lassen die Bedenken des Besitzers erkennen, es möchte "villicht zethür sÿn, diewÿl dz gůt abgangen sÿn möchte". Unter den neuen Glasgemälden ist die vorliegende Stiftung Bartholomäus Reynolds und Christina Lanthers 1593 datiert und mit dem Glasmalermonogramm CH versehen. Zwei weitere Wappenscheiben, jene Peter Reynolds und Maria Figenmartys (FR_8) sowie die Rudolf Reynolds und Ursula von Praromans (FR_9), tragen das Datum 1603 bzw. 1604 und bezeugen u. a. durch ihren breiteren Schriftcharakter einen gewissen Unterschied zur älteren Scheibe, der sie stilistisch und formal jedoch folgen. Da die beiden älteren Scheiben das Todesdatum der Stifter tragen, vermutete Stefan Trümpler, der damalige Herr von Pérolles, Rudolf Reynold, habe 1604 alle drei Scheiben gleichzeitig herstellen lassen, weil der Tod des Vaters im Vorjahr 1603 den Anlass der Familienstiftung gebildet hätte. Damit bleibt aber unklar, wie der unterschiedliche Schriftcharakter und die leichten Stilunterschiede zu deuten sind. Zudem befindet sich das Datum der ältesten Scheibe gemeinsam mit den Initialen des Glasmalers auf der Kartusche und nicht in der Inschrifttafel, was doch für das Datum ihrer Entstehung spricht. Denkbar ist, dass entweder 1593 und 1603/04 zwei verschiedene Glasmaler am Werk waren oder der gleiche Glasmaler die drei Scheiben in einem Zeitabstand von rund zehn Jahren schuf. Alle Scheiben wurden aufgrund des Monogramms CH einhellig dem Freiburger Glasmaler Christoph Heilmann zugewiesen (Manuskript Hans Lehmann, Schweizerische Glasmalerei 1540–1590, im Vitrocentre Romont; Boesch 1952. S. 116; Mandach 1932–1945. S. 44; Trümpler 1988–1992. S. 50). Eine Quelle des Jahres 1607 bringt neu den Namen des Glasmalers Claude Haas ins Spiel, der von Rudolf Reynold die restliche Bezahlung etlicher verfertigter Wappenscheiben verlangte (vgl. Bergmann 2014. S. 277).
Der die gleichen Initialen wie Heilmann tragende Glasmaler bietet sich damit ebenfalls als Hersteller der Reynold-Scheiben an. Dass er alle Scheiben geschaffen haben könnte, ist jedoch auszuschliessen, lässt sich doch der Stil der CH signierten Scheibe bis in die 80er- und 70er-Jahre des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen: ab 1580 ist Christoph Heilmann hier mit Sicherheit nachzuweisen, während Claude Haas erst ab 1592–1594 eine Werkstatt in Freiburg führte. Um die festgestellten Stilunterschiede zu erklären, stellen wir daher zu Diskussion, dass die
CH signierte Scheibe von Christoph Heilmann 1593 geschaffen wurde, die beiden anderen, und vielleicht weitere aber von Claude Haas, der sich dem älteren Meister formal und stilistisch anpassen musste. Eine Zusammenarbeit der beiden Glasmaler ist tatsächlich auch über das Ratsprotokoll des Jahres 1605 nachgewiesen (vgl. Bergmann 2014. S. 283). Die meisterhafte Schwarzlotzeichnung und Schmelzfarbentechnik zeugen zumindest davon, dass der bzw. die Hersteller der Scheiben zu den bedeutendsten Freiburger Glasmalern der Zeit gehörten.
Die vorliegende in der Inschriftkartusche monogrammierte Scheibe bildet zudem eines von zwei Schlüsselwerken für das Œuvre des Monogrammisten CH, der mit Christoph Heilmann gleichzusetzen ist.

Dating
1604
Place of Manufacture
Owner

Gottfried Keller-Stiftung

Inventory Number
GKS 762

Bibliography and Sources

Literature

Chefs-d’oeuvre de la peinture suisse sur verre, publiés par la Société d’Histoire et d’Antiquité de Winterthur. Avec un texte explicatif par A. Hafner. Berlin 1887. Pl. 29.

Mandach, Conrad von. Die St. Bartholomäus-Kapelle in Pérolles-Freiburg. In: Bericht der Gottfried-Keller-Stiftung 1932–1945. 2. Folge. S. 44–46.

Strub, Marcel. Les monuments d’art et d’histoire du canton de Fribourg. Tome III: La ville de Fribourg. (Les monuments d’art et d’histoire de la Suisse vol. 41) Bern 1959. S. 333, Nr. 3.

Trümpler, Stefan. Die Glasgemälde der Kapelle von Pérolles in Freiburg im Besitz der Gottfried Keller-Stiftung. Bestandesuntersuchung 1989 – Schweiz. Zentrum für Forschung und Information zur Glasmalerei, Romont. Romont 1989. S. 5–6.

Trümpler, Stefan. Die Glasgemälde der Kapelle von Pérolles in Freiburg zwischen 1517–1523. Neue Erkenntnisse. In: Bericht der Gottfried-Keller-Stiftung 1988–1992. S. 48–50, Abb. 10 (Christoph Heilmann).

Landolt, Hanspeter. Gottfried Keller-Stiftung. Sammeln für die Schweizer Museen / Fondation Gottfried Keller. Collectionner pour les Musées Suisses / Fondazione Gottfried Keller. Collezionare per i musei svizzeri 1890–1990.Bern 1990. S. 99, 109, 618 (Christoph Heilmann).

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 9.

Vgl.

Amman, Généalogies (Staatsarchiv Freiburg) fol. 29 (Reynold).

Amman, François-Nicolas. Extraits des Besatzungen 1448–1840 (Staatsarchiv Freiburg Rg 1). S. 20, 66, 157, 251, 304, 365, 420.

Weitzel, Alfred. Répertoire général des familles dont les membres ont occupé les fonctions baillivales. In: Archives de la Société d’Histoire du Canton de Fribourg 10, 1915. S. 498, 551.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) V, 1929. S. 600, Nr. 6.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) V, 1930. S. 461, Nr. 6.

Foerster, Hubert. Liste alphabétique et chronologique des avoyers, baillis, bannerets, bourgmestres, conseillers, membres des 60 et des 200, péagers de la Singine, secrétaires du Conseil et trésoriers 1399–1798. Fribourg 2008. (Staatsarchiv Freiburg Rg 3). S. 169.

References to Additional Images

SNM Zürich 6414 (1930); 34411 (1940)

Image Information

Name of Image
FR_Freiburg_Perolles_FR_9
Credits
© Vitrocentre Romont (Foto: Yves Eigenmann)
Date
2013
Copyright
© Gottfried Keller-Stiftung, Bundesamt für Kultur, Bern
Owner

Gottfried Keller-Stiftung

Inventory

Reference Number
FR_9
Author and Date of Entry
Uta Bergmann 2015

Linked Objects and Images

Linked Objects
Wappenscheibe Bartholomäus Reynold und Christina Lanther 1593
Wappenscheibe Peter Reynold und Maria Figenmarty 1603