Research
1599 erhielt in der Regel der Freiburger Glasmaler Hans Ulrich Heinricher die Aufträge der Stadt. In diesem Jahr erstellte er zwei Standesscheiben als Geschenk an die Hauptmänner Werly und Meyer, sowie vier bögige Scheiben für Blasius Leimer, Hauptmann Meyer, Caspar von Praroman und das Zisterzienserinnenkloster Magerau. Leider ist bisher kein einziges gesichertes Glasgemälde aus der Hand Hans Ulrich Heinrichers bekannt.
Die Darstellung des Standespatrons und die Christusszenen in den Oberbildern sprechen eher dafür, dass die Scheibe in eine Kirche oder Kapelle und nicht in ein Privathaus gestiftet worden ist. Sie kann jedoch nicht mit der in die Magerau gestifteten Scheibe identisch sein, die als bögig, d. h. doppelt so gross wie die vorliegende, beschrieben wird. Eine Entstehung in Freiburg ist zudem nicht zwingend, denn das Glasgemälde gehörte zu einer Serie von Scheiben, die möglicherweise von den katholischen Orten allein an einen gemeinsamen Ort gestiftet worden waren. Von dieser Serie sind heute noch drei weitere Standesscheiben nachweisbar: eine Standesscheibe Solothurns, die 1894 über Zuger Privatbesitz ins Schweizerische Nationalmuseum gelangte (LM 640a/IN 734. JL 1894. S. 34; Schneider 1971. Bd. II. Nr. 425; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 69.1) sowie die Standesscheiben Luzerns und Uris, die sich heute beide im Brunnerhaus in Glarus befinden (unpubliziert. Für die freundliche Kopie des Inventars danke ich Fritz Rigendinger in Glarus. Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 69.2). Sie zeigen nach gleichem Schema vor nahezu identischer Architektur die Standespatrone neben dem Standeswappen: den hl. Ursus (Solothurn), den hl. Leodegar (Luzern) und den hl. Martin (Uri).
Dass sich die Solothurner Standesscheibe im späten 19. Jahrhundert in Zuger Privatbesitz befand, mag vielleicht für einen Zuger Stiftungsort sprechen. Für eine Freiburger Provenienz könnte dagegen der frühe Ankauf der Scheibe sprechen, die schon im Museumskatalog von 1882 verzeichnet ist. Leider ist die Herkunft der Scheiben im Brunnerhaus in Glarus nicht bekannt, so dass über die Provenienz keine Klarheit herrscht.
Stiftungen der katholischen Orte an ein Freiburger Gotteshaus um 1599 sind nicht belegt, wenn wir von den Standesscheiben ins Kollegium St. Michael absehen, die offenbar im Januar 1599 trotz der schon gesprochenen Gelder noch nicht am Platz waren (vgl. Bergmann 2014. S. 136). Doch auch sie müssen ein grösseres Format besessen haben, ist doch im Glaservertrag 1595 von bögigen Spatia, d. h. bogengrossen Freiplätzen für die Wappenscheiben die Rede (s. Bergmann 2014. Anhang). Hingegen bat 1599 der damalige Abt des Zisterzienserklosters Wettingen Petrus Schmid an der Tagsatzung von Baden um eine neue Standesscheibenserie für seine Klosterräumlichkeiten (EA V 1 [2]. S. 1471. Vgl. Bruckner-Herbstreit 1958. S. 75, Nr. 391 [Stiftung Schaffhausen]; Truttmann 1923. S. 59 [Stiftung Obwalden]; Styger 1885. S. 59 [Stiftung Schwyz 1600]). Noch im gleichen und folgenden Jahr sind die Stiftungen von Unterwalden, Obwalden und Schwyz dorthin belegt (Truttmann 1923. S. 59; Küchler 1884. S. 93; Styger 1885. S. 59). Freiburgs Quellen schweigen sich allerdings darüber aus. Auch Beckenried NW und Menzingen ZG ersuchten in der fraglichen Zeit die katholischen Orte um Scheibenschenkungen (EA V 1 [1], S. 467 [Conferenz der VII katholischen Orte 16.6.1598] Gesuch um Fenster in die Kapelle von Menzingen und Beckenried). Stilistisch könnten die Standesscheiben durchaus in der Werkstatt des Zuger Glasmalers Michael II. Müller (um 1570–1642) verankert werden. Mit seinem Werk verbinden sich die Standesscheiben von 1599 vor allem in der Architekturgestaltung, der Kartusche mit dem sehr ausgeprägten Engelskopf, den Girlanden im Hintergrund und im Schriftcharakter (vgl. Bergmann 2004. Kat.-Nr. 55, 64). Zuger Glasmaler waren mehrfach für das Kloster Wettingen tätig, so dass sich eine Herkunft der Standesscheiben von dort anbieten würde. Letztlich können wir aber auch eine Freiburger Provenienz der Standesscheiben und eine Autorschaft Hans Ulrich Heinrichers nicht ganz ausschliessen, da wir vom Werk des Freiburgers und seiner Ausbildung, die er aufgrund seiner familiären Beziehungen zu Luzern bei einem Innerschweizer Glasmaler genossen haben könnte, keinerlei Kenntnis haben.
Dating
1599
Date of Receipt
1881
Original Donor
Donor / Vendor
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Previous Owner
1881 erworben. Um 1887 zeitweise auf obrigkeitliche Anordnung in den Ratssaal des Staatsrates transferiert. 1903 in die neu gestaltete Ausstellung des Museums zurückgeführt.
Inventory Number
MAHF 3468