Research
Der edle Christoph von Praroman, Sohn des Johann und der Andrea Mutzo, war 1564–1568 Grossrat, 1568–1587 Sechziger und 1587–1591 Ratsherr. Er amtete 1564 als Ohmgeltner und 1569–1574 als Vogt in Estavayer. 1558 diente er in der Kompanie Petermann von Clérys in französischen Diensten. Christoph von Praroman trat am 19.5.1560 in die Zunft der Krämer ein. 1576 kaufte er das Schloss und die Herrschaft Rosière. Seit dem 26.11.1579 war er mit Elisabeth Reyff, Tochter des Wilhelm Reyff von Freiburg, verheiratet. Seine Frau vermachte ihm testamentarisch am 16.9.1585 ihre Güter, er selbst starb an Weihnachten 1591.
Die Scheibe stammt wie die drei Jahre jüngere Scheibe Peter von Praromans (FR_60) aus dem Schloss Givisiez, aus welchem sie 1902/03 vom damaligen Besitzer an das Museum für Kunst und Geschichte in Freiburg verkauft wurden. Es wurde bislang stets angenommen, dass sich die beiden Glasgemälde schon immer an Ort befunden hatten, weshalb sie früher als Hinweis dafür galten, dass das 1539 datierte und für Franz von Affry erbaute Schloss schon im 16. Jahrhundert der Familie Praroman gehörte (Repond 1908). Jene Theorie ist aber nicht zwingend. In jüngerer Zeit wurde vielmehr postuliert, dass beide Praroman-Scheiben an die befreundete Familie von Affry ins Schloss Affry gestiftet worden seien. Ludwig von Affry, der um 1575/80 das Schloss Givisiez umbauen liess, – dendrochronologische Untersuchungen haben ergeben, dass Decken- und Bodenbretter im "Saal Vogelsang" von 1578–1580 datieren – war der Schwiegervater Peter von Praromans. Er war zudem in zweiter Ehe mit Ursula von Praroman, einer Tochter Wilhelm von Praromans, verheiratet. Seine Schwester Elisabeth von Affry war mit Peter Wallier verehelicht (vgl. FR_51).
Da im Juli des Jahres 1577 die Stadt Estavayer-le-Lac ihrem ehemaligen Vogt Christoph von Praroman eine Scheibe mit dem Stadtwappen in sein neu erworbenes Haus, die sogenannte Rosière beim Dorf Grolley spendete, könnte man auch an eine Eigenstiftung Christophs in sein Haus denken (S. StAF Dafflon, fonds de famille, doc. (1623–1851), Lettre de C.A.L. Dafflon 3.12.1875. Vgl. Ratsprotokoll Estavayer Juli 1577; Grangier Annales, cahier 18, p. 89). Die Familie Praroman hätte in diesem Fall bei ihrem Einzug in ihren Herrensitz von Givisiez Wappenscheiben mitgenommen, wo sie dann bis ins frühe 20. Jahrhundert verblieben. Dies ist jedoch weniger wahrscheinlich als eine Stiftung an die verwandte Familie von Affry. Aus dem Besitz de Boccards in Givisiez soll auch die Wappenstiftung von Gaspard de Genève (1549–1619) aus dem Jahre 1584 stammen, die ins Musée d’art et d’histoire in Genf gelangte (Inv.-Nr. 011925. Ankauf 1899 über die “Société Auxiliare du Musée”. Eingang ins Museum 1903. Mayor 1898–1904. S. 169–174, pl. IV; ASA V, 1903/04. S. 296; Deonna 1929. S. 25; Deonna 1942. S. 368; Emotion(s) 2008. S. 31; Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 196). Als Repräsentant Savoyens während der Verhandlungen einer Allianz zwischen Bern, Zürich und Genf, der eine solche zu verhindern suchte, stand Gaspard de Genève den Freiburger Delegierten nahe, die dieser Allianz ebenfalls ablehnend begegneten. Möglicherweise kam auf diese Weise eine Scheibenstiftung nach Freiburg zustande (Emotion[s] 2008. S. 32).
Damit sind drei Scheiben gleicher Herkunft mit jeweils unterschiedlichen Daten zwischen 1577 und 1584 belegt, die jedoch aus stilistischen Gründen sicher alle aus der Hand des Glasmalers Christoph Heilmann stammen. Im gleichen Zusammenhang ist daher vielleicht auch die gleichformatige und stilistisch übereinstimmende Wappenscheibe Werly zu sehen (FR_58).
Die vorliegende Scheibe zeigt im Oberbild eine besondere Darstellung. Sie geht ursprünglich auf eine jüdische Geschichte zurück, die im Talmud um 400 nach Christus überliefert ist und im Mittelalter leicht abgewandelt durch die 1472 erstmals in gedruckter Form erschienenen Gesta Romanorum verbreitet wurde (Trillitzsch 1973. S. 90–91; Hesse 2008. S. 34–35). Im "Theatrum vitae humanae" des Humanisten Theodor Zwinger d. Ä. (1533–1588), Basel 1565, das allerlei Geschichten aus der antiken und mittelalterlichen Literatur vereinigte, wurde das Thema ebenfalls wieder aufgegriffen (zum Thema s. Stechow 1942; Boesch 1954/II). Der Erzählung nach stritten sich beim Tod eines reichen Königs die drei Söhne um die Herrschaft des Reiches. Ein benachbarter weiser König riet ihnen, auf den Leichnam des Vaters zu schiessen. Jenem, dessen Pfeil das Herz träfe, käme die Krone zu. Der dritte und jüngste Sohn aber weigerte sich, so gottlos und grausam zu handeln, warf Pfeil und Bogen von sich und wurde darauf zum wahren Herrscher gekrönt. Die Geschichte warnt also vor Blasphemie und Gottlosigkeit und mahnt zur Tugend, Liebe und Pietät den Eltern gegenüber. Oftmals wird sie dem gerechten Urteil Salomons gegenübergestellt und zeigt damit christlich-moralisierende Züge. Sie ist daher auch in der Schweizer Glasmalerei ein beliebtes Thema (Vgl. Bergmann 2004. Kat.-Nr. 151).
Dating
1577
Date of Receipt
1902/03
Original Donor
Praroman, Christoph von († 1591)
Donor / Vendor
Hubert de Boccard in Givisiez
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Previous Owner
1902/03: Ankauf von Hubert de Boccard in Givisiez.
Inventory Number
MAHF 3489