Forschung
Rudolf Reynold war ein Sohn Peter Reynolds (FR_8) und ein Enkel des Bartholomäus (FR_7). Er war Herr von Pérolles und Stammvater der Linie von Nonan. 1611 kam er als Vertreter des Spitalquartiers in den Grossen Rat und amtete im gleichen Jahr als Ohmgeltner. 1618–1623 setzte man ihn als Vogt von Rue ein. Reynold zog 1625 ins Burgquartier und wurde 1626 Mitglied des Rats der Sechzig, 1627–1630 Heimlicher und 1629 Venner. 1631 stieg er in den Kleinen Rat auf. Der verdiente Staatsmann starb am 26.3.1644. 1604 hatte er Ursula von Praroman (16.10.1584–13.9.1609), Tochter Kaspar von Praromans und Elisabeth Erharts, geheiratet. Nach ihrem Tod war er in zweiter Ehe mit Ursula Fegely, einer Tochter Jakob Fegelys, und in dritter mit Elisabeth Schneuwly, Witwe des Glasers Emo Ziegler, verehelicht (s. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 391 [zu Emo ] und Ammans Genealogien). Zur Problematik der nach Vorlage dieser Scheibe falschen Namensergänzung des gleichen Stifterpaares s. VMR_140_FR_325.
An die Familientradition der von Diesbach anknüpfend, stiftete die Familie Reynold, seit 1567 Schlossbesitzerin, Ende des 16. bzw. Anfang des 17. Jahrhunderts in die Pérolles-Kapelle eine Scheibenserie, die an Grösse und Monumentalität den alten Glasgemälden des Diesbach-Zyklus nicht nachsteht (FR_7, FR_8, FR_9). Die ursprüngliche Verglasung um 1520–1523 war offenbar schon so stark beschädigt, dass man anstrebte, den ursprünglichen Diesbach-Zyklus durch neue, in Format, Anspruch und Anordnung angepasste Scheiben zu ergänzen. Möglicherweise wurden auch die Glasgemälde des 16. Jahrhunderts zu jener Zeit restauriert, versetzt und neu zusammengefasst. Dass das Anwesen 1592 bei der Übernahme durch Bartholome Reynold vom bankrotten Junker Ulrich von Englisberg erneut in schlechtem Zustand war, lassen die Bedenken des Besitzers erkennen, es möchte "villicht zethür sÿn, diewÿl dz gůt abgangen sÿn möchte". Unter den neuen Glasgemälden ist die vorliegende Stiftung Bartholomäus Reynolds und Christina Lanthers 1593 datiert und mit dem Glasmalermonogramm CH versehen. Zwei weitere Wappenscheiben, jene Peter Reynolds und Maria Figenmartys (FR_8) sowie die Rudolf Reynolds und Ursula von Praromans (FR_9), tragen das Datum 1603 bzw. 1604 und bezeugen u. a. durch ihren breiteren Schriftcharakter einen gewissen Unterschied zur älteren Scheibe, der sie stilistisch und formal jedoch folgen. Da die beiden älteren Scheiben das Todesdatum der Stifter tragen, vermutete Stefan Trümpler, der damalige Herr von Pérolles, Rudolf Reynold, habe 1604 alle drei Scheiben gleichzeitig herstellen lassen, weil der Tod des Vaters im Vorjahr 1603 den Anlass der Familienstiftung gebildet hätte. Damit bleibt aber unklar, wie der unterschiedliche Schriftcharakter und die leichten Stilunterschiede zu deuten sind. Zudem befindet sich das Datum der ältesten Scheibe gemeinsam mit den Initialen des Glasmalers auf der Kartusche und nicht in der Inschrifttafel, was doch für das Datum ihrer Entstehung spricht. Denkbar ist, dass entweder 1593 und 1603/04 zwei verschiedene Glasmaler am Werk waren oder der gleiche Glasmaler die drei Scheiben in einem Zeitabstand von rund zehn Jahren schuf. Alle Scheiben wurden aufgrund des Monogramms CH einhellig dem Freiburger Glasmaler Christoph Heilmann zugewiesen (Manuskript Hans Lehmann, Schweizerische Glasmalerei 1540–1590, im Vitrocentre Romont; Boesch 1952. S. 116; Mandach 1932–1945. S. 44; Trümpler 1988–1992. S. 50). Eine Quelle des Jahres 1607 bringt neu den Namen des Glasmalers Claude Haas ins Spiel, der von Rudolf Reynold die restliche Bezahlung etlicher verfertigter Wappenscheiben verlangte (vgl. Bergmann 2014. S. 277).
Der die gleichen Initialen wie Heilmann tragende Glasmaler bietet sich damit ebenfalls als Hersteller der Reynold-Scheiben an. Dass er alle Scheiben geschaffen haben könnte, ist jedoch auszuschliessen, lässt sich doch der Stil der CH signierten Scheibe bis in die 80er- und 70er-Jahre des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen: ab 1580 ist Christoph Heilmann hier mit Sicherheit nachzuweisen, während Claude Haas erst ab 1592–1594 eine Werkstatt in Freiburg führte. Um die festgestellten Stilunterschiede zu erklären, stellen wir daher zu Diskussion, dass die
CH signierte Scheibe von Christoph Heilmann 1593 geschaffen wurde, die beiden anderen, und vielleicht weitere aber von Claude Haas, der sich dem älteren Meister formal und stilistisch anpassen musste. Eine Zusammenarbeit der beiden Glasmaler ist tatsächlich auch über das Ratsprotokoll des Jahres 1605 nachgewiesen (vgl. Bergmann 2014. S. 283). Die meisterhafte Schwarzlotzeichnung und Schmelzfarbentechnik zeugen zumindest davon, dass der bzw. die Hersteller der Scheiben zu den bedeutendsten Freiburger Glasmalern der Zeit gehörten.
Die vorliegende in der Inschriftkartusche monogrammierte Scheibe bildet zudem eines von zwei Schlüsselwerken für das Œuvre des Monogrammisten CH, der mit Christoph Heilmann gleichzusetzen ist.
Datierung
1604
StifterIn
Reynold, Rudolf († 1644) · Praroman, Ursula von (1584–1609)
Herstellungsort
Eigentümer*in
Gottfried Keller-Stiftung
Inventarnummer
GKS 762